Atevi 3 - Erbe
und näherte sich ihnen, entspannt und harmlos wirkend, abgesehen von der schwarzen Uniform und dem Gewehr, das er mit sich führte. Er – es war unverkennbar ein Mann – hob die Hand zu einem Zeichen, worauf ihm einer von Ilisidis Männern reitend auf halbem Weg entgegenkam.
Zu seiner Erleichterung stellte Bren fest, daß der fremde Mann wohl ebenfalls zu Ilisidis Personal gehörte. Anscheinend war tatsächlich, wie Banichi hatte durchblicken lassen, ein Sonderkommando vorausgeeilt, um für Sicherheit zu sorgen.
Es gab einen kurzen Wortwechsel zwischen den beiden, und auf ein weiteres Zeichen hin rückten mehrere Reiter aus Ilisidis Troß vor.
Durch Nokhadas rechten Vorderlauf ging ein Zittern, das Bren deutlich spüren konnte; ansonsten rührte es sich nicht. Auch die anderen Mecheiti, die für gewöhnlich jede Pause zum grasen nutzten, richteten, die Nüstern gebläht und die Ohren nach vorn gedreht, all ihre Aufmerksamkeit auf den Eingangsbereich. Zwar trugen sie nicht ihre Kriegsrüstung, jene Metallspitzen, die die ohnehin gefährlichen Stoßzähne noch gefährlicher machten, doch schienen sie auch hier und jetzt zum Äußersten entschlossen zu sein.
Cenedi und Ilisidi führten ihre Tiere langsam über eine schmale Zufahrt und auf ein Rasenstück, das bis an die Fassade heranreichte. Geschlossen folgte der Rest.
Die Männer glitten zu Boden. Ilisidi ließ Babsidi in die Knie gehen, stieg aus dem Sattel und langte nach ihrem Krückstock.
Wenig später waren sie alle abgesessen. Banichi ging auf Cenedi zu, Jago gesellte sich zu Bren und rief Jason und Rejiri herbei.
»Schwierigkeiten sind nicht zu erwarten«, sagte Jago. »Folgen Sie mir bitte.«
Sie ließen die Mecheiti frei laufen, nachdem sie den Zügel an den Sattelring gebunden hatte. Bren dachte jetzt ganz anders über das, was ihm beim Reiten nur lästig gefallen war – die Pistole, die in der Innentasche seiner Jacke steckte. Er war bewaffnet und in der Lage, wenigstens zurückzuschießen. Jason und der Junge von Dur trugen keine Waffen bei sich. Nicht sicher war er, was Ilisidi anbetraf, die nun, von ihren Männern abgeschirmt, das Gebäude betrat.
Sie folgten – durch eine Vorhalle und in das Betriebszentrum der Anlage. An einer Wand hingen in zwei Reihen Fernsehmonitore, von denen fast alle eingeschaltet waren. Bren zählte insgesamt sechs Konsolenreihen; trotz der Anwesenheit bewaffneter Wachen waren manche Stellen besetzt und aktiv.
Ein Offizieller trat zu ihnen, verbeugte sich, erkundigte sich höflich nach ihrem Befinden und bot Getränke und Speisen an, die, wie er ausdrücklich versicherte, streng von der Gilde kontrolliert seien.
»Ich möchte mir zuerst die Anlage anschauen«, sagte Ilisidi und ging, mit Hilfe ihres Stocks und von Cenedi sowie einer Handvoll ihrer Männer begleitet, die langen Reihen der Steuerpulte und Konsolen entlang. Die an den Geräten beschäftigten Techniker konnten nicht ignorieren, was sich in ihrem Rücken zutrug, noch die Tatsache, daß ringsum Sicherheitskräfte mit durchgeladenen Schußwaffen Posten bezogen hatten. Nervöse Blicke folgten der Aiji-Mutter und den Bewegungen ihrer Leibwächter.
Es sei, so wurde der Aiji-Mutter erklärt, zur Zeit sehr ruhig, weshalb man die Lauschaktivitäten hier im Kontrollzentrum zurückgefahren habe; über den Flur seien die Büros und Aufenthaltsräume zu erreichen; die Wohnquartiere befänden sich auf der anderen Seite. Die seien bereits von ihren, Ilisidis, Männern inspiziert worden und stünden derzeit unter Bewachung.
»Ich versichere Ihnen, Aiji-ma«, sagte der Direktor. »Hier ist alles in bester Ordnung.«
»Und was ist mit den Nachrichten des Paidhi?«
»Wie bitte?« Der Direktor gab sich verwundert, und – boms! – schlug Ilisidis Stock auf den Rand einer Konsole. Mehrere Bedienstete sprangen von ihren Sitzen auf; eine junge Frau versuchte, unter ihrem Arbeitsplatz wegzutauchen, und tat dann so, als suchte sie etwas auf dem Boden.
Schreckhafte Leute, diese Informanten, dachte Bren; kein Wunder, wenn deren Gildenfunktionäre mit der gegnerischen Seite mauscheln, und die Aiji-Mutter, jene graue Eminenz des Staates, aufkreuzt, beschützt von Vertretern der Assassinengilde. Angeblich – das mußte den hiesigen Geheimdienstlern im voraus bekannt gewesen sein, machte sie Urlaub auf der alten Festung, über deren wahre Natur zumindest manche von hier Bescheid wußten.
In der gegenwärtigen Situation, da in Anbetracht der allgemeinen Nachrichtenlage
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