Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
sie größtmögliche Freiheiten bei ihrer Aufgabe bekam.
»Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem«, sagte sie und lächelte. »Wir müssen ihnen ja nicht alle unsere Erkenntnisse gleich offenbaren. Ich bin sicher, dass wir auch nur das Nötigste erfahren, was uns die Administration mitteilen will. Sie kennen doch die Geheimniskrämerei der Aktivatorträger, Chef«
Sie ahnte nicht, wie sehr sie mit ihrer Einschätzung der Lage recht hatte.
Partack, Varinar und einige ihrer engsten Mitarbeiter befanden sich am Durchbruch des Antares-Stollens, genau da, wo er an die Capella-Kaverne anschloss. Mehrere Gänge, die teils noch unerschlossen waren, zweigten von hier aus ab.
Varinar blickte sich langsam um. Über dem Mehrzweckarmband seines Schutzanzugs, das er am linken Handgelenk trug, entstand ein etwa einen Meter hohes Hologramm mit einem Abbild der näheren Umgebung. Darin war verzeichnet, wo alle bekannten Stollen hinführten.
»Rechts oder nicht rechts, das ist hier die Frage.« Francowitsch spielte mit der faden Abwandlung von Shakespeares Hamlet-Zitat auf Varinars Unentschlossenheit an, wohin sie sich wenden sollten.
»Der kürzeste Weg ist nicht automatisch der schnellste«, antwortete der Professor. »Manchmal geht es über einen Umweg schneller. Was sagen Sie dazu, Kollege Stromer?«
Der Angesprochene blickte Varinar an und verdrehte die Augen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Schon seit Tagen ging es dem Doktor schlecht, aber so elend wie heute hatte er bisher noch nicht ausgesehen. Seine Hautfarbe bestand aus einem weißlichen Grün.
»Ich … ich …«, keuchte er und ruderte verzweifelt mit den Armen. Sein Blick ging ins Leere.
Und dann kippte Doktor Bakath Stromer einfach um.
Lara Francowitsch war sofort bei ihm und überprüfte die Anzugpositronik. Doch der Minirechner hatte schon Alarm gegeben, als die Werte des Lemurerforschers bedrohlich abgesunken waren. Gleichzeitig hatte er die Schwerkraftwerte des Mikrogravitators herabgesetzt, damit der Forscher nicht mit dem Helm auf den steinernen Boden aufprallte und das Kunststoffglas des Helms zerbrach. Nach wenigen Sekunden befanden sich zwei entfernt humanoid aussehende Medorobots bei dem Patienten.
Doktor Stromers Körper wurde sorgfältig durchgescannt. Einer der beiden Medorobots fungierte als Arzt für Notfälle, der andere wurde zumeist als Träger gebraucht. Nach der ersten Überprüfung stand eine Kurzdiagnose fest: »Der Patient leidet an einer Vergiftung. Er muss dringend in die Basisklinik.«
»Eine Vergiftung? Wie sollte die wohl möglich sein?«, entfuhr es Professor Varinar. Die Antwort darauf verblüffte ihn ebenso wie seine Assistentin. Nie zuvor hatte er von etwas Derartigem gehört.
»In seinem Magen befindet sich eine silberne Metallsubstanz aus einem leicht nachgiebigen organischen Gitter mit ultraschweren Atomen. Es enthält winzige kristalline Einschlüsse, die sich immer wieder zu neuen Strukturen umordnen.«
»Haben Sie auch nur ein Wort von dem Geschwafel verstanden, Professor?«, fragte Lara Francowitsch, während sich die beiden Medoroboter entfernten. »Ich habe nur etwas von Metallsubstanz, organischem Gitter und kristallinen Einschlüssen mitbekommen. Aber Gesundheitslehre hat mich eh noch nie interessiert. Und eine Mischung zwischen Medizin und Historie finde ich ziemlich schräg.«
Turk Varinar blickte den beiden Robotern sinnend nach. Sie hatten schon mit Doktor Stromers Entgiftung begonnen, noch ehe sie in den Zug eingestiegen waren, der sie zur Basisklinik bringen sollte.
»Das ist nicht normal, Lara!«, keuchte der Forscher und ballte die Hände zu Fäusten. »Einfach nicht normal. Und irgendwie stecken wir mit drin.«
»Was meinen Sie damit, Chef?« Francowitsch furchte die Stirn und schaute dem Professor in die Augen, gerade so, als wollte sie den Beweis dafür haben, dass er nicht unter einem Fieberanfall litt. »Ich verstehe Ihre Worte nicht. Aus welchem Grund sollten wir mittendrin stecken? Wo drin?«
Varinar biss sich auf die Unterlippe. Er wollte sich gedankenverloren mit der Rechten durch die Haare fahren, bemerkte aber dann, dass sein Helm dazwischen lag, und zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen.
»Kollege Stromer wurde dem Medorobot zufolge vergiftet. Es ist bekannt, dass er und ich uns beharken, wo es nur geht, ja, dass wir eher feindlich miteinander umgehen denn kollegial. Auf wen wird wohl der erste Verdacht fallen, Kollegin Francowitsch?«
Seine Assistentin kniff die Augen
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