Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
Rücken seiner etwas zu groß geratenen Nase. »Sie halten es für Glück zu überleben, Lordadmiral? Ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre zu sterben. In einer der Explosionen zu sterben wie meine Freunde. Wie alle meine Freunde.« Sein Atem ging schwer. »Ist es nicht sogar eine Strafe, der einzige Überlebende zu sein?«
Ich schwieg, denn ich wusste, dass Terraner in seiner Situation oft Schuldgefühle entwickelten – eine Eigenart ihrer Psyche. Sie fragten sich, warum sie nicht anstelle eines anderen gestorben waren, so dass dieser hätte leben können. Etwa der beste Freund. Die Ehefrau. Das Kind.
»Die Nacht war angebrochen«, fuhr er fort. »Das geht hier sehr plötzlich, wissen Sie? Eben noch ist es hell, blendet einen der ewige Schnee, die Reflexionen auf dem Eis … und schon herrscht völlige Dunkelheit. Vorgestern währte die Dunkelheit nur sehr kurz. Dann gingen einige Sonnen auf, direkt in unserer Siedlung.«
Sein Gesicht war eine im Grauen der Erinnerung erstarrte Maske. »Wir wussten nicht, wie uns geschah. Immer neue Explosionen. Ich rannte zusammen mit meiner Begleiterin Nara ins Freie. Häuser stürzten ein. Unser Eigentum. Unser … unser Alles. Ich hörte Schreie, so entsetzlich und endgültig, dass sie nur von Tod zeugen konnten. Dann sah ich die beiden Springerwalzen. Sie schleusten Beiboote aus. Ich packte Nara und zerrte sie zurück ins Haus. Es war das einzige, das noch stand. Zumindest war es nicht völlig eingestürzt.«
Er zeigte nach vorne, wo in etwa dreißig Metern Entfernung eine Ruine zu sehen war. Vom Dach ragte nur noch eine kahle Metallkonstruktion auf. Nur noch wenige Wände waren intakt. »Dort versteckten wir uns und beobachteten den Landetrupp. Springer. Allesamt Springer. Wie ich ihre fetten Bäuche und roten Haare hasse! Sie wussten genau, wo sich unser Zentrallager befand, und plünderten es. Alle Rohstoffe. Die Arbeit von Monaten.«
»Die Angreifer sind also gezielt vorgegangen? Der Überfall war genau geplant?«
»Daran kann kein Zweifel bestehen. Ich hörte noch einige Strahlerschüsse. Diese Schweine suchten nach Überlebenden. An einer Stelle entbrannte ein Kampf. Ich habe es mir …« Er stockte, presste die Augen zu und wischte sich mit zitternden Fingern darüber. »Ich habe es mir später angesehen. Vier unserer Männer starben dort. Und drei Springer.«
»Wie ging es weiter?« Wir waren inzwischen nur noch wenige Schritte von unserem Ziel entfernt.
»Zwei dieser Schweine kamen auch in mein Haus, wo Nara und ich uns verkrochen hatten. Es kam zu einem Kampf. Nara tötete einen der Springer, ehe sie selbst starb. Ich setzte den anderen außer Gefecht und wollte ihm das Genick brechen, ehe ich es mir anders überlegte.«
»Eine gute Entscheidung«, bestätigte ich. »Lebend ist er mehr wert. Es ist das erste Mal, dass ein Gefangener genommen wurde.«
»Das erste Mal?«
»Der Überfall auf Krelleg ist nicht der erste dieser Art. Auf vier weiteren abseits gelegenen Außenposten spielte sich in den letzten Wochen Ähnliches ab. Allerdings gab es nirgends Überlebende. Zwei dieser Welten waren genau wie Krelleg mit der USO assoziiert.«
Wingald Ririg nickte. »Ich dachte mir so etwas. Das erklärt, wieso Sie sich persönlich dieses Falls annehmen.«
»Was hat der gefangene Springer gesagt?«
»Nichts«, erwiderte Ririg mit eisiger Stimme. »Er brauchte einige Zeit, sich von seinen Verletzungen zu erholen. Er kam erst letzte Nacht wieder zu sich. Seitdem schweigt er verbissen. Ich habe nur auf Ihre Ankunft gewartet, Atlan.«
»Kennen Sie seinen Namen?«
Ririg antwortete mit stummem Kopfschütteln und stieß die Tür auf.
In einer Ecke des einzigen unzerstörten Raumes lag eine gefesselte, übel zugerichtete Gestalt.
Gegenwart
»Warte, Kerit!«, rief ich dem angreifenden Springer zu. »Erinnerst du dich an den Tag, als ich dich zum ersten Mal sah? Auf Krelleg, gefesselt und zerschunden?«
Kerit, der rotbärtige Springer, lachte. »Wie könnte ich das vergessen? Du hast mich gefoltert, um an die Informationen zu kommen, die du aus mir …«
»Ich habe dich nicht angerührt«, widersprach ich wahrheitsgemäß.
»Das war wohl auch nicht mehr nötig. Vor deiner Ankunft hat dein Vasall treffliche Arbeit geleistet.«
»Wingald Ririg versicherte mir, dass die Wunden vom Kampf stammten, als er dich zwei Tage zuvor überwältigte.«
Kerit zog geräuschvoll Schleim hoch und spuckte ihn in meine Richtung. »So? Sagte er das? Und du hast ihm
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