Atlan 014 - Der Tempel des furchtbaren Gottes
Ronald Tekener räusperte sich. Er fühlte sich etwas unsicher und verlegen an diesem Ort.
Tschen Bahark lächelte, bot seinen Besuchern bequeme Korbsessel an und stellte drei Gläser mit eisgekühlter Limonade auf den runden Holztisch.
“Bitte, bedienen Sie sich”, sagte er. “Sie brauchen nicht zu fürchten, daß ich Ihnen Gift in die Limonade gemischt hätte. Mein Haus ist meine Oase des Friedens, und meine Gäste sind hier sicherer als anderswo auf Lepso:”
Tekener lächelte distanziert und vertauschte die Gläser trotz Baharks glaubwürdig klingender Versicherung.
“Wir verlassen uns nur selten auf das Wort unserer Feinde, Tschen Bahark”,
erklärte er leise. “Sie werden meine kleine Vorsichtsmaßnahme verzeihen.” Der Anti trank einen Schluck aus seinem Glas und lehnte sich abwartend zurück.
Er wartete auf den ersten Zug in einem Spiel, das voller Fallen und Gefahren für beide Seiten war.
2.
“Sie wissen”, begann Sinclair Marout Kennon mit Pokermiene, “daß die USO Sie in der Hand hat. Ich sage absichtlich ‘die USO’, denn Ihre Unterlagen befinden sich unterdessen im Besitz von Lordadmiral Atlan. Selbst wenn uns etwas zustoßen würde, erführen Ihre Vorgesetzten von dem Doppelspiel, das Sie getrieben haben.”
Er trank einen langen Schluck. Tschen Bhark wußte zwar, daß der angebliche galaktische Spieler und der angebliche gerissene Händler Spezialisten der USO waren, aber er ahnte nicht im entferntesten, daß Kennon nur ein Gehirn in einer robotischen Vollprothese war.
Der Anti lächelte kühl.
“Sie übersehen, daß ich Ihren Wert für die USO kenne, Major Kennon. Lordadmiral Atlan wird Ihre Entlarvung niemals riskieren, auch wenn dadurch Ihr Leben nicht unmittelbar bedroht würde. Er könnte Sie in einem solchen Fall niemals mehr einsetzen.”
Tekener beugte sich vor und zwang den Anti, ihm in die Augen zu sehen.
“Vielleicht vergessen Sie etwas, Tschen Bahark. Auf uns wurde bereits ein Mordanschlag verübt. Ein zweiter Vorfall dieser Art würde die USO veranlassen, Ihr Doppelspiel aufzudecken, und wir wissen genau, was Ihre Vorgesetzten in dem Fall mit Ihnen machten.”
Der Anti verzog unwillig das Gesicht.
“Ich versichere Ihnen nochmals, daß ich mit dem Anschlag nicht das Geringste zu tun hatte. Ich war nicht einmal darüber informiert, daß man Ihre Beseitigung plante. Außerdem sind Sie nicht so naiv, mich weiterhin zu verdächtigen. Was würde ich gewinnen, wenn ich Sie umbringen ließe!”
“Folter und Tod”, erwiderte Tekener trocken. “Na, schön, Die Lenkzentrale Condos Vasac’ hatte also über Ihren Kopf hinweg entschieden, uns als möglichen Unsicherheitsfaktor aus der Welt zu schaffen.”
Tschen Bahark runzelte die Stirn.
“Sie wissen beinahe zuviel über unsere Organisation. Aber Sie können sicher sein, daß es keinen zweiten Anschlag auf Ihr Leben geben wird. Ich habe mich für Sie verbürgt und erreicht, daß Sie unbehelligt bleiben.”
“Er hat sich für uns verbürgt!” rief Kennon ironisch. “Ausgerechnet der Mann, der unsere wahre Identität kennt, versichert seinen Vorgesetzten, daß wir der Condos Vasac loyal gegenüberstehen. Ihre Furcht vor Entdekkung muß sehr groß sein, wenn Sie solche Dinge tun, Tschen Bahark.”
“Nicht größer als die Ihre, Major Kennon”, versicherte der Anti unbeeindruckt. “Außerdem ...” Er preßte die Lippen zusammen und schwieg’
Für den genialen Kosmokriminalisten Kennon war das Wörtchen “außerdem ...” die zweite wichtige Erkenntnis dieses Tages. Es deutete Motivationen an,’ die außerhalb persönlicher und organisatorischer Interessen lagen.
Er stieß sofort nach.Außerdem behagt es Ihnen nicht, daß die Menschheit, zu der Sie genauso gehören wie wir,’ von außergalaktischen Intelligenzen zu dunklen Zwecken mißbraucht ‘werden soll. Ich verstehe das. Es ist deprimierend, wenn man dahinterkommt, daß die scheinbar so mächtige Condos Vasac von Fremden beherrscht wird, die nicht aus unserer Milchstraße stammen, nicht wahr?”
Tschen Bahark legte den Kopf zurück und blickte in das matte Flimmern des Schutzschirmes, der auch den Patio—überspannte. Einige Minuten lang verharrte er in dieser Haltung, und als er die Spezialisten wieder ansah, hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert.
“Wenn zwei, Brüder in Unfrieden leben”, murmelte er dumpf, “und plötzlich entdecken, daß ihre Streitereien von einem Außenstehenden geschürt werden, dann wenden sie sich gegen diesen
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