Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
mußte, bevor er die Gelegenheit bekäme, Vlad erneut aufzusuchen und, wie er hoffte, dort weiterzumachen, wo sie sich getrennt hatten.
    Er vergaß seinen Ärger jedoch nach der morgendlichen Ernte, als er bei seinem Meister ankam, denn der Meister hatte eine seiner empfindlichen Launen, und Savn mußte sich konzentrieren, damit er ihm keinen Anlaß für eine Standpauke bot. Den größten Teil des Tages verbrachte er damit, eine oft gehörte Litanei zu hören mit der Kernaussage, daß niemand grundlos stirbt, Zaum folglich auch nicht. Offenbar war es Meister Wack nicht gelungen, diesen Grund aufzudecken, deshalb war er wütend auf sich, Savn, Zaum und die ganze Welt. Einzig, als er Currys linken Arm mit dem Dorn der Pustelpflanze kratzte, um dessen Fieber zu heilen, wirkte er umgänglich, doch selbst da wußte Savn, daß die schlechte Laune vorhielt, denn er tat es einfach, ohne Savn die Erklärungen zu geben, die für gewöhnlich eine Behandlung begleiteten.
    Nach dem fünften Wortschwall über grundlosen Tod traute Savn sich die Frage: »Könnte es sich um Zauberei handeln?«
    »Selbstverständlich könnte es sich um Zauberei handeln, Idiot. Aber Zauberei tut etwas, und was immer das wäre, würde Spuren hinterlassen.«
    »Oh. Was ist mit der Hexenkunst?«
    »Hä?«
    »Könnte ein Hexer –«
    »Was weißt du über die Hexenkunst?«
    »Nichts«, antwortete Savn ehrlich. »Deshalb weiß ich auch nicht, ob –«
    »Sollte ein Hexer irgend etwas können, das über die Täuschung der Einfältigen hinausgeht, was ich bezweifle, so würde auch dies Spuren hinterlassen.«
    »Oh.«
    Meister Wack wollte noch mehr sagen, brummte dann aber nur und zog sich in den Keller zurück, in dem er seine Kräuter, Schienen, Messer und anderen Vorräte lagerte und wo er vermutlich auch Proben von Zaums Haut, Knochen und Haaren aufbewahrte, an denen er herauszufinden versuchte, was geschehen war. Bei dem Gedanken wurde Savn mulmig.
    Er suchte nach einer Beschäftigung, um sich abzulenken, aber er hatte bereits alles um sich herum saubergemacht und die Geschichte des Mannes, der Feuer fraß, so gut auswendig gelernt, daß der Meister nichts tun konnte, außer nach Savns Aufsagen zu grunzen.
    Er setzte sich ans Fenster, fand es dort zu kalt, sah, daß er noch wenigstens eine Stunde hätte, bevor er nach Hause durfte, und legte noch etwas Holz aufs Feuer. Es prasselte wohlig. Dann spazierte er im Zimmer umher und schaute sich die Buchsammlung des Meisters an, darunter Über die Anzahl der Körperteile, Das Knochenflicken, Die Zauberkunst und die Selbstheilung, Die überlieferten Sagen von Calduh und andere, die der Meister von Zeit zu Zeit zu Rate gezogen hatte, wenn er Patienten behandelte oder Savn etwas beibrachte. Ein Buch, in dem er den Meister nie hatte lesen sehen, war Das Buch der Sieben Zauberer, ein dickes, ledergebundenes Werk mit dem Titel in Gold auf dem Rücken. Er nahm es sich, ging ans Feuer und schlug es irgendwo auf.
    Die Schrift war sauber und gleichmäßig, als habe der Schreiber, wahrscheinlich ein Lyorn, versucht, jedes Anzeichen seiner Persönlichkeit zu entfernen. Die Seiten waren wesentlich dicker als in anderen Büchern und in gutem Zustand. Savn überlegte, daß Meister Wack bestimmt über einen Zauber verfügte, mit dem er Bücher erhalten konnte, folglich konnte dieses hier jedes Alter haben. Oben auf der Seite las er: »Über das Wesen der Geheimnisse«.
    Er fragte sich, ob es ein Zeichen war, daß das Buch an dieser Stelle aufklappte – ob es hier nicht gar ein Geheimnis zu enthüllen galt. Wahrscheinlich nicht, sagte er sich.
    Im Buch stand:
     
    Hüte dich vor der Kraft in verborgenen Orten, und hüte dich vor dem Offensichtlichen, denn Geheimnisse können völlig offen liegen und dennoch verdeckt sein. Jeder der Sieben Zauberer kennt Geheimnisse, und jeder von ihnen spricht auf seine eigene Weise zu ihnen, ruft sie an und entdeckt sie jenen, die eifrig und ehrlich suchen.
     
    Eifrig und ehrlich ? dachte er. Na, das konnte man doch von allem behaupten. Was war denn mit gründlich? Er schaute wieder ins Buch und las:
     
    Die Kleinwüchsige findet die Geheimnisse der Gegenwart in der Vergangenheit; daß, wenn die Vergangenheit bekannt ist, es in der Macht der Gelehrten liegt, Wahrheit im Mysterium zu finden; daß solcherart letzteres in erstere verwandelt sei.
     
    Savn schien es, als wisse er nur sehr wenig von der Vergangenheit und daß dort bestimmt viele Geheimnisse verborgen lagen, die er entdecken

Weitere Kostenlose Bücher