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Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Titel: Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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geopfert! Alles im Namen MEINLEIDS!«
    »Du weißt genau, dass er es nicht anders wollte. Todkrank, unheilbar und schon fünfzig Jahre alt! Er hat förmlich darum gebettelt!«, antwortete Simmi Orloff leichthin und zog die flache Schnapsflasche aus der Hüfttasche. »Hat ein aufregendes Leben gehabt.«
    »Und ist viel zu jung gestorben«, gab Li schroff zurück. »Dazu kommen mindestens ein halbes Dutzend verletzte Polizisten!«
    »Und ein paar Tote. Aber die vom Imperium haben angefangen«, stellte Olgej Zara ungerührt fest, hob die Hand und stach mit dem Zeigefinger auf die Enter-Taste. »Wir haben zurückgeschlagen.«
    MEINLEID war eine Bewegung, die von einem harten Kern meist jugendlicher Bewohner Kunshuns ins Leben gerufen worden war. In einer Zeit, in der die soziale Reife des Homo sapiens später als in den verflossenen Jahrhunderten stattfand, versuchten viele erwachsene Menschen, wie Jugendliche zu leben. Zu den etwa zweitausend Aktiven zählten durchaus noch dreißigjährige Terraner. Nicht wenige waren noch älter. Simmi Orloff, einer der Ältesten des inneren Zirkels, zählte 34 Jahre. Seine intensiv blauen Augen strahlten. Er schien jede Einzelheit des Vorfalls zu genießen.
    »Jetzt erfahren sie’s«, kommentierte Olgej und schob die schwere Brille in die Stirn. Die Leuchtfelder ihrer Keyboards flackerten. »Nykteris, die Fledermaus, hat zugeschlagen.«
    Der Bekennertext ging an die Medien und die Stadtverwaltung. Er war als Kampfansage gedacht. Die wenigen Worte huschten über einen kleinen Schwarzweißmonitor und traten ihren verschlungenen Weg zu ihren Bestimmungsorten an. Mit ein paar Handgriffen und Schaltungen unterbrach Olgej die Verbindungen, über die man den Text zu seinem Ursprung zurückverfolgen konnte.
    »Für heute haben wir genug getan«, erklärte Orloff kategorisch, schraubte den Verschluss der Flasche auf und nahm mehrere Schlucke. Kräftiges Scotcharoma breitete sich aus und überlagerte die eigentümliche Geruchsaura, die Zaras positronische und elektronische Geräte verströmten. »Holen wir den Nachtschlaf nach. Bald werden sie alle hinter mir her sein. Hinter dir auch. Komm, Schönste!«
    Er gab Greta Gale einen Klaps auf den Po, packte sie am Handgelenk und zog sie zur Tür. Während er der »Fledermaus« zunickte, verstaute er die halbleer getrunkene Flasche in der Hüfttasche. Olgej drehte ihren quietschenden Sessel zu Tristan Li herum und ließ die dicken Gläser wieder vor ihre Augen rutschen.
    »Wie steht es um die Mysterien der Tiefe, Li?«, sagte sie ohne wirkliches Interesse.
    Er zog in einem kurzen Fieberschauer fröstelnd die Schultern hoch und antwortete: »Ich glaube, ich hab interessante Dinge entdeckt. Du weißt, dass es vor tausend Jahren Kunshun noch nicht gegeben hat. Nur eine kleine Siedlung namens Kounshoon. Meist illegale, provisorische Quartiere.«
    Sie nickte und deaktivierte einige ihrer Positroniken, die für Li allesamt rätselhaft waren. Skalenbeleuchtungen und vielfarbige Dioden erloschen, andere Leuchtfelder blinkten in verschiedenen Farben und unverständlichem Rhythmus.
    »Die beiden Raumhäfen haben schon immer verschiedenes Gesindel angezogen. Damals schon.« Sie lächelte ihm spöttisch zu und schaltete einen Tiefstrahler ab. Die senkrechten Farblinien ihres Zahnfleischs wurden stumpf. »Was glaubst du dort unten zu finden? Die ewige Liebe?«
    Er streckte die Arme aus, zögerte und ließ sie wieder sinken. Der Blick, den er ihr zuwarf, war gleichermaßen leidenschaftlich wie schüchtern. Sie beachtete ihn nicht und ging hinüber zur Küche, wo eine grellgelbe Kaffeemaschine fauchte und dampfte.
    »Die ewige Liebe …«, begann er, zuckte mit den Schultern und sah zu, wie auf dem großen Monitor das Bild der Polizeistation und des Labors verblich und schließlich verschwand. »Ich nehme dich beim nächsten Mal mit. Dann kannst du’s selbst sehen und erleben, Olgej.«
    »Lass dir Zeit, bis wir vor den Polizisten flüchten müssen. Dann brauchen wir den Dunkelwanderer.«
    Sie bot ihm nicht einmal einen Becher Kaffee an. Nach einem langen Rundblick über die Einrichtung der halb abgedunkelten Wohnung senkte er den Kopf auf die Brust und tappte zur Tür. Der uralte Lift, dessen Wände von Graffiti bedeckt waren, winselte und knarrte. Er brachte Tristan langsam aber trotzdem sicher hinunter zum Hauseingang.
    Die schmale Gasse lag noch im Zwielicht des Morgens. Das Sonnenlicht drang erst am Vormittag bis zum Boden, der mit Unrat und abgeblättertem

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