Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
werden, wie der Raumfahrtphilosoph nur zu gut wusste.
Er schwenkte freundlich den Arm und grüßte eine kleine Gruppe älterer Frauen, die ihm kichernd und feixend wie Pennäler entgegenkamen. Sie bewegten sich durch das Dickicht des Langgrases, als gäbe es nichts zu befürchten.
Und so war es auch; ihre Welt war friedlich geworden; Raubtiere, die dem Volk gefährlich werden konnten, jagten nun hauptsächlich auf den drei kleineren Kontinenten. Ebenso hatten sie Meere und Seen, so gut es ging, gesichert, ohne allzu sehr in die jeweiligen Ökologien einzugreifen. Unfälle konnten selbstverständlich niemals ausgeschlossen werden; dennoch verstarben heutzutage 99 Prozent des Volkes friedlich in ihren Betten.
Apetlon hatte das Ostufer erreicht. Er blickte über die spiegelglatte Fläche hinweg. Nirgends gab es einen Zu- oder Abfluss, und dennoch war die Existenz dieses kleinen Gewässers nahe der Küste seit mehr als tausend Jahren dokumentiert.
»Was für ein Rätsel umgibt dich?«, murmelte der Raumfahrtphilosoph. »Warum kommen wir hierher, starren für lange Zeit in das spiegelglatte Wasser und kehren schließlich berauscht in unser Leben zurück?«
Wissenschaftler hatten Wasserproben gezogen und endlose Versuchsreihen gestartet. Ohne ein Ergebnis zu erzielen. Vielleicht wäre ihnen ein Erfolg beschieden gewesen, wenn sie vernünftigere Messinstrumente hätten fertigen können.
Apetlon atmete tief durch. Manchmal packte ihn ein Gefühl der Frustration. Längst schon hätten sie zu den Sternen reisen oder ins Innere des Erdkernes vordringen können, wenn es nach den theoretischen Konstrukten ginge, die in diversen Schubladen gelagert wurden. Aber alle Versuche, ihre Bemühungen in die Praxis umzusetzen, scheiterten an diesen klobigen, zu kaum etwas zu gebrauchenden Händen und Fingern.
Der Raumfahrtphilosoph tat einen Blick in den See und fühlte sich augenblicklich besser. Sein Spiegelbild grinste ihn freundlich an; das im Wasser verborgene Geheimnis übte unglaubliche Wirkung auf jeden seines Volkes aus.
Rings um den See standen sie. Jung und alt, dick und dünn, melancholisch oder gut gelaunt.
Die Belagerung des Sees, so musste er sich eingestehen, wurde allmählich zum Problem. Die Studenten, die seit der Gründung der Universität hier Ruhe und Entspannung suchten, wurden empfindlich gestört. Umso mehr, als sich diese Bildungsstätte längst zum planetaren Zentrum der Geisteswissenschaften entwickelt hatte und eines gewissen Schutzes bedurfte.
Selbstverständlich verdiente es jeder Suchende, hierher vorgelassen zu werden. Es gab keine Zäune oder sonstigen Sperren. Aber er musste einen Weg finden, den Zugang zum See zu beschränken. Längst schon hatte Apetlon eine bestimmte Idee ins Auge gefasst. Leider roch sie nach Betrug und würde nur dann durchzusetzen sein, wenn er die Verantwortung für sein Vorhaben auf mehrere Schultern verteilte.
Niemals durfte bekannt werden, dass er, einer der profiliertesten Wissenschaftler des Volkes, den Anstoß dazu gegeben hatte, einen bestimmten Mythos um den See zu verbreiten.
Apetlon steckte einen Finger ins Wasser und beobachtete fasziniert, wie es ihm sein Spiegelbild gleichtat. Wo sie sich trafen, entstanden Wellen, die sich ringförmig entfernten und erst weit draußen am See versiegten. Gleichmäßig wie Schwingungskurven waren diese Wellen geformt.
Ein grünblau gemusterter Fisch streckte seinen breiten Kopf aus dem Wasser und betrachtete Apetlon. Es schien dem Wissenschaftler, als blicke er in die Augen eines uralten, hochintelligenten Wesens.
Der Moment verflog, der Fisch tauchte schwänzelnd unter.
Apetlon fühlte plötzlich Angst vor dem, was auf das Volk zukommen mochte.
Kapitel 9
Sie ist eine Mutantin! , informierte mich der Extrasinn mit schmerzhafter Intensität.
Woher willst du das wissen? , fragte ich zurück.
Sieh sie dir doch an! Klein, kraftlos, blass; sehen geschulte Spitzel oder Geheimdienstmitarbeiter neuerdings so aus?
Camara Zaintz reichte mir schüchtern die Hand. »Ich darf doch bei Ihnen bleiben?«, fragte sie mit einer Stimme, die im Gemurmel der geladenen Gesellschaft beinahe unterging.
»Debakil hat dich mir empfohlen, Camara«, sagte ich. Es fiel mir gar nicht ein, dieses Kind zu siezen. »Er meint, du könntest mir helfen, mich auf Sadik besser zurechtzufinden.«
»Tatsächlich?« Sie warf einen schüchternen Blick auf den Beamten, der kurz nickte. »Dann wird es wohl stimmen.«
»Allerdings kann es sein, dass
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