Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
Wut, ein erstickter Schrei. Er torkelte rückwärts – und feuerte ebenfalls. Aber er hatte seinen Strahler nicht auf Betäubung gestellt.
Penzar da Onur riss in hilfloser Geste die Arme hoch. Der sengend heiße Schuss drang knapp neben der Wirbelsäule in seinen Rücken.
Tasamur und da Onur brachen zusammen. Beide blieben reglos liegen.
Ich hatte alles auf eine Karte gesetzt – und verloren.
Zeit und Endlichkeit: Penzar da Onur und die acht Namenlosen
Zuerst bewegte sich Penzar da Onur.
Er krümmte die Finger, stützte sich ab, drückte den Oberkörper zentimeterweise nach oben. Die Augenlider flatterten. Dann sackte er kraftlos zusammen. Er bewegte die Lippen, doch nur ein leises Stöhnen entrang sich seiner Kehle; vermischt mit einem widerwärtigen Gurgeln. Blutbläschen entstanden vor dem Mund.
Ohm stieß einen Fluch aus. Er richtete den Strahler auf das offene Schott, wo in Kürze die Söldner zu erwarten waren. Ihnen würde sich ein eindeutiges Bild bieten: ihr tödlich verletzter Herr in einer Lache seines Blutes. Wenn wir auch nur Anstalten machten, uns zur Wehr zu setzen, würden sie erst schießen und dann Fragen stellen.
Ich ließ den Strahler fallen, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Leg die Waffe weg. Es hat keinen Sinn. Mit Gewalt werden wir nicht entkommen.«
»Sehr … richtig«, antwortete eine leise Stimme, in der sich Schmerz und Qual spiegelten.
Penzar da Onur.
Ehe ich seine Verletzungen untersuchen konnte, stürmten zwei Söldner in den Raum und bewegten suchend schwere Schusswaffen. Sie richteten die Mündungen auf uns.
»Wir sind waffenlos.« Ich hob demonstrativ die Hände. Ohm tat es mir gleich.
Die Bewaffneten waren rotbärtige Springer, genau wie ihr unachtsamer Kollege, der vor dem Eingangstor postiert gewesen war. Sie trugen dieselbe Uniform aus grauem, robustem Stoff. Ihr Blick wechselte zwischen dem Schwerverletzten und dem verrenkt auf dem Boden liegenden Terraner hin und her. »Was habt ihr zu sagen?«
»Wir haben nicht auf euren Herrn geschossen.« Ich wies auf den betäubten Tasamur. Seine Augen waren geschlossen, der Mund halb geöffnet. »Er war es. Ich schützte den Patriarchen.«
»Halt’s Maul!«, forderte einer der Söldner grob. »Du bist schon so gut wie tot, Arkonide! Spar dir deine Lügen.«
Im Dröhnen seiner Stimme ging Penzar da Onurs leise Erklärung fast unter: »Er hat Recht.«
»Hör auf deinen Herrn.« Ohm wies auf den blutenden Patriarchen, sorgsam darauf achtend, die Hand nicht zu weit zu senken. »Und sorg sofort für medizinische Versorgung. Hast du keine Augen im Kopf? Der Patriarch wird ohne ärztliche Hilfe sterben.«
»Ich … ich …« Der Springer brachte außer diesem Stammeln kein Wort heraus. Schließlich gab er sich einen Ruck und rief mit seinem Kom einen Medorobot.
Diese kurze Ablenkung hätte man für seine Überwältigung nutzen können, doch danach stand mir nicht der Sinn. Momentan zählte nur Penzar da Onurs Überleben. Langsam senkte ich die Hände und beugte mich zu dem Patriarchen. »Ich werde eine Erstversorgung vornehmen.«
Der Springer zielte mit der Waffe unablässig auf mich, hinderte mich jedoch nicht.
»Waffe weg.« Da Onurs Stimme war wie ein Hauch. Die Stahlstreben des Exoskeletts über dem durchschossenen Brustkorb glänzten inzwischen rot. Noch immer blutete die Wunde stark.
Ich drehte den Patriarchen vorsichtig auf die Seite. Was ich sah, gefiel mir gar nicht. Diese Verletzung würde der Patriarch unmöglich lange überstehen können.
Ich musste die Blutung stoppen, sonst führte der Blutverlust zum Tod. »Gibt es einen Arzt oder wenigstens einen Medorobot im Khasurn?«
»Der Medorob wird sofort eintreffen«, antwortete der Söldner.
Ich suchte auf einem der zahlreichen Sessel einen geeigneten Stoffüberwurf oder Ähnliches, um einen ersten Behelfsverband daraus zu fertigen. Dabei fiel mein Blick auf Tasamur. Er würde noch gut zwei Stunden schlafen.
Als ich zu Penzar da Onur zurückkehrte, schwebte ein konisch geformter Roboter durch das noch immer offen stehende Schott. »Entfernen Sie sich von dem Patriarchen. Sie behindern meine Untersuchung.«
Ich hoffte, dass es sich bei dem Roboter um kein allzu veraltetes Modell handelte. Den Patriarchen zu retten, erforderte den neuesten Stand der Medizin.
Aus seinem Leib fuhren vier gelenkige Extremitäten mit diversen Diagnoseinstrumenten. Damit nahm der Medorobot die Vitalwerte des Patriarchen auf und führte gleichzeitig einige Tests
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