Atevi 3 - Erbe
begleiten kannst. Jason, es wird schon werden.«
»Wie hältst du es aus?«
Tief Luftholen. Ein Schluck Likör. »Mit Hartnäckigkeit. Früher hatte ich noch einige Wahlmöglichkeiten. Jetzt nicht mehr. Man tut, was man tun muß.«
»Du könntest kündigen. Nach Mospheira zurückgehen.«
»Dann würde Deana Hanks meine Nachfolgerin.«
»Wäre das so schlimm? Irgendwann ist doch für jeden Schluß, und die Dinge werden sich so oder so weiterentwickeln. Also was soll’s?«
»Das darf mir aber nicht egal sein.«
Das Gespräch schlug ihm aufs Gemüt. Er hatte keine Lust, über sich und seine Situation zu reden. Das führte zu nichts.
»Deine Familie wird belästigt«, sagte Jason.
»Woher weißt du?«
Jason blickte nervös drein. »Ich bin schließlich nicht taub. Und wie du schon sagtest, ich schnappe das eine oder andere vom Personal auf.«
»Die Situation meiner Familie hat nichts mit der allgemeinen Lage zu tun. Beides muß klar unterschieden werden, Jason. Theoretisch…«, Von seiten der Regierung war versprochen worden, die Straftäter dingfest zu machen. Doch sie blieben unentdeckt. Die Polizei konnte sie nicht fassen. Bren fragte sich, wie lange sich die internationale Politik noch als Geisel zur Abwehr der Drohungen gegen seine Familie halten ließ und wann Tabini endlich einschreiten würde.
Genau darauf warteten die Schurken. Das wollten sie provozieren. Damit wären sie am Drücker; dann würden sie der Regierung drohen und sich noch dreister aufspielen können. Bren versuchte, seine Nerven zu beruhigen und nahm sich vor, auf ungute Nachrichten gar nicht erst zu reagieren.
»Theoretisch…« hakte Jason nach. Möglich, daß er dieses Wort gar nicht kannte.
Um seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel zu setzten, hatte Bren auf konkrete Anschuldigungen und die Nennung von Namen verzichten wollen. Außerdem hatte er seine häusliche Umgebung nicht mit persönlichen Problemen belasten wollen. Das Personal hätte sich Sorgen gemacht. Aber vielleicht war Jason in der Lage zu verstehen, welche Anspannungen auf ihn lasteten. Vielleicht war er reif genug, um sich vor falschen Schlußfolgerungen in acht zu nehmen, und vielleicht war es überhaupt an der Zeit, die Wahrheit, zumindest teilweise, auf den Tisch zu legen, zumal ohnehin davon auszugehen war, daß Jason an Türen lauschte.
»Nein, es ist nicht nur Theorie, sondern traurige Tatsache, daß diese Mistkerle meine Mutter um drei Uhr morgens anrufen. Sie hat deswegen Probleme mit dem Herzen. Soweit man weiß, stecken irgendwelche Chaoten dahinter. Isolationisten. Raumfahrtgegner. Raumfahrtbefürworter. Die ganze Bagage. Der radikale Flügel, der es auf Krieg anlegt. Oder darauf, daß die Bauarbeiten an der Nordküste eingestellt werden. Ich bin sicher, daß Mrs. Mercheson schon mit ihnen zu Mittag gegessen hat. Wozu ich aber nichts weiter sage, weil ich nicht will, daß es so aussieht, als würde ich ihr kein unabhängiges Urteil zutrauen. Man wird ihr gegenüber sehr höflich sein und sie vor den Atevi warnen.« Bren bemerkte, daß er sich schon viel zu weit hatte hinreißen lassen, in Bereiche, die er in Gesprächen mit Jason vielleicht lieber ausklammern sollte. Aber wenn er nicht einen Anfang fände, über den Jason in den Zirkel der Informierten einzubeziehen wäre, würde der die selbstgewählte Abgrenzung der Atevi nie verstehen.
Weg mit den Bedenken, sagte er sich. Es war an der Zeit, ernsthaft zu reden, und zwar über die Tricksereien, mit denen Mospheiras Regierung Yolanda Mercheson um den Finger zu wickeln versuchte; und er würde sich dabei in acht nehmen müssen, nicht, daß Jason ihn am Ende für unaufrichtig hielte. Der Schuß konnte aber auch leicht nach hinten losgehen, dann nämlich, wenn Jason von Yolanda nur Lobendes über die andere Seite gehört hatte. Deshalb war Bren nicht traurig darum, daß Jason nun mit den unschöneren Wahrheiten Mospheiras bekannt gemacht worden war.
»Es gibt etliche Menschen«, sagte er, wieder auf ragi und betont ruhig, »die nicht mit den Atevi in den Weltraum wollen, und manche von denen sind schlichtweg verrückt. Andere wiederum sind ehrliche, gesetzestreue Bürger.«
»Wir hätten hier wieder eine unglückliche Zweiteilung; das heißt, da wäre eine dritte Gruppe anzunehmen, die in der Mitte steht.«
Bravo. Bren freute sich. Wenn Jason schon so weit war, konnte man wirklich vernünftig mit ihm reden, und das wollte Bren nun tun. »So ist es, Nadi. Ihre Fortschritte sind enorm. Es fehlt nicht
Weitere Kostenlose Bücher