Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen
festgeschnallt waren. Naileth Simmers blieb unschlüssig vor dem Schott stehen.
»Danke. Ich komme allein zurecht.«
Sie stieg aus und ließ die schwere Tür zugleiten. Ich ging vor der untersten Liege in die Knie, riss den Brustsaum des Anzugs auf und zerrte den Zellaktivator heraus. In langen zeitlichen Abständen hatte ich versucht, die Wirkung dieses Unsterblichkeits-Wundergeräts auf die gleiche Weise anzuwenden; mit und ohne Erfolg. Die Gesetzmäßigkeit war mir bis zum heutigen Tag völlig unbekannt. Ich blickte in das weiße Gesicht des USO-Spezialisten, legte den Aktivator auf die bandagierte Brust und wartete. Vielleicht rettete ich sein Leben, vielleicht nicht. Ich schloss die Augen und bekämpfte meine Erschöpfung und wusste, dass ich, selbst wenn ich den Aktivator erfolgreich einsetzte, nicht jedem meiner Leute würde helfen können. Wieder begann die Zeit scheinbar langsamer zu vergehen.
Leise, fast schmeichelnd bemerkte nach einiger Zeit der Extrasinn: Ein weichherziger arkonidischer Altruist! Bist du nicht selbst überrascht? Rhodan würde dich loben.
Ich verzichtete auf eine gedachte Antwort und genoss die Stille und das vorläufige Ausbleiben weiterer Psi-Stürme.
Meistens belehrt uns erst der Verlust über den Wert der Dinge , dachte Naileth Simmers. Und über den Wert von Menschen.
Sie saß am Rand der Lichtung auf einem nicht allzu unbequemen großen Kiesel und richtete ihren Blick auf eine etwa kniehohe Pflanze, die zwischen kleineren Steinen wuchs, hellgrüne Triebe und eine flammenfarbene Blüte zeigte, so groß wie ein kleiner Kinderkopf. Ihr Schiff war ein Wrack, und seit dem Augenblick, in dem Santjun als vermisst gemeldet worden war, fehlte er ihr – trotz der wenigen Begegnungen, die ihnen die dahinjagenden Ereignisse gegönnt hatten.
War die Blüte, die im Gegensatz zu allen anderen Erscheinungsformen des Lumbagoo-Dschungels unschuldige Schönheit zu verkörpern schien, ein Symbol für ihr menschliches Interesse am »Weltenbummler-Typ« Santjun? Zuerst hatten seine körperlichen Symptome ihr Erstaunen hervorgerufen, dann hatte sie seine ruhige Stärke beeindruckt, und jetzt dachte sie, angesichts eines Beispiels blühender Xenobiologie, an andere Eigenschaften Santjuns. Solche, von denen sie glaubte, dass er sie besaß. Solche, wie sie ihr Ehemann während des Einsatzes auf der PERSEPHONE vor einem Dutzend Jahre hatte vermissen lassen. Solche, die sie auch an anderen Männern vermisst hatte, die sich ihr genähert hatten.
»Mit dir hätte ich über all das reden können«, sagte sie leise zu der Blüte, deren Blattspitzen sich in dem ständigen Wind leicht zitternd bewegten. Aber sie meinte Santjun und dessen kontrolliertes Wesen. »Und dich hätte ich am liebsten in meinem hydroponischen Garten, zwischen den anderen Pflanzen.«
Sie streckte die Hand aus und zupfte an den Halmen des Stängels, betrachtete deren Äderung und die fadendünnen Schnörkel, in die manche Blätter ausliefen.
Werde ich Santjun in dem anderen Raumschiff finden? Oder im Monolithen? Oder ist er in seiner Jet umgekommen?
Alles, was sie heute dachte und empfand, war eigentlich schon während der Studienzeit auf Plophos angelegt gewesen. Schon damals war sie von – wenigen – Männern fasziniert gewesen, in denen sie nun Santjun wiederzuerkennen glaubte. Dazu kam, dass sie größer war als der Durchschnitt der Männer und mit ihren 180 Zentimetern meist in die Schatten in den Stirnfalten ihrer Gegenüber hinunterblickte. Die Auswahl blieb auch in der Flotte gering. Bis sie Atlan kennenlernte, der Santjun zwar nicht ähnlich sah, aber mit ihm manche Charaktereigenschaft zu teilen schien.
Atlan saß irgendwo in ihrem Rücken in einem Shift und beschäftigte sich mit dem Eingeborenen. Santjun … ja, wo war Santjun? Plötzlich entwickelte sich, unkontrolliert und unkontrollierbar, in ihr die Vorstellung einer Reihe verliebter Stunden mit dem Zielobjekt ihrer Gedanken, einiger Szenen in der Schiffsmesse, in der sie die Umgebung völlig vergaßen, nur sich selbst sahen und berührten, und einer langen, zärtlichen und leidenschaftlichen Liebesnacht in der Kommandantenkabine der IMASO. Als die Vision die höchste Stufe der Dichte und der Vollkommenheit erreicht hatte, berührte sie jemand an der Schulter.
Iasana Weiland stand hinter ihr und reichte ihr, als sie aufschaute, einen Becher aus Schaumstoff. Die Plophoserin sagte mit entschuldigendem Lächeln: »Garantiert ungenießbarer
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