Atlan 08 - Illochim 02 - Im Bann der Gatusain
dieser Grund war vorstellbar. Sie wusste ihn dort draußen, in diesem Linearraum genannten Bereich zwischen Normaluniversum und Hyperraum.
Endlich stand sie vor der Tür zu ihrem Quartier. Sie öffnete und trat ein, einen letzten Blick in den Korridor werfend. Sie verriegelte das positronische Schloss, stieg in die Muschel und schlief augenblicklich ein.
Die Alpträume blieben zurück.
Die Untersuchung des Artefakts brachte die Wissenschaftler keinen Schritt weiter. Allzu sehr mit ihren Experimenten in die Tiefe gehen durften sie nicht, was manche hinter vorgehaltener Hand kritisierten, wie ich mitbekam. Das änderte nichts daran, dass sie sich zurückhielten. Schließlich hing Lis Leben von der Funktionstüchtigkeit der Auster ab. Fiel sie aus, starb Tristan innerhalb von ein paar Tagen. Das hatte ich ihnen deutlich zu verstehen gegeben. Sein Leben lag auch in ihren, nicht nur in den Händen des Ärzteteams, das ihn behandelte. Wie mein eigener körperlicher Entzug aussähe, wenn ich meine Strahlungsdosis nicht mehr erhielt, wagte ich mir nicht vorzustellen.
Da es wieder einmal soweit war, marterte mich die Überlegung ganz besonders. Ich rutschte auf meinem Platz hin und her, kaum noch in der Lage, mich auf die Vorgänge um mich herum zu konzentrieren. Es juckte mich in den Fingern, zum Laderaum zu laufen, doch die Vernunft hielt mich zurück. Solches Glück wie gestern, als ich so eben um eine Entdeckung herumgekommen war, hätte ich kein zweites Mal. Mir musste etwas einfallen, eine Ablenkung.
Plötzlich hatte ich eine Idee. Von meinem Platz aus bekam ich Zugriff auf die Positronik. Ich erstellte ein kurzes Szenario und hämmerte es in die Bedienungselemente. Als ich zum Abschluss die Bestätigung eingab, flammte rotes Licht auf. Ein durchdringender Ton alarmierte die in der Zentrale versammelten Spezialisten.
»Ein automatischer Alarm?«, kämpfte Cada Legove stimmlich gegen den Lärm an. »Haben wir etwas in der Ortung, das ihn ausgelöst hat?«
»Negativ«, meldete Luella Tarra. »Da ist weiterhin die ESHNAPUR mit Fluchtgeschwindigkeit, sonst nichts.«
»Was das bedeutet, ist klar. Eine Bedrohung aus dem Schiffsinneren«, ergriff Cres Eppenroq das Wort. »Der Alarm stammt aus dem Lager, in dem der Sarkophag untergebracht ist.«
»Falsch. Meinen Werten zufolge wurde er in der Zentrale ausgelöst. Was geschieht hier?«
»Ich bin dafür verantwortlich«, verkündete ich, um das Chaos nicht zu vergrößern. Außerdem schmerzte mich jede Minute, die ich länger warten musste.
Legove starrte mich an wie einen Geist. »Sie, Sir? Bei einem Zwischenfall im Lagerraum hätten sich die Wissenschaftler gemeldet. Was haben wir übersehen?«
»Nichts, Spezialist. Probealarm.« Schwer spürte ich die Blicke aus einem Dutzend Augenpaaren auf mir ruhen. »Aber ich wünsche, dass er absolut ernst genommen wird. Vorgehen wie unter Gefechtsbedingungen. Der Sarkophag ist zur Bedrohung geworden. Unsere Kameraden im Lagerraum wissen noch nichts von der Gefahr. Sie schweben in Lebensgefahr.«
Nachim Emcheba reagierte am schnellsten. Er hieb auf die Interkomtaste. »Notfallalarm. Geräte ausschalten und alle raus aus dem Lager. Keine Rückfragen. Erklärungen folgen später.«
Ich nickte ihm lobend zu. »Verfolgung weiter aufrecht erhalten. Die Zentrale gehört Ihnen, Legove. Weiteres Vorgehen nach eigenem Ermessen, als sei ich nicht an Bord und stünde nicht für Rückfragen zur Verfügung. Ich werde das Funktionieren der Mannschaft von meiner Kabine aus bewerten, bis ich den Alarm abblase. Bis dahin bleiben alle auf ihren Posten.«
»Verstanden, Sir.«
Ich wandte mich in der Hoffnung zum Ausgang, dass niemand Verdacht schöpfte. Probealarme bei Einsätzen waren bei der USO keine Seltenheit, doch selbst mit meinem fotographischen Gedächtnis erinnerte ich mich an keinen, der in einer Situation wie der unseren gegeben worden war.
»Dürfen Tristan und ich hier bleiben?« Cleany Havedge sah mich skeptisch an. Hatte ausgerechnet der biedere, weltfremde Kurator etwas gewittert?
»Genehmigt. Schön sitzen bleiben und den Spezialisten nicht auf die Nerven gehen«, ermahnte ich ihn. Dann war ich draußen. Ich atmete tief aus, keinen Zweifel daran hegend, dass der Lagerraum wie angeordnet verlassen war. USO-Spezialisten im Einsatz diskutierten nicht über Befehle, weil eine einzige Sekunde Nachlässigkeit über Leben und Tod entscheiden konnte. Ich beglückwünschte mich zu meinem Einfall.
Der Trick eines Süchtigen
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