Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
eines Doppelgängers, und die Verbindung mit Valara Brackfaust untermauerte diese Vermutung. Zweifellos besaß die Terra-Idealistin zahlreiche Informationen aus der Zeit vor der Selbstständigkeit der SOL und über die Erde selbst.
Für ihn als Solaner war Terra nichts weiter als ein Symbol. Die Vorfahren der Solaner stammten von der Erde. Das war alles, und es war nicht wichtig.
Valara Brackfaust musste jemanden aufgetrieben haben, der eine außergewöhnliche Ähnlichkeit mit Atlan besaß. Das war die einzig logische Lösung. Es war abzusehen, dass sie ihr Double als eine Art Galionsfigur für ihre Bewegung einsetzen wollte. Demnach war auch der falsche Atlan automatisch Deccons Feind.
Rätselhaft blieb, woher dieser Mann die Selbstsicherheit im Auftreten und das Geschick bei seinen Handlungen nahm. Wo hatte er sich all die Jahre verborgen gehalten, ohne aufzufallen? Für einen Moment liebäugelte Deccon mit der Idee, der Betrüger könnte irgendwo aus den Kreisen der Vystiden oder Ahlnaten stammen. Die Magniden selbst schieden aus. Diese zehn Männer und Frauen kannte er besser als sich selbst. Und die niedrigeren Kasten hätten niemals einen solchen Mann hervorgebracht.
Was dieser Hochstapler bislang erreicht hatte, war zweifellos beeindruckend. Das Geheimnis, das ihn umgab, musste gelüftet werden. Jetzt, da er eindeutige Bilder des echten Atlan besaß, sollte es keine große Schwierigkeit mehr sein, diesen Mann zu fassen.
Er wählte über den Interkomanschluss das Hauptquartier der Vystiden an. Es dauerte nur Sekunden, bis Aksel von Dhrau auf dem Bildschirm erschien. Der eitle Vystiden-Chef sah das Symbol des High Sideryt auf dem Bildschirm, und schon verwandelte er sich in jenen erbärmlichen Speichellecker, der er in den Augen Deccons war. Unterwürfig erkundigte er sich nach dem Begehren des Bruders ohne Wertigkeit.
»Es treibt sich ein Mann auf der SOL herum, der unbedingt gefasst werden muss. Wahrscheinlich hält er sich in der SZ-1 auf, es sei denn, ihm wäre inzwischen ein Wechsel in einen anderen Teil des Schiffes gelungen. Der Mann ist gefährlich. Er geht raffiniert vor, sodass äußerste Vorsicht geboten ist. Sein wahrer Name ist unbekannt, aber er nennt sich Atlan. Wahrscheinlich befindet sich Valara Brackfaust, die Chefin der Terra-Idealisten, in seiner Begleitung. Auch sie ist festzunehmen. Ich will diesen Mann unter allen Umständen lebend. Wer ihn tötet, tötet sich selbst. Hast du das verstanden?«
»Ich habe verstanden, Bruder ohne Wertigkeit«, antwortete von Dhrau. Auf seiner Stirn stand ein Heer winziger Schweißperlen.
»Gut. Ich überspiele dir jetzt ein paar Aufnahmen des Mannes. Gib sie an alle Vystiden und Haematen weiter. Wenn ihr den Mann gefangen habt, ist er mir unverzüglich persönlich vorzuführen. Führe meine Befehle aus, und du wirst es nicht bereuen. Versage, und du wirst dir wünschen, niemals geboren worden zu sein.«
Grußlos unterbrach der High Sideryt die Verbindung. Er schaltete noch einmal die Spule ein und betrachtete die Bilder. Diesmal ließ er die Aufzeichnung bis zum Ende laufen. Als dort von einem sogenannten Zellaktivator die Rede war, hörte er skeptisch zu. Angeblich sollte dieses unscheinbare Gerät seinem Träger relative Unsterblichkeit verleihen. Der echte Atlan hatte laut Überlieferung ein solches Objekt besessen.
Deccon schüttelte den Kopf über diesen Unsinn. Unsterblichkeit? Davon träumte vermutlich jedes Lebewesen dieses Universums früher oder später. Er schenkte diesem Punkt keine weitere Aufmerksamkeit. Stattdessen fiel sein Blick auf den Stapel von Meldungen aus den letzten beiden Tagen, die er noch nicht gelesen hatte.
Er schaltete die Hyperfunkempfänger ein, denn das gleichmäßige statische Rauschen wirkte beruhigend auf seine aufgewühlten Nerven. Dann begann er in den Folien zu blättern. Allerdings nahm er ihren Inhalt nicht wirklich auf. Seine Gedanken schweiften immer wieder ab, und vor seinem inneren Auge erschienen die markanten Züge des weißhaarigen Fremden. Chart Deccon hatte das Gefühl, etwas zu übersehen, einen Fehler zu machen – und dieses Gefühl trieb ihn langsam, aber sicher zur Verzweiflung.
7.
Edo klammerte sich ängstlich an Atlan, als die mannshohen Zähne des Mahlwerks immer näher rückten. Der Abstand zwischen der Wand und der tödlichen Öffnung betrug weniger als einen Meter.
»Das Ding muss doch einmal stehen bleiben«, keuchte Valara. Doch das Ding kümmerte sich nicht um die Meinung der
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