Atlan 11 - Monolith 01 - Planet der Silberherren
und nahm mit den Instrumenten der Brille und des Allzweckarmbands noch einige Untersuchungen vor. Ich konzentrierte mich auf den Verdauungsbereich und wurde schnell fündig. »Im Magen des Toten haben die Taster etwas gefunden, was dort nicht hingehört.«
»Sir?«
Ich zögerte, aber nur kurz. Eine ordentliche Bestattung konnten wir Rion Parth nicht zukommen lassen. Wir hatten Aufnahmen gemacht und Gewebe entnommen; uns würde nur übrig bleiben, seine sterblichen Überreste mit dem Desintegrator aufzulösen. »Es wird jetzt etwas unangenehm«, sagte ich und fing mit der Bauchdecke an. »Danken wir meiner langen Lebenserfahrung«, murmelte ich, um mich ein wenig von dem abzulenken, was getan werden musste.
Während meiner Zeit unter den Barbaren von Larsaf III war ich mehrmals in die Zwangslage geraten, meinen Zellaktivator verbergen zu müssen, damit man ihn mir nicht abnahm. In höchster Not hatte ich ihn manchmal sogar verschlucken müssen. Einige Narben an meinem Bauch zeugten noch von den Operationen, mit denen man ihn wieder herausgeholt hatte. Um mein Überleben zu sichern, hatte ich manchem Feldscher genaue Anweisungen gegeben, wie er vorzugehen hatte.
Im Magen des Agenten befand sich ein Datenträger, ein kleiner Kristall, der mit jedem gängigen Abspielgerät und sogar den Instrumenten in meiner Brille ausgelesen werden konnte. Ich hüllte ihn in ein Tuch und steckte ihn ein. »Mal sehen, was er uns verrät.« Anschließend desintegrierte ich die Leiche vollständig.
»Und nun ist Ulcarach auf der Flucht?«, fragte Santjun, als wir wieder aus dem Nebenraum krochen.
»Davon müssen wir ausgehen. Und auch davon, dass er seine Spuren wahrscheinlich gekonnt verwischt hat.« Schließlich war er ja in den Genuss einer hervorragenden Ausbildung gekommen, und seine Panik würde nach einer Weile professioneller Besonnenheit weichen.
Santjun schlug nicht vor, ihm Hals über Kopf nachzujagen. Auch seine Ausbildung war von höchster Qualität.
»Wir kehren in unsere Herberge zurück«, entschied ich, »schlafen, sehen uns den Datenträger an und überlegen uns dann in Ruhe die nächsten Schritte.«
Als wir das Gasthaus erreichten, entdeckte ich auf Anhieb einen Beschatter. Es war nicht der, der dort zurückgeblieben war, als wir es verlassen hatten, sondern ein anderer, unbekannter Thanatoner, der vier Gebäude weiter in einem Hauseingang herumlungerte und sich in die Schatten drückte, als er uns kommen sah.
Nach kurzer Beratung mit dem Extrasinn entschloss ich mich, ihn zu ignorieren. Wer auch immer uns beobachten ließ, er legte es im Augenblick nur darauf an, über unsere Schritte informiert zu bleiben. Dennoch aktivierte ich, bevor wir uns schlafen legten, einige Geräte aus unserem getarnten Ausrüstungsfundus, die sicherstellten, dass niemand unbemerkt in unser Zimmer eindringen konnte.
Rion Parths Datenträger bot einen Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele, die sich in den letzten zehntausend Jahren nicht großartig verändert zu haben schien.
Der USO-Agent hatte sich verliebt. In eine Einheimische. So etwas kollidierte zwar mit den Dienstvorschriften, passierte aber. Er hatte das Verhältnis schließlich legalisiert, zuerst innerhalb der Familie, wie die Lemurerabkömmlinge auch auf Thanaton das Geflecht der sozialen Bindungen nannte, das sich allmählich zwischen Parth, Ulcarach und den von ihnen beschäftigten Ortsansässigen entwickelt hatte, dann auch außerhalb. Danach der nächste unverzeihliche Fehler: Er hatte seiner thanatonischen Frau Coal'ha von seiner wahren Identität erzählt, von den vielen Welten, die jenseits von Thanaton auf sie warteten.
Wir hatten schon manche Agenten verloren, die auf Hinterwäldlerplaneten »verschollen« waren. Wenn man dort »Familienanschluss« fand, war der Zivilisationsstand relativ egal. Gewiss hatte Rion Parth es sich nett eingerichtet. So stressfrei wie möglich. Und dann hatte er sich in Lügengeschichten verwickelt, und irgendwann war die Situation außer Kontrolle geraten.
Coal'ha hatte Gefallen an den Geschichten über die fremden Welten gefunden und sie kennenlernen wollen. Parth hatte kalte Füße bekommen und einen Rückzieher gemacht. Daraufhin hatte Coal'ha sich an Ulcarach herangemacht. Der war nach einigem Zögern auf die Avancen eingegangen. Parth hatte noch kältere Füße bekommen und bei seinem Kollegen Tendenzen zum Größenwahn festgestellt.
Dann war die Situation eskaliert. Parth hatte um sein Leben gefürchtet,
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