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Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Titel: Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Viertelkreis angeordnet. Als er seine Hände darüber hielt und die Finger spreizte, entdeckte er auch zwei Löcher, zu denen seine Daumen passten – oder umgekehrt, die zu seinen Händen samt Daumen passten.
    Wieder reinigte er die Stellen mit der Bürste, goss Wasser aus seinem Vorrat darauf und legte das Oberflächenmaterial völlig frei. Wenn er genau hinsah, glaubte er in den »Fingerlöchern« sogar feine Rillen zu erkennen, etwas gröber und gleichmäßiger als menschliche Fingerabdrücke.
    »Spurenrillen, Muschel, eine Inschrift, die niemand lesen kann – ich hab an alles andere gedacht hier unten«, sagte er leise und wunderte sich nicht, dass ihn das Sprechen tief in der Kehle schmerzte. »Niemand wird mir das glauben.«
    Tristan traute ja selbst seinen Augen kaum und verhielt sich, als würde er aus dem Traum erwachen und enttäuscht sein. Er zog die Handschuhe aus, legte sie auf die Muschel und ließ seine gespreizten Finger über den Grifflöchern schweben. Nun holte er tief Luft, schloss die Augen, öffnete sie wieder und gab sich einen Ruck.
    Dann schob er fast gleichzeitig die acht Fingerspitzen und die Daumen in die Löcher. Nichts geschah. Er spürte weder Hitze noch Kälte. Zehn, zwanzig Sekunden vergingen. Auf einmal begann es unter seinen Händen lautlos zu vibrieren, die Vibrationen nahmen zu, und vor ihm klappte die Muschel entlang der unregelmäßigen Trennlinien auf, langsam und lautlos. Aus dem Inneren fiel dunkelroter Lichtschein, der sich binnen weniger Atemzüge in strahlend weißes Leuchten verwandelte, das umso greller wurde, je mehr sich die Muschel öffnete und vor ihm das Oberteil in die Höhe klappte. Die andere, untere Hälfte blieb im Schlamm haften. Die Helligkeit machte es unmöglich, das Innere der Muschel zu erkennen. Tristan schloss geblendet die Augen. Er spürte, wie seine Knie weich wurden und seine Finger wie im Fieber zitterten.

 
    Kapitel 7
     
     
    10. April 3103
     
    Im innersten Kern meines lunaren Reiches herrschte ausnahmsweise Ruhe. Niemand wusste, wie lange dieser Zustand anhalten würde. Aber jeder in Quinto-Center hoffte, die nächsten Stunden und Tage würden ohne Störungen vergehen. Und allen im Hauptquartier der United Stars Organisation war bekannt, dass die entspannte Stimmung meist nicht lange anhielt. Meine Blicke huschten über die spiegelnde Platte meines Schreibtisches, und zu meinem eigenen Erstaunen entdeckte ich keinen einzigen »dringenden Vorgang«.
    Ich ließ den Kontursessel zurückgleiten, legte die Füße auf den Tisch und betrachtete das Bild, das gegenwärtig die fast wandgroße Projektion des Holovid ausfüllte. Schwerkraftvulkan in Jupiterplanetenatmosphäre von Leonardo Darc Megahera. Der Efeubewuchs an der Felswand des Büros war vor wenigen Tagen gestutzt worden und roch nach frischer Natur. Ich ließ die letzten arbeitsreichen Stunden an mir vorüberziehen, fragte mich wie immer, ob ich Fehler gemacht oder etwas übersehen hatte. Der Logiksektor schwieg diskret.
    »Nun denn«, brummte ich zufrieden. »Ein wenig Freizeit für Lordadmiral Atlan.«
    Ich nahm die Fersen vom Tisch, durchquerte mein Büro und öffnete die Tür meiner kleinen Vinothek. Aus einer angebrochenen Flasche füllte ich frankoterranischen Wein in ein Glas und, nach kurzer Überlegung, nahm ich ein zweites. Julian Tifflor, Solarmarschall, hatte mir vor einiger Zeit je zwei Kisten Chardonnay und schweren spanischen roten »Viejo Riocha« des Jahrgangs 3092 geschickt. Ich trug die Gläser zum Tisch, ersetzte Leonardos Bild durch eine Live-Wiedergabe aus unserem japanischen Garten und hielt meine Hand über ein Schaltfeld. Ein Tischmonitor baute Decarees Holo auf.
    »Chef? Was kann ich für dich tun?« Sie lächelte zurückhaltend.
    Ich hob das Glas vor die Objektive und antwortete: »Du kannst, ebenso wie dein überarbeiteter Chef, die Akten ruhen und dich mir gegenüber niederlassen. Der Chardonnay wird sonst warm.«
    »Ich glaube, das kann ich verantworten, Atlan«, sagte Decaree Farou. »Zehn Sekunden.«
    Vier Minuten später glitt lautlos das Doppelschott auf, und meine Stellvertreterin kam herein. Sie war, wie immer, eine Augenweide. Ich stand auf, küsste sie auf beide Wangen und reichte ihr ein Glas.
    Sie setzte sich mir gegenüber und roch am Wein. Ihre grünen Augen strahlten. »Aus der Lieferung Tifflors? Ein feiner Tropfen. Muss die USO heute ausnahmsweise mal nicht das Universum retten?«
    »Es ist verdächtig still zwischen den Sternen.« Ich grinste.

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