Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
Frau. Die Wand rückte immer näher und näher. Der Gestank war unerträglich und raubte ihnen fast die Sinne.
Atlan versuchte, in dem Müll einen großen und schweren Gegenstand zu finden, um diesen quer zur Bewegungsrichtung der Wand so einzuklemmen, dass diese aufgehalten wurde. Aber da war nichts, was sich hätte verwenden lassen.
»Da!«, schrie Valara plötzlich. Ihre Hand zeigte auf das Mahlwerk. An einer Stelle, nur wenige Meter rechts von ihnen, fehlte ein Teil eines der Zähne. Offenbar war es irgendwann einmal abgebrochen und bislang nicht ersetzt worden. Die Öffnung, die so entstanden war, war fast eineinhalb Meter groß.
Atlan schob Edo auf das Loch zu. Der Mutierte ließ alles willig mit sich geschehen. Die Terra-Idealistin folgte dicht hinter ihm.
»Geh du zuerst, Valara«, sagte Atlan. »Ich schiebe dir Edo durch. Und mach schnell.« Sie hatten kaum noch Platz zwischen der Wand und den mahlenden Stahlzähnen.
Valara zwängte sich an den beiden vorbei und schlüpfte geschmeidig in die Lücke. Sofort drängte Atlan Edo hinterher. Der Riese hatte einige Mühe, sich durch den engen Zwischenraum zu schieben, schaffte es jedoch mit Valaras und Atlans Hilfe. Dann war die Wand auch schon vor den Zähnen angelangt. Atlan wurde förmlich in die Öffnung gepresst.
Hinter dem Mahlwerk glitt er auf einer breiten Rampe abwärts. Vor ihm rutschten Valara und Edo in ein Becken, in dem der zerkleinerte Müll mit Wasser vermengt wurde. Der Arkonide sank bis zur Brust in den Morast. Neben ihm stand Edo. Die viel kleinere Valara hatte Mühe, wenigstens ihren Kopf über der Oberfläche des Müllsees zu halten. Über ihnen verstummte in diesem Moment das Mahlwerk.
Auch in diesem Raum brannte nur ein kleines Notlicht weit oben an der Decke. Da seine Augen aber inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt waren, konnte Atlan die Umgebung gut erkennen. Seitlich in einer Höhe von etwa fünf Metern über der Oberfläche war ein viereckiges Gelass erkennbar. Dort musste auch ein Ausgang sein. Er machte Valara darauf aufmerksam.
»Jetzt müssen wir nur noch dort hinauf.« Sie wateten langsam zu der Stelle, wo hoch über ihnen das rettende Schott zu sehen war. Aus der Nähe erkannte Atlan ein kleines Trittbrett vor dem Stahlrahmen.
»Selbst wenn wir uns übereinanderstellen, kommen wir nicht ran«, stellte er fest »Wenn der Wasserspiegel höher wäre ...«
»Wie meinst du das, Freund Atlan?«, fragte der Chamäleonmensch.
»Schon gut, Edo. Du kannst hier nichts tun. Ich dachte nur, dass wir den Ausgang erreichen könnten, wenn das Wasser höher stände.«
»Für mich steht es hoch genug«, sagte Valara mit zittriger Stimme. »Ich kann nämlich nicht schwimmen.«
»Schwimmen?« Edo wiegte den mächtigen Schädel. »Edo kann schwimmen. Edo kann tauchen. Edo kann Wasser höher machen. Passt auf.« Er schnellte plötzlich in die Höhe und verschwand dann mit lautem Platschen in der dreckige Brühe.
»Was hat er vor?«, fragte Valara misstrauisch.
»Ich weiß es nicht.« Atlan stellte sich an die Wand und winkelte ein Bein an. Dann packte er die Frau und stellte sie auf seinen Oberschenkel. Auf diese Weise ragte Valara fast bis zur Hüfte aus dem Schmutzbrei. Sie stützte sich an der Wand ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»An Bord der SOL ist die Notwendigkeit, schwimmen zu lernen, nicht sehr groß«, meinte sie entschuldigend. Atlan lachte leise.
Mehr als eine Minute verstrich. Dann tauchte Edo wieder auf. Er schüttelte kleine Trümmerstücke und Müllreste von seinem Körper.
»Edo hat das Ventil gefunden und aufgedreht«, schnaufte er. »So, wie Papa es ihm gezeigt hat.« Tatsächlich begann das Wasser schnell zu steigen.
»Das hast du großartig gemacht, mein Freund«, lobte Atlan. Der Chamäleonmensch war sichtlich stolz. Er streckte beide Arme hoch und grinste breit.
»Gib mir Valara. Edo kann für zwei schwimmen.«
»Danke!« Valara ließ sich nach unten gleiten. Edo hielt sie mit einem seiner starken Flossenarme fest und hob sie aus der sumpfigen Brühe. Das Wasser stieg jetzt immer schneller. Als nur noch knapp zwei Meter bis zu dem kleinen Sims fehlten, forderte Edo Atlan auf, ebenfalls auf seine Schulter zu steigen. Vorsichtig kletterte der Arkonide an dem Mutierten hoch. Der hielt das Gleichgewicht ohne Mühe, selbst mit Valara auf der anderen Seite.
Atlan griff nach dem Vorsprung. Mit einem Klimmzug hievte er sich in die Höhe. Das Sims war sehr schmal, aber er konnte darauf stehen. Seine
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