Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
großen Augen an, bis ihm auffiel, daß es unhöflich war. Aber Vlad lächelte nur zurück und sagte dann: »Komm. Ich weiß nicht, wo du wohnst, also werden wir den Rest des Weges zu Fuß gehen müssen.«
    Savn ging perplex die verlassene Straße entlang. Er fragte: »Wie teleportiert man sich denn? Ich habe schon davon gehört, daß –«
    »So schwer ist es nicht; man muß bloß sicher sein, daß man absolut genau weiß, wohin man möchte. Das knifflige ist, daß einem hinterher nicht übel wird, und dafür gibt es dann die Hexenkunst.«
    »Aber woher weiß man, wo man landet?«
    »Man muß sehr genau an den Ort denken – vollkommen genau. Die Erinnerung ist es, die die Reise ermöglicht.«
    »Was, wenn man sich nicht so gut erinnert?«
    »Dann steckt man in Schwierigkeiten.«
    »Aber –«
    »Manchmal kann man einen Ort für einen Teleport vorbereiten. Es grenzt dich zwar ein, aber wenn du in Eile bist, ist es hilfreich.«
    »Kannst du mir das alles beibringen?«
    »Vielleicht. Wir werden sehen. Wo ist dein Haus?«
    »Auf der anderen Seite des Hügels, aber wir sollten außen herum gehen, denn hier ist der Flachs noch nicht abgeerntet.«
    »Also gut.«
    Vlad konnte den Weg zum Haus anscheinend ohne Probleme finden, obwohl Savn nicht wußte, ob es daran lag, daß Ostländer nachts besser sehen konnten, oder an seinen magischen Kräften oder an etwas völlig anderem, und er fand keine angemessene Art zu fragen, also schwieg er schließlich, und sie unterhielten sich nicht mehr, bis sie vor dem Einzimmerhaus standen, dessen einzige Tür an Schlaufen hing und dessen Fenster mit Ölpapier verschlossen waren. Ein fahles gelbes Licht schien von den Lampen und dem Ofen nach draußen.
    »Sieht nett aus«, fand Vlad.
    »Danke«, erwiderte Savn, der gedacht hatte, wie klein und einfach es jemandem vorkommen mußte, der in Adrilankha gewohnt hat.
    Sie waren offensichtlich gesehen worden, denn kurz bevor sie die Tür erreichten, flog sie so heftig auf, daß Savn glaubte, die Lederriemen würden abreißen, und da waren die Umrisse von Mä und Pä vor dem sachten Glimmen des Ofens. Fast reglos standen sie da, und obwohl Savn ihre Gesichter nicht erkennen konnte, hatte er keine Schwierigkeiten, sich Mäs großäugigen Zorn und Päs verärgerte Verwirrung vorzustellen.
    Als sie vortraten, fragte Mä: »Wer ist das?«, was Savn einen Augenblick erstaunte, bis ihm klarwurde, mit wem sie sprach.
    »Vlad. Ihr habt mich vorhin gesehen, bei Tem.«
    » Du. Was hast du mit meinem Sohn gemacht?«
    »Ihm etwas beigebracht«, sagte Vlad.
    »Etwas beigebracht?« wiederholte Pä. »Und was, meinst du, müßtest du meinem Jungen beibringen?«
    Vlad antwortete mit einer weichen, sanften Stimme, ganz anders als jene, mit der Savn ihn zuvor hatte reden hören. »Ich habe ihm beigebracht, wie er die Stimmen der Steine vernimmt«, sagte er, »und wie er wahrsagen kann aus der Wolkenbewegung. Wie er den Wind in der Hand fängt und wie er Samenkörner aus Wüstendünen zieht. Wie er Luft gefriert und Wasser brennt. Wie er lebt und atmet und geht und die Freude an jedem Weg empfindet und die Trauer an jeder Gabelung. Es tut mir leid, wenn ich ihn zu spät zurückbringe. In Zukunft werde ich besser aufpassen. Ich werde euch gewiß wiedersehen. Einen guten Abend euch allen.«
    Mä und Pä standen im Gegenlicht und sahen zu, wie der Rücken des Ostländers mit der Nacht eins wurde. Dann sagte Pä: »In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht solche –«
    »Schweig jetzt«, sagte Mä. »Komm, wir bringen ihn ins Bett.«
    Savn war sich nicht sicher, was Vlad getan hatte, aber sie verloren kein Wort über die späte Stunde oder über das, was er getan hatte. Er ging in seine Ecke unter dem Dach, breitete die Pelze aus und krabbelte ohne weitere Fragen darunter.
    In jener Nacht träumte er von einer Grotte, was er beim Aufwachen nicht überraschend fand. Im Traum war die Grotte mit Dampf angefüllt, der, wenn er sich recht erinnerte, immerzu die Farbe änderte, und ein Jhereg flog ständig aus ihm heraus und sagte mit Vlads Stimme: »Warte hier«, und: »Du wirst dich ausgeruht, wachsam und stark fühlen«, und andere Sachen, die er aber nicht mehr wußte.
    Allerdings mußte dieser Traum gewisse Auswirkungen gehabt haben, denn als er dann tatsächlich aufwachte, fühlte er sich erfrischt und bereit. Bei den Vorbereitungen für den Tag fiel ihm zu seinem Ärger ein, daß er mehrere Stunden bei der Ernte helfen und dann noch mehr bei Meister Wack verbringen

Weitere Kostenlose Bücher