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Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Titel: Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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freiwillig hier zu befinden.
    Ich ließ mich auf meine Liegestatt zurücksinken und versuchte, Ordnung in die Flut all jener Gedanken zu bringen, die so plötzlich zurückgekehrt waren.
    Man hatte mich in einem verfallenen Wohnbau aufgegriffen und in dieses Lager verbracht. Dumpf erinnerte ich mich an Fragen, die ein schmieriger Ara-Arzt gestellt hatte; an den Marsch durch einen Desinfektionsschlauch – und an die Unterschrift, die ich, von der Hand eines Ertrusers gelenkt, geleistet hatte.
    Zu meinem Glück hatte während der Untersuchungen niemand den eiförmigen Zellaktivator bemerkt, der mir in Camaras Gegenwart einmal mehr das Leben gerettet hatte. Nach wie vor befand er sich unter einer künstlichen Bauchspeckschicht versteckt, eingekapselt in einem Kunststoffkokon, der herkömmlichen Untersuchungen problemlos widerstand.
    All die Arkoniden, Rumaler, Springer, Terraner oder Ferronen rings um mich waren hierher verschleppt worden. Sie waren Strandgut, wie man es bevorzugt in der Nähe von Raumschiffshäfen oder in Rauschgiftbars fand. Konnte man keine Aufenthaltsbewilligung oder gültigen Papiere vorweisen, wurde man rasch zur Beute zwielichtiger Kopfgeldjäger. Ebenso erging es Strafgefangenen, Sternenvagabunden, von Höhergestellten Denunzierten, geistig und körperlich Verkrüppelten. Außenseiter der Gesellschaft waren sie, die im Leistungssystem auf Sadik nichts verloren hatten und den da Tromin zum Ende ihres Lebens einen letzten Dienst erweisen mussten.
    »Was ist, wenn wir uns weigern, nach den Perlen zu tauchen?«, fragte ein etwa 15-jähriger Knabe unweit von mir seinen ebenso alten Nachbarn. Dem einen fehlte eine Hand, der andere zeigte hässliche Verbrennungen im Gesicht. Beide trugen Tätowierungen auf dem nackten Oberkörper, wahrscheinlich die einer Jugendgang.
    »Dann töten sie uns gleich«, sagte der Verbrannte. »So bleibt uns immer noch die Hoffnung, irgendwie zu überleben.«
    »Hast du schon mal jemanden kennengelernt, der es geschafft hatte?«
    »Gerüchteweise gibt's einen reichen Schnösel in Prinpau, der es geschafft hat. Verbirgt sich heute hinter Mauern, genießt seinen Reichtum, lässt niemand mehr an sich ran.« Er hustete. Sein ausgemergelter Leib erbebte.
    Eine Schwangere erhob sich schwerfällig und torkelte in Richtung der Hygieneräumlichkeiten. Über den rechten Arm trug sie ein breites Tuch. An einem metallenen Begrenzungssteher blieb sie hängen; der Stoff riss ein Stückchen ein, öffnete den Blick auf einen metallen glänzenden Arm.
    Was für ein seltsames Gebilde! Ich sah Teile eines übergroßen Multifunktionswerkzeuges, bevor sie sich hastig wieder vermummte. Eine deaktivierte Stromschiene war ebenso zu sehen wie eine aufgefädelte Reihe von handelsüblichen Flugfrässcheiben, die per Funksteuerimpuls gelenkt werden konnten; eine Säge hing am Metallarm, ein phallusähnlicher Steckaufsatz, ein winziger Bildschirm, ein seltsames Spreizinstrument und mehrere Bohrer, die mich unangenehm an altertümliche zahnärztliche Werkzeuge erinnerten. Seltsam. Sah so die Ausrüstung einer Assassinin aus?
    Ich erhob mich und folgte der Frau. Sie zuckte zusammen, als sie mich kommen hörte, drängte sich scheu in eine Ecke des Waschraums.
    »Keine Angst«, sagte ich leise, »ich wollte bloß sehen, ob du alleine zurechtkommst.«
    Sie nickte und verdrückte sich in eine der Zellen, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.
    Ich wartete geduldig vor ihrer Tür.
    Es stank bestialisch. Die Sklavenhändler – um nichts anderes handelte es sich bei unseren Wärtern – scherten sich nicht einmal um die geringsten hygienischen Leistungen. Wir waren Vieh, das zusammengetrieben und verkauft wurde. Wen kümmerte es schon, wenn wir starben? Nachschub gab es immer.
    Männer und Frauen benutzten die anderen Toiletten, während ich wartete. Sie betrachteten mich mit einer seltenen Mischung aus Misstrauen und Lethargie. Meine Oberbekleidung mochte abgenutzt und zerrissen sein; dennoch sah man ihr an, dass sie einmal aus wertvollem Tuch gewebt worden war.
    Die Tür hinter mir öffnete sich quietschend. Die Frau kam langsam heraus, drückte sich an den Wänden entlang, die eine Hand an den Mund gepresst, als wollte sie einen Schrei vermeiden.
    »Ich tu dir nichts«, sagte ich mit ruhiger, möglichst monotoner Stimmlage, ohne mich von der Stelle zu rühren und sie in weitere Panik zu versetzen. »Ich habe deine Hand bewundert …«
    Sie lief an mir vorbei, huschte in den großen Schlafsaal zurück an

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