Atevi 3 - Erbe
Gründen, und sei es nur aus der verständlichen Neugier im Hinblick auf menschliches Verhalten.
Die nächsten beiden Fragen, gestellt von den Vertretern zweier großer Fernsehanstalten, waren sachlich und ohne abträglichen Hintersinn. Was die maßgeblichen Ingenieure zum bisherigen Projektverlauf sagten und ob die relevanten Übersetzungen korrekt seien?
»Wir sind dabei, ein Verfahren zu entwickeln, das die Übersetzung von Diagrammen vereinfacht, dazu gehören Tabellen zum Umrechnen von Maßeinheiten, die einen direkten Zahlenvergleich möglich machen.« Bei diesen Worten hörten alle doppelt aufmerksam hin. »Atevische Ingenieure werden mit dieser Hilfe im Stande sein, das von Menschen stammende Zahlenmaterial zu lesen, selbständig in die eigene Systematik zu übersetzen und Kontrollberechnungen vorzunehmen.«
Worüber ein Mensch nur mit den Achseln zucken würde, war für die atevische Zuhörerschaft eine Sensation von weitreichender religiöser und philosophischer Bedeutung. Wenn das Universum rational und zahlenlogisch strukturiert war, waren Zahlen unmittelbarer Ausdruck seiner mathematischen Zuverlässigkeit. Zahlen machten Prognosen möglich, gewährten umfassende Sicherheiten und gaben Richtwerte ab. Kein Projekt würde gelingen, wenn es keine guten Zahlen hätte. Das Schiff, von dem die Pläne stammten, hatte sich als Raumtransportmittel bewährt; darum waren die Zahlen der Menschen gut oder richtiger: glücksversprechende Zahlen, und die Nachricht, daß atevische Ingenieure das von Menschen zusammengetragene Zahlenmaterial lesen und verstehen konnten, würde, über die Medien verbreitet, zumindest kurzfristig ebensoviel Aufmerksamkeit erregen wie das Attentat auf der Halbinsel oder der Todesfall auf dem Raumschiff. Deshalb war Bren schon jetzt damit herausgerückt und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, zu einem späteren Zeitpunkt.
Nachdem er auf vier bis fünf weitere Fragen – im Rahmen seiner mathematischen Fähigkeiten – geantwortet hatte, verabschiedete er sich von den Journalisten mit dem Hinweis darauf, daß wichtige Aufgaben warteten. Und er machte sich auf den Weg in die Wohnung, um an den Übersetzungen weiterzuarbeiten. Damit ausgestattet, sollten die Unterhändler des Aiji in diversen Ausschüssen Vorarbeit für den Paidhi leisten, der anschließend einer Parlamentskommission Rede und Antwort würde stehen müssen, ehe es schließlich zur eigentlichen Aussprache im Parlament käme.
Doch es wartete eine noch viel dringlichere Sache auf Erledigung.
»Wir haben ein Problem«, sagte er zu Banichi, als sie auf den Fahrstuhl zugingen und nicht mehr gehört werden konnten von den Neugierigen, die von Sicherheitskräften zurückgehalten wurden. »Ich würde gern wissen, durch wen Jasons Privatangelegenheiten bekannt gemacht worden sind. Entweder gibt es bei uns eine undichte Stelle oder auf Mospheira ist man mit dieser Nachricht an die Öffentlichkeit getreten und irgend jemand hier auf dem Festland beherrscht das Mosphei’sche gut genug, um mitzuhören.«
»Alle, die dazu imstande sind, müßten uns namentlich bekannt sein«, flüsterte Banichi, was Bren bislang nur geahnt hatte. »Da wäre zum Beispiel nand’ Deana«, fügte Banichi hinzu. Nach außen hin gab man sich ehrerbietig und zollte einem Namen den gebührenden Respekt, auch wenn man die bezeichnete Person zum Teufel wünschte. »Und ich kann Ihnen bestätigen, Bren-ji, daß es zu illegalem Funkverkehr gekommen ist.«
Sie hatten den Fahrstuhl erreicht. Er warf Banichi einen aufgeschreckten Blick zu.
»Was gibt’s sonst noch, wovon ich nichts weiß?«
»Oh, einiges«, antwortete Banichi. Die Tür ging auf. »Zum Beispiel die Namen meiner Cousins zweiten Grades…«
»Banichi, machen Sie keine Witze!«
Banichi grinste, betrat den Fahrstuhl und kündigte den Kollegen weiter oben sein Kommen an.
»Der Paidhi ist nach wie vor am Leben«, sagte Banichi, »und wir sehen zu, daß es so bleibt. Aber um die Details kümmert sich ausschließlich sein Sicherheitsteam.«
»Nicht, wenn es um Hanks geht.«
»Aha. Menschen befehden sich also auch noch.«
»Diese Frau läßt einem nichts anderes übrig.« Bald war der obere Flur erreicht, der mit den Porzellanbouquets. »Leider hat die Gilde keine Agenten auf Mospheira. Banichi-ji, ich muß in dieser Sache Genaueres wissen.«
»Zugegeben, es hat zwischen Mospheira und unserer Küste einen Informationsaustausch auf ragi gegeben, und ihre Stimme ist eindeutig identifiziert
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