Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
das dreidimensionale Feld, berührte eine der Faltflächen, zog meine Hand vorsichtig wieder zurück.
Das Objekt folgte mir wie magisch angezogen. Es glimmerte und leuchtete, teilte sich wiederum in Myriaden weiterer Teilflächen …
»Camouflage muss riesengroß sein«, sagte Ohm ehrfürchtig. »Wenn unser unbekannter Freund nicht gefunden werden will, sehe ich keine Chance, ihn in den Falten jemals zu entdecken.«
»Warum hat er uns hierher gebracht?«, sinnierte ich. »Was wollte er uns damit sagen? Gibt es vielleicht einen Ausgang, wiederum nach unten , und erwartet er, dass wir ihn benutzen?«
»Es gibt mehrere Millionen Kombinationen der Befehlfelder.« Ohm zeigte mir die Reliefaufnahme der Bodenstruktur, die seine Positronik virtuell aufbereitet hatte.
Ich verstand. In diesem »Raum« befanden sich mehr als dreißig Felder. Mein Partner hatte mehr oder weniger zufällig die einfachsten Kombinationen entdeckt. Wenn der Kode, den wir benötigten, um aus diesem Raum zu gelangen, zehn- oder mehrstellig war, würden wir eine halbe Ewigkeit benötigen, um uns zu befreien.
»Warum erfolgt die Befehlsgebung eigentlich über die Füße?«, fragte Ohm.
»Du vergisst, dass die acht Namenlosen keineswegs die Erbauer Camouflages sind. Wahrscheinlich ist die Steuerung der Falten auf die Bedürfnisse und körperlichen Eigenheiten der ursprünglichen Benutzer abgestimmt.«
Mit Ohms Hilfe trat ich an den Rand der Falte. Vorsichtig tastete ich mich vor, wollte das verletzte rechte Bein darüber hinausschieben. Augenblicklich stieß ich auf unsichtbaren Widerstand, der umso größer wurde, je fester ich gegen die Grenze drückte.
»Du solltest dich schonen!«, sagte mein Partner.
Ich trat zurück, inspizierte ein weiteres Mal die Leere des Faltenraums.
Sahen alle »Räume« an Bord Camouflages aus wie dieser? Konnte ich mich an ein Leben hier gewöhnen? Welche Geheimnisse steckten hinter den Tyarez, warum hatten sie sich in ein derart nüchtern wirkendes Asyl zurückgezogen?
Ich betrachtete meinen Anzug. Endlos lange Kommandozeilen ratterten über die Spiegelung des Visiers. Die Selbstreparatur würde noch eine Weile dauern.
Der Strahler stak im Oberschenkelhalfter. Sollten wir ein Experiment mithilfe der Waffe versuchen?
Unter keinen Umständen! , mahnte der Extrasinn. Ihr beide unterliegt einer Art Test. Wer auch immer euch festhält – er hätte euch längst beseitigen können.
Noch bevor ich die Situation im Zwiegespräch mit dem Logiksektor analysieren konnte, kam eine weitere Falte von oben herab getrudelt. Sie erschien anders als all jene, denen wir bislang »begegnet« waren. Ihre Kanten wirkten ausgefranst und porös. Der dunkelrote Lichterschein, der von der Fläche ausging, beunruhigte mich. Irgendetwas befand sich darin, was nicht so war, wie es sein sollte.
Die Falte überschlug sich, wie bereits mehrmals beobachtet, bevor sie zwischen Ohm und mir in den Boden tauchte und mit ihm verschmolz. Eine humanoide Figur wuchs aus ihr hervor. Sie blieb in Embryo-Haltung auf dem Boden liegen. Zitternd, verletzt, kaum noch bei Sinnen.
Ohm tat einen Schritt zurück, zog seine Waffe und richtete sie auf den Unbekannten.
»Lass das! Ich glaube, wir haben unseren Mann gefunden.«
Der Tyarez-Träger wandte mir sein Gesicht zu. Der Arkonide war uralt; seine Bewegungen schwerfällig.
Und in seinen blutunterlaufenen Augen erblickte ich winzige, rasend rotierende Faltflächen.
Kapitel 36
Artemio Hoffins musste sich, mehr, als ihm lieb war, auf die Hilfe Opryn da Onurs verlassen. Eine Unterstützung durch den Hautträger blieb unerlässlich. Die Strategiesteuerung des letzten Sturmangriffs bedurfte besonderen Wissens um die Faltflächen Camouflages.
Lange genug hatte er sich bemüht, den Technikansatz der Tyarez zu verstehen. Zumindest ansatzweise war es ihm gelungen, die Theorie der um eine räumliche Dimension gekürzte Existenzdarstellung zu akzeptieren.
In den Faltwelten, deren jede einzelne ein eigenes Universum darstellte, war der Energiebedarf wesentlich geringer als in jenem Universum, das Artemio als das seine kannte. Die physikalischen Grundkräfte wie Gravitation oder elektromagnetische Wechselwirkung unterlagen in Camouflage gänzlich anderen Voraussetzungen. Auch das Licht als sichtbarer Ausdruck elektromagnetischer Strahlung erforderte in dieser entrückten Welt eine Neubewertung, ebenso wie Zeit und deren Messung. Dementsprechend schlecht funktionierte herkömmliche Technik. Erst wenn sie
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