Atevi 3 - Erbe
eingeschlagen hat«, meinte Bren. »Aus Sicherheitsgründen oder der Zahlen wegen. An eine böswillige Absicht glaube ich weniger.«
»Der Aiji wird, was Sie betrifft, nichts dem Zufall überlassen, Nadi Bren«, antwortete Tano. »Davon bin ich überzeugt, Tano.« Vor dem Fenster war jetzt das Bergid-Massiv zu sehen, hohe Berge, noch immer schneebedeckt – die kontinentale Wasserscheide.
Es zeigten sich Wälder, ausgedehnte Jagdreviere, blaugrün und diesig von Pollen und Sporen, die der Frühling in die Luft entließ. So üppig wie die Flora vermehrte sich auch das Wild in den Wäldern.
Dann kamen die noch brachliegenden Felder, kleine Parzellen, die sich an den Rändern der ausufernden Metropole behaupten konnten, weil es die Stadtplaner so wollten. Und an Berghängen hielten sich trotzig die Gärten, überall Gärten, aber nirgends Viehwirtschaft. Das Fleisch zahmer Tiere zu verzehren, erachteten die Ragi als grausam und barbarisch.
Es folgten die Ziegeldächer, die in geometrisch und numerisch signifikanter Ordnung von den Hängen sprangen, kleine Dächer, große Dächer, Hotels und modernere Gebäude, die den Regierungssitz belagerten, das uralte Bu-javid, wo der Aiji residierte. Es war hellichter Tag. Neonlichter gab es nicht zu sehen.
Die Maschine schlug einen Bogen ein und schwebte über den Flachdächern der rund um den Flughafen angesiedelten Industrie auf die Landebahn ein.
Patinandi Aerospace war eines der hier vertretenen Unternehmen. In dem großen Gebäude, über das er nun hinwegflog, kannte er sich gut aus; darin war die Entwicklung untergebracht. Der Aiji ließ alle Provinzen an der Raumfahrtindustrie teilnehmen und hatte für eine flächendeckende Verteilung der einzelnen Produktionsbereiche gesorgt. Durch den Drang ins All waren in jüngster Zeit Veränderungen eingetreten, die sich nie mehr würden rückgängig machen lassen.
Schneller und schneller sauste der Asphalt unter den Tragflächen dahin.
Kreischend setzte das Fahrwerk auf.
Der Paidhi war so nahe zu Hause wie nur möglich: in Shejidan.
Und wie er die Räder rumpeln, die Triebwerke abbremsen hörte und die Realität festen Bodens unter sich spürte, atmete er tief durch, denn er wußte, hier an dem für ihn sichersten Ort der Welt zu sein und unter Leuten, die sich sein Wohlergehen angelegen sein ließen.
Was vielleicht eine Illusion war, aber darauf vertraute er.
4
Dankenswerterweise waren Ankunft und Transfer zur U-Bahnstation in der Flughafenhalle ohne extravagante Begrüßung durch Medien oder Regierungsvertreter. Der Paidhi des Aiji gelangte – diesmal tatsächlich zusammen mit seinem Gepäck – in den richtigen U-Bahnwagen, der sich alsbald in Bewegung setzte und die Fahrt zum Bu-javid antrat, das erhaben am Stadtrand auf seinem historischen Hügel thronte.
Er hatte sich gerade in behaglicher, plüschiger Pracht zurückgelehnt, als ihn über das Funkgerät der Sicherheit eine Nachricht von der Flughafenbehörde erreichte, die darum bat, den Piloten und Copiloten des Aiji befragen zu dürfen, und bekannt gab, den Piloten des vagabundierenden Propellerflugzeugs ausfindig gemacht zu haben. Es handelte sich um den Sohn des Lords von der Insel Dur, einen gewissen Rejiri aus der Sippe der Niliini von Dur-wajran, über die jetzt auf Tanos und Alginis Veranlassung hin eine Untersuchung durch Geheimagenten hereinbrechen würde, von der sich die Lords von Dur-wajran, Gott helfe ihnen, wohl noch keine Vorstellung machen konnten.
Angenommen, der Eigentümer der identifizierten Privatmaschine war vermögend. Angenommen, daß im Luftraum über der kleinen Insel kaum je Verkehr anzutreffen, daß die Maschine womöglich weit und breit die einzige war.
Aber es war nicht Aufgabe des Paidhi, sich darüber Gedanken zu machen, geschweige denn eigene Nachforschungen anzustellen. Dem Sohn des Lords mußte jemand anders die Regeln der Luftfahrt beibringen. Bren streckte sich im weichen Sessel von Tabinis U-Bahnwaggon aus, ließ sich ein Glas Fruchtsaft bringen und war zuversichtlich, daß diesmal davon nichts verschüttet werden würde. Zeitlich bestens abgepaßt, nahm er den letzten Schluck, als das Ziel erreicht war.
Er ließ einen der jüngeren Sicherheitsleute den Computer nehmen, stand auf und verließ den Waggon. Andere, noch jüngere Bedienstete trugen das Gepäck, während sich Surieji, der Büroangestellte, um die umfangreiche Notizensammlung kümmerte. Tano und Algini führten den Paidhi und sein Gefolge durch die
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