Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher
schützen. Atlan warf sich herum und rannte in den Innenraum der Bar.
Der Gleiter rückte an das zerstörte Schaufenster heran, als wollte der Pilot ins Gebäude eindringen. Der Laden war zu klein. Das Fahrzeug landete auf einem Prallfeldkissen. Die Tür öffnete sich.
Niemand stieg aus. Im mittlerweile verlassenen Schauraum wirbelten Glasscherben auf.
Deflektorschilder , dachte ich, die Verfolger möchten gerne unerkannt bleiben. Hast du ernannt, wie viele heute da unsichtbar unterwegs sind? , fragte ich meinen Logiksektor.
Mindestens zwei, vielleicht drei , antwortete er.
Das Holobild teilte sich. Einige Drohnen waren meinem fliehenden Doppelgänger gefolgt, andere hielten sich dort auf, wo die Verfolger im Schutz ihres Deflektorschildes operierten. Aber in diesem Teil war nicht viel zu sehen außer gelegentlich wirbelnden Scherben, und so huschten auch diese Drohnen in Richtung des Flüchtlings, der wieder den ganzen Bildschirm füllte.
Nun wurde ein Standbild eingeblendet, das das Gesicht meines Doppelgängers in Grossaufnahmen zeigte. Es wirkte nass, von einem Schweißfilm überzogen, geradezu wässrig .
Eine Stimme aus dem Off sagte: »Wir denken, Sie haben mittlerweile erkannt, wer da vor unbekannten Häschern flieht und um sein Leben rennt: Es ist – wie versprochen – der allseits beliebte, von seinem Volk zu den Terranern übergelaufene Lordadmiral Atlan. Nach einer kurzen Werbepause werden Sie das Ende der Jagd erleben – und wir versprechen nicht zuviel, wenn wir sagen, dass Sie ein spektakuläres Ende erwartet. Bleiben Sie dran. LepsoLive – denn das Leben ist nicht zu überbieten!«
»Tja«, sagte Decaree. »Du hältst dich tapfer.«
Ein Spot pries Gelontifad an, »das wahrscheinlich wirksamste Abführmittel der Galaxis«, erfunden von einem der führenden Ara-Pharmakologen. Danach wurde Ansotrac beworben, ein Stimulans für parabegabte Mutanten. Ich vermutete, dass die Nachfrage eher gering ausfiel. Schließlich sah man eine Gruppe wunderschöner, junger Humanoider, die einander nackt und fröhlich lachend in den Armen lagen: »Inkrosin endlich wieder auf dem Markt! – Für alle, denen hundert Prozent Lebenslust nicht genug ist!« Wenn ich mich recht erinnerte, stammte diese Droge ursprünglich von der Venus; Inkrosin euphorisierte und vermittelte ihrem Anwender das Gefühl, großartig, phantastisch, unbesiegbar, der Erbe des Universums zu sein. Nach nicht einmal einem Jahr Inkrosinkonsum setzte geistige Zerrüttung ein. Entzug wirkte tödlich.
Die Produktion dieser Droge war im Solaren Imperium vor siebenhundert Jahren verboten worden. Aber dies hier war Lepso.
»Es geht weiter«, sagte Decaree.
Die Jagd war nicht so spektakulär, wie die Moderation versprochen hatte. Mein Doppelgänger wurde schlicht zur Strecke gebracht. Zwar dauerte es noch ein wenig, Atlan stürzte einen Gang entlang, sprang in riesigen Sätzen, flog durch den Tanzsaal des IN FLAGRANTI – wobei die Tänzer alles andere miteinander taten als zu tanzen –, kassierte einige Treffer aus den Strahlern seiner Verfolger, stürzte sich in einen engen Antigravschacht nach unten, geriet in ein Kanalsystem, die Verfolger (und die Drohnen) ihm nach.
Dort unten, in einer engen Röhre, setzen die Verfolger Blaster ein, großkalibrigere Strahlenwaffen. Das hocherhitzte Plasma bringt die Wände des Tunnels zum Glühen. Atlan fliegt, aber die Röhre läuft geradeaus, ohne Abzweigung, ohne Ausgang nach unten oder oben. Drei Plasmastrahlen treffen sich in seinen Schutzschirm. Der Schirm kollabiert. Der nächste Treffer verbrennt einen großen Teil seines Leibes und zerstört die technische Ausrüstung seines Schutzanzuges. So ist er schutzlos, als die Unsichtbaren – man sieht nur ihre Abdrücke im flachen Wasser am Boden des Kanals – auf ihn zu stapfen.
Atlans Augen suchen etwas, und finden es offenbar: Sie heften sich auf das Objektiv einer der Kameradrohnen. Er starrt in die Kamera, unentwegt. Der Schweiß bildet Rinnsale in seinem Gesicht. Dann trifft ihn ein Blasterschuss mitten in die Brust. Der Leib wird zurückgeschleudert und bleibt liegen. Die Arme sind ausgestreckt und zittern noch einige Sekunden, dann sinken sie zu Boden. Aus dem Unsichtbaren jagt noch ein Feuerstrahl hervor und trifft den Kopf.
Ende.
Es war vorbei.
Unwillkürlich fiel mein Blick auf den kleinen Monitor meines All-Galaktischen Kalenders am Rand des Arbeitstisches. Neben dem Datum in Arkon-Standardzeit waren etliche terranische Zeitrechnungen
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