Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
den Lippen. »Was macht ein verschissener Tourist in diesem Scheißladen in diesem Scheißkaff?«, fragte er zwischen zwei Schlucken, die er vom schaumigen Riept nahm.
»Mir auch ein Blondes, bitte«, sagte Ohm in Galans Richtung, bevor er sich Cymbal zuwandte. »Der Tourist sucht Informationen und will gleichzeitig Erinnerungen auffrischen.«
»Wer von hier weggeht, kehrt normalerweise nie mehr nach Gantador zurück, Fremder. Außerdem ist mir dein Gesicht fremd, fremd ist es. Ich kann mich nicht erinnern, dich schon einmal gesehen zu haben.«
»In einer anderen Zeit, in einem anderen Leben«, wich Ohm aus. Er wusste, dass Galan jedes hier gesprochene Wort speicherte und an die Kontrollbehörden von Krafts Unternehmenszentrale weiterleitete. Er musste vorsichtig bleiben.
»Quatsch!« Cymbal leerte sein Glas in einem Schluck. »Wenn du auf sinnlose Konversation aus bist, Großer, dann hast du den falschen Mann vor dir. Du bist hier am Arsch der Welt. Niemand will etwas mit euch feinen Stadtpinkeln zu tun haben. Mach den Abgang und lass mich gefälligst in Ruhe. Ich hab ohnehin schlechte Laune, hab ich.«
»Das war nicht zu übersehen, Mann .« Ohm betonte das letzte Wort bewusst. Er ließ Cymbal Zeit zum Nachdenken und nippte am Riept. Sorge und Neugierde würden nun im Fetten erwachen.
»Dies ist meine letzte Warnung, ist es«, sagte der Vorarbeiter schließlich mit betont ruhiger Stimme. »Du verlässt dieses Lokal und suchst dir einen anderen Gesprächspartner für deine Schwulitäten. Andernfalls zupfe ich dir deinen Kopf vom Rumpf und spucke auf dein Herz.«
Ohm grinste und legte ein paar Chronners vor sich auf die Bar. »Bist immer noch der gute, alte Cymbal. Ist immerhin zehn Jahre her, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Im Hinterhof von Schorms Laden. Kannst du dich nicht mehr erinnern? War eine laue Nacht; du hattest ganz schön geladen und warst spitz wie eine Feldmaus. Ich musste mich nicht mal bücken …«
Gelächter wurde an den Tischen laut; höhnische Blicke trafen den Dicken, der mittlerweile leichenblass geworden war. »Raus!«, brüllte er, riss mit bloßen Händen ein Stück Holz aus der mehr schlecht als recht zusammengezimmerten Bar und schlug mit unvermuteter Geschwindigkeit zu.
Ohm hatte mit dem Gewaltausbruch gerechnet, und dennoch konnte er nur knapp ausweichen. Er grinste frech und zeigte Cymbal beidhändig die Stinkefinger, bevor er in Richtung des Staubschotts eilte. Er wusste, dass er die ganze Konzentration des Vorarbeiters hatte, als er ein einziges Wort mit seinen Lippen formte. Er musste darauf hoffen, dass Cymbals breiter Rücken den Blick Galans abdeckte – und dass der andere verstand, was er ihm hatte mitteilen wollen.
Die Hitze vor der Tratschstätte traf Ohm wie ein Hammer. Augenblicklich blieb er stehen, wohl wissend, dass ihm der Vorarbeiter nicht nacheilen würde.
Die Jungs vor dem Eingang hatten ihre Bikegleiter mittlerweile gestartet und rasten soeben mit ohrenbetäubendem Lärm davon. Stille lag bald darauf wieder über diesem müden, alten Ort und seinen müden, alten Bewohnern.
Mit langsamen Schritten marschierte Ohm hinüber zu »Schorms Ruhehaus«. In der schäbigen, verlausten Spelunke war mit Sicherheit ein Zimmer frei. Von nun an konnte er lediglich warten und hoffen, dass Cymbal bald kommen würde.
Die Schiebetür glitt beiseite, ohne dass der zimmerinterne Alarm angeschlagen wäre. Trotz seiner feisten Wurstfinger, mit denen Cymbal nicht einmal in der Lage schien, Messer und Gabel zu halten, war er seit ehedem für seine Geschicklichkeit im Umgang mit elektronischen und positronischen Bauteilen berüchtigt gewesen.
»Ich hatte früher mit dir gerechnet«, flüsterte Ohm.
Der Lichtreflex einer Waffe blitzte auf.
Der Schuss fuhr in jenes Polstermöbel, das Ohm zurechtgerückt und mit einem simplen Lautsprecherfeld ausgestattet hatte. Er stürzte aus dem abgedunkelten Duschfeld hervor, hieb dem Schützen auf die Waffenhand, brach ihm beiläufig – und mit einem gewissen Gefühl der Befriedigung – den kleinen Finger und stieß Cymbal schließlich aufs Bett.
Es ächzte, brach aber nicht zusammen.
»Du hast gelernt«, keuchte der Fette und betrachtete seinen Finger, der augenblicklich anschwoll.
»Auf Lepso wird man nicht alt, wenn man sich nicht zu verteidigen weiß«, entgegnete Ohm. »Außerdem hatte ich eine gute Lehrmeisterin.« Routiniert klopfte er den Leib seines Gegenübers ab und brachte drei weitere Waffen zutage.
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