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Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Titel: Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Antigravtornister eingesetzt, und dieses Mal gab es keinen Abgrund mehr, in den er zurückstürzen konnte. Er suchte die Seile zusammen und begann zu arbeiten.
    Wenn Olgej beim nächsten Besuch den Sarkophag nicht mehr findet, wird sie mich fragen, wo er ist, sagte er sich und kontrollierte die Ladestärke des Energiemagazins. Er war in seine Arbeit so vertieft, dass er den brodelnden Aufruhr in Kunshun völlig vergaß. Dann klettern wir wieder miteinander herunter.
    Zwei Stunden später schleppte er die Muschel in einen Stollen, der am Grund des Schachtes mit den Stahlklammern abzweigte. Zehn Meter weit, im Licht seiner Scheinwerfer, schwebte er dicht unter der Decke entlang und drehte sich schließlich um 180 Grad. Vom Unterteil der Muschel platzte getrockneter Schlamm in großen Fladen ab und vermischte sich mit der dicken Staubschicht.
    Den Rest der Energie verwendete Tristan darauf, senkrecht im Schacht aufwärts zu schweben. Oben legte er den Tornister ab, hebelte die Energiezelle heraus und steckte sie in den Rucksack. Er musste sie nachladen lassen oder Simmi bitten, ihm eine neue zu besorgen.
    Simmi Orloff! Seit er ihn in das neue Versteck geführt hatte, schwieg der Minikom. Tristan hatte ihn und Greta völlig vergessen. Er suchte, während er in den Keller seines Wohnhauses zurückkletterte, nach Spuren, die Olgej hinterlassen haben mochte, aber er fand keine eindeutigen Zeichen. Kaum hatte er seine Wohnung betreten, rief er sowohl mit dem Minikom als auch auf der Festnetzleitung in Olgejs Wohnung an – wieder meldete sich nicht einmal ihr positronischer Statthalter.
    Dann werde ich sie eben suchen, überlegte er. Und irgendwo werde ich sie schon auftreiben.
    Er dachte über seine Situation nach, während er in der Dusche seine Kleidung und seine Stiefel reinigte. Seit dem Selbstmordattentat auf die Polizei hatte er sich nicht unbedingt von MEINLEIDS gewichtigen Anliegen, aber von deren gewalttätigen und zerstörerischen Aktivitäten abgewendet. Für Simmi und Greta gab es keinen Grund, ihm zu misstrauen, und gegenwärtig schienen sie seine Kenntnisse der Unterwelt nicht zu brauchen. Die Symptome des Hochgefühls hatten ihm gezeigt, dass er nicht von MEINLEID abhängig war und ohne weiteres aus Kunshun fortziehen konnte, wenn er es nur wollte. Er hängte die Kleidung zum Trocknen auf den Balkon und rief Olgej wieder an.
    Wieder keine Antwort.
    »Was tun, ratloser Trissa?«, sagte er laut und holte die letzte Flasche Wein aus dem Kühlschrank. Trotz seiner neuen Erfahrungen und der Hochstimmung konnte er sich keine Antwort darauf geben. Er leerte, tief in trübselige Gedanken und Empfindungen versunken, Glas um Glas. Schließlich fiel er in einen Schlaf, der voll wirrer Träume war und ihn wie gerädert aufwachen ließ. Er sah nach kurzem Zögern nur einen Ausweg, seiner mörderischen Stimmung zu entfliehen. Er führte hastig und schweigend das gewohnte Ritual des Anziehens und Ausrüstens durch und drang in die Unterwelt ein. Vier Stunden danach waren alle seine Depressionen verschwunden, und er begann zu ahnen, welches Unheil sich außerhalb seiner introvertierten Welt zusammenbraute.
    Ungefähr achtundvierzig Stunden verbrachte er abwechselnd an drei Stellen: In seiner Wohnung, der Austernmuschel und dem Aufenthaltsraum der Basis. Er merkte, dass er zu verwahrlosen begann, aber die Intervalle zwischen Hochgefühl und Depression verschoben sich. Seltener und weniger deprimierend waren die Phasen der Missstimmung, das Hochgefühl steigerte sich und beherrschte sein Leben länger und intensiver. Tristan wusch sich nicht oft genug, sein Bart wuchs und kratzte, und er roch nach altem Schweiß.
    Seine Kleidung war verdreckt und begann zu verschleißen. Olgej antwortete nicht auf seine Anrufe. Aber die Anzeichen, dass sie wahrscheinlich den Sarkophag ebenso häufig benutzte wie er, waren trotz der Finsternis und des Schmutzes unübersehbar. Dann, am 13. April, kurz vor Mittag, riss ihn das zwitschernde Jingle seines Türsignals aus dem Halbschlaf. Er wankte und stolperte zur Tür, betätigte den Öffner und sah, als die Verbundplatte knarrend zur Seite glitt, Olgej Zara vor sich.
    »Olgej! Liebste!«, rief er mit rauer Stimme und streckte die Hand aus. »Komm herein! Was ist los? Wie siehst du aus? Hat sich jemand …?«
    Olgej stolperte in seine Wohnung hinein. Sie trug wieder ihre Brille und sah ebenso verwahrlost aus, wie er sich fühlte. »Ich war wieder in der Muschel«, sagte Olgej und ließ sich auf

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