Atevi 3 - Erbe
worden.«
»Nand’ Deana.« Deana, die sich mit allzu vielen falschen Leuten eingelassen hatte und schließlich aus Shejidan entführt worden war – durch jemanden, den sowohl Ilisidi als auch Lord Geigi kannten, aber bis heute nicht benennen wollten. Möglich, daß auch Brens Sicherheitskräfte Bescheid wußten; jedenfalls hatte er sie noch nicht eingehend dazu befragt. Über das, was großen Häusern peinlich sein mußte, wurde nicht geredet.
Vielleicht, so vermutete er, wollten sie ihn mit diesem auch für ihn so unangenehmen Thema nicht behelligen, weil ihnen nicht klar sein konnte, wie er darauf reagieren würde und ob ihm als Mensch möglich wäre, den mitverantwortlichen Atevi zu verzeihen.
»Wo hat meine Kollegin gewohnt, als sie nicht im Bu-javid war?« fragte er Banichi. »Dürfen wir das jetzt offiziell nachfragen und als Aktennotiz vermerken?«
»Bei Lady Direiso.«
Besonders überraschend war diese Auskunft nicht. »Und Geigi ist einfach da hereinmarschiert?«
»Nicht ohne ein bißchen mit den Waffen zu rasseln. Direiso-Daja glaubte, daß ihr die Aneignung von Hanks-Paidhi Verteidigung genug sei.«
»Dann hat sie sie gekidnappt.«
»Wenn man so will. Auf großen Widerstand ist sie dabei allerdings nicht gestoßen.«
»Kann ich mir denken. Ist eigentlich Blut geflossen, als man Deana zurückgeholt hat?« Opferzahlen galten als Maßstab für die Schwere von Auseinandersetzungen. »Hat sich Direiso zu widersetzen versucht?«
»Es gab jedenfalls kein Blutvergießen«, antwortete Banichi. »Für Lady Direiso war schnell klar, daß sie keine andere Wahl hatte, als sich der Aiji-Mutter in Würde geschlagen zu geben und ansonsten darauf zu hoffen, daß Tabini bald ein toter Mann sein würde. Und Sie, der Paidhi, ebenso, der dann durch Deana Hanks ersetzt werden könnte. Außerdem hatte sie wahrscheinlich vor, den Schiffs-Paidhi in ihre Gewalt zu bringen, wodurch ihr viel Macht in die Hände fallen würde. Kurz und gut, sie hat am besagten Tag auf jegliche Gegenwehr verzichtet.«
Das war zur Abwechslung einmal ein gerüttelt Maß an Informationen. Direiso hatte den Kopf eingezogen, als Ilisidi, die sie womöglich zugleich als Rivalin und Verbündete ansah, mit Waffengewalt auftauchte und Hanks’ Auslieferung verlangte. Direiso war vielleicht noch guter Hoffnung gewesen, die Landekapsel vor allen anderen zu erreichen, um Jason und Mercheson an sich zu reißen.
Doch den Wettlauf hatte sie verloren. So auch Ilisidis Unterstützung (die sie wahrscheinlich eher erdolcht hätte als ihr ins Amt des Aiji zu helfen). Und nun war es möglich, daß sich Direiso an die Atigeini heranmachte, nachdem sie im letzten Jahr noch einen Anschlag auf deren Residenz verübt und den Stolz der Familie, die Lilien, zerstört hatte, aus Versehen oder mit Absicht.
»Waren zu dem Zeitpunkt nicht Direisos Sohn und Tatiseigi zusammen?« fragte Bren, der sich erinnerte, solches gehört zu haben.
»So ist es, Bren-ji.«
»Das übersteigt mein menschliches Vorstellungsvermögen. Warum, um alles in der Welt?«
»Wenn ich das genau wüßte, Bren-ji, wäre Damiri wohl schon heute das Oberhaupt der Atigeini.«
Bedenklich. Banichi verdächtigte Tatiseigi, an Direisos Verschwörung, wenn auch nur am Rande, beteiligt zu sein, zumal sich ihr Sohn wohl nicht ohne ihre Billigung bei ihm aufhalten würde. »Vermuten Sie, daß am Tag der Landung Jasons Direiso und Tatiseigi die Attacke gegen uns geritten haben?«
»Wir ziehen alle Möglichkeiten in Betracht.« Sie hatten den Eingang erreicht. »Handeln aber nur nach bestem Wissen.«
»Und sie intrigiert immer noch gegen den Aiji. Darum die Geschichte auf der Halbinsel.«
»Ja.«
»Und das Timing?«
»Auch darüber können wir bisher nur Vermutungen anstellen, Bren-ji.«
Bren sprach mit jener Instanz, die in dieser Angelegenheit am besten informiert war und die aller Wahrscheinlichkeit nach den Anschlag auf Direisos Verbündeten Saigimi ausgeführt hatte.
Und das, während er, Bren, bei Lord Geigi zu Gast weilte, der zuerst auf Direisos Seite gestanden hatte und nun zu Tabini hielt.
Um da noch durchblicken zu können, brauchte man schon ein Flußdiagramm. Im Ernst.
Aber vielleicht dachten Atevi mit Blick auf die Menschen ähnlich.
Es gab Dinge, über die man sich noch nicht offen und ehrlich ausgetauscht hatte. Zum Beispiel heimliche Lauschangriffe. Und Störsender. Hüben wie drüben. Telefonverbindungen brachen aus irgendwelchen Gründen plötzlich zusammen. Banichi hatte es
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