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Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht

Titel: Atlan 07 - Illochim 01 - Das Relikt der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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wohin Heaq gerade nicht blickte, zerschnitt ein weiß aufleuchtender Sternsplitter die Schwärze. Manchmal waren die Lichter so zahlreich, dass die Menschen auf dem Land den Zorn der Götter fürchteten. Wieder zuckte ein weißes Licht auf, ein zweites dort drüben. Kaum war es aufgeflammt, erlosch es wieder, schnell wie ein Gedanke.
    Als Heaq sich aufrichtete und nach dem Paddel griff, sah er, wie ein roter Stern sich bewegte, viel langsamer als die Sternsplitter. Er schien ins Meer stürzen zu wollen. Ihm folgte ein zweiter, der ebenfalls wie eine große, brennende Kugel aussah. Beide Feuerkugeln – oder waren es glühende Steine? – in einigem Abstand von einer dritten gefolgt, rasten zwischen den Sternen über das halbe Firmament, in leichter Linie, dem Meer entgegen. Ein riesiger Glutstein schlug weit jenseits des Riffs ins Wasser, und als ein Stamm aus Schaum sich weiß aufbäumte, fiel die zweite glühende Kugel ins Meer, und einen Atemzug danach die dritte. Die drei Wassersäulen sanken lautlos zusammen.
    Heaq wusste nicht, wie groß die Steine gewesen waren und vermochte nicht zu erkennen, ob sie in weiter Ferne versunken waren oder nahe des Riffs. Er trieb sein Boot mit kräftigen Schlägen auf die Korallenbänke zu, verwundert über das unverständliche nächtliche Geschehen. Weniger als zweimal fünf Atemzüge nach dem letzten Einschlag ertönten, zugleich mit harten, kurzen Sturmstößen, drei mächtige Donnerschläge über die Brandung.
    »Wenn die Götter Sturm schicken, muss ich mich vorsehen«, sagte sich Heaq und wartete auf drei große, schäumende Sturmwellen. Die Sturmböen wehten über ihn hinweg und wirbelten die Wellen auf. Als sich der Wind gelegt hatte, rauschten dreimal steile, mit Gischt vermischte Riesenwellen über das Riff, hoben den Einbaum steil an, kippten den Bug ins Wellental, warfen Heaq in der engen Höhlung nach vorn und nach hinten. Dann rauschten die Wellen auf den Sand des Inselstrandes.
    »Drei Sterne sind herabgefallen«, murmelte der Feuerfischer und suchte seine durcheinandergewürfelten Werkzeuge zusammen. Er hatte das große Rätsel der Nacht erlebt, aber die Götter hatten ihn nicht getötet.
    Er trieb den Einbaum in ruhiges Wasser, zündete an der Glut den Docht im Schiffchen aus Rinde an, das mit Öl halb gefüllt war. Er setzte das Rindenschiffchen vorsichtig in die Wellen, sah sein dunkles Spiegelbild neben dem Einbaum, hob den Dreizack und wartete auf Fische, die durch das Feuer anlockt wurden. Als die vier großen Sterne im Meer versunken waren, hatte er drei fast armlange, fette Fische gefangen, die im Vorderteil des Einbaums zuckten.
    Wieder einige Zeit später, als er aufs Meer hinausschaute, sah er, dass riesengroße Luftblasen auftauchten, eine nach der anderen, wie frische Palmnüsse im Wasser trieben. Ein unhörbarer Wind schob sie näher. Fünf zählte er, dann noch einmal fünf, dann vier. Von solchen milchigen Blasen hatte er nicht einmal geträumt. Sie kamen näher wie ein Schwarm jagender Palmenvögel, ohne Wellen, als ob sie, kaum eingetaucht, über die Wellen glitten. Eine Blase, weißlich leuchtend im Sternenlicht, schaukelte über das Riff, durch die laute Brandung, ohne aufgeschlitzt zu werden. Sie näherte sich lautlos und langsam. In ihrem Inneren, wie in einem Vogelei mit dünner Schale, kauerte ein Wesen, das von einer trägen Flüssigkeit bewegt wurde.
    Heaq starrte das unheimliche Etwas an. Es war kein Mensch. Eher ein Vogel, aber mit weichen Schwingen und einem Schwanz, ohne Finger, mit einem Kämpferfischkopf. Aber die Flüssigkeit verwischte die Umrisse, sodass Heaq keine Einzelheit wirklich erkannte und deuten konnte. Die Blase glitt an ihm vorbei, die Anderen schoben sich auf die Insel und das Land zu; geheimnisvoll, langsam und lautlos. Nur das Geräusch der Wellen begleitete die dahinziehende Bewegung.
    Heaq fürchtete sich. In dieser Nacht war Unglaubliches, Wunderbares geschehen. Was er gesehen hatte, lag weit außerhalb seiner Welt. Was es bedeutete, erahnte er nicht einmal.
    Heaq war ein bartloser, kräftiger Mann mit mittelbrauner Haut, dichtem schwarzem Haar und schnellen, schwarzen Augen. Er schwamm wie ein Fisch, war ein Meister mit dem Schnitzstein und der beste Feuerfischer der Insel, von dem alle sagten, dass er, obwohl er erst fünfmal fünf Herbststürme erlebt hatte, alles über Luft, Meer, Palmen, Haus- und Bootsbau wusste. Aber trotz der Furcht vor den Feuerkugeln, die das Meer gelöscht hatte, würde er versuchen,

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