Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
Finger tasteten nach einem Öffnungsmechanismus. Er fand einen einfachen Hebel, einer Türklinke nicht unähnlich, wie es sie früher auf der SOL nicht gegeben hatte.
Zu seiner Erleichterung ließ sich die Tür ohne Schwierigkeiten öffnen. Er blickte in eine Maschinenhalle, die hell erleuchtet war. Menschen sah er dort nicht, aber er konnte nicht den ganzen Raum überblicken. Neben dem Ausgang hing eine Leiter. Atlan packte sie und hängte sie an dem Sims ein.
»Los!«, rief er nach unten. »Auf die Leiter und nichts wie raus aus diesem Loch.« Er half Valara auf den letzten Trittstufen. Dann folgte Edo. Als das Schott hinter ihnen zufiel, starrten sie sich gegenseitig an. Ihre Kleidung war voller Abfallreste und völlig verschmutzt.
Plötzlich stieß die Terra-Idealistin einen spitzen Schrei aus.
»Piex!« Sie begann hektisch in ihrer Kombination zu wühlen. »Der arme Kerl war die ganze Zeit unter Wasser. Ich hatte ihn total vergessen. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn er ...«
Sie verstummte, als sie das kleine Igelwesen fand und aus einer Tasche zog. Die Stacheln des Tieres lagen glatt am Körper an. Es bewegte sich nicht. Dann jedoch richteten sich die dunkelgrünen Spitzen auf. Ein daumennagelgroßer Kopf wurde sichtbar. Er drehte sich in Valaras Richtung. Ein feiner Wasserstrahl schoss aus dem winzigen Mäulchen und traf die Frau mitten ins Gesicht.
»Das habe ich verdient«, sagte Valara erleichtert. Sie nahm den kleinen Extra und drückte ihn an die Wand. Piex blieb dort unbeweglich hängen.
»Keine Gefahr«, stellte sie kategorisch fest.
»Auch die Luft ist hier sauber.« Atlan atmete tief durch. »Alles, was ich jetzt noch brauche, ist eine Hygienezelle.« Sie hinterließen eine feuchte Dreckspur, als sie sich auf den Weg machten. In einem Nebenraum fanden sie tatsächlich eine Reihe von Duschen. Offenbar wuschen sich hier die Arbeiter der Müllverwertungsanlage, wenn ihre Schicht endete.
»Häng Piex so auf, dass wir ihn sehen können«, ordnete Atlan an. Eine halbe Stunde später standen sie wieder einigermaßen sauber in der Maschinenhalle. Der strenge Geruch steckte allerdings noch immer in ihren Kleidern, wenn auch nicht mehr ganz so penetrant. Piex hing unverändert an der Wand und rührte sich nicht.
»Ich bin müde«, bekannte Valara. »Seit ich mit dir unterwegs bin, schlafe ich zu wenig.«
»Edo ist auch müde. Und hat Hunger.«
»Weiß jemand, wo wir sind?«, fragte Atlan. »Ich kenne diese Art von Recycling nicht. Früher hat es so etwas nicht auf der SOL gegeben.«
»Edo weiß, wo wir sind. Soll Edo euch in unser Versteck führen?«
»Wenn du das kannst. Etwas Ruhe kann uns nicht schaden.« Der Mutierte steuerte die Mitte des Raumes an. Dort öffnete er eine große Klappe im Boden. Warme Luft strömte ihnen entgegen.
»Eine Abkürzung«, meinte der gutmütige Riese. »Edo benutzt sie oft.« Der Reihe nach kletterten sie durch die Öffnung. Die warme Luft trieb die letzte Feuchtigkeit aus ihrer Kleidung.
In leichter Schräge ging es abwärts. Eine Art Kanal zog sich über mehrere Decks. Atlan war skeptisch, weil er nicht wusste, auf was er sich da eingelassen hatte, aber Edo rief immer wieder: »Keine Angst. Das ist ein guter Weg.«
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie eine weitere Maschinenhalle, in der riesige Turbinen installiert waren. Atlan vermutete, dass es sich um einen Teil des Systems zur Sauerstoffversorgung handelte. Edo deutete auf die gegenüberliegende Seite.
»Da ist der Ausgang. Menschen gibt es hier nicht, nur dumme Roboter.« Atlan erblickte zwei Maschinen, die aber keine Notiz von ihnen nahmen.
Der Ausgang führte in einen Korridor. An der Beschilderung erkannte der Arkonide, wo sie waren. Ihr altes Versteck lag nur noch ein Deck entfernt. Dort fanden sie wenige Minuten später eine Notiz von Argan U. Der Puschyde hatte ein dickes Nahrungsmittelpaket zurückgelassen, über das sich das ungleiche Trio heißhungrig hermachte.
»Hast du schon einmal etwas von den Schläfern gehört, Edo?«, fragte Atlan, nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten. »Ich glaube, es gibt irgendwo auf der SOL einen Ort, wo ein paar Menschen in biologischem Tiefschlaf liegen.« Der Chamäleonmensch überlegte eine Weile.
»Nein«, sagte er dann. »Aber Edo wird jetzt schlafen.« Er schluckte den letzten Bissen hinunter und legte sich hinter einer alten Blechkiste einfach auf den Boden. Schon Sekunden später waren seine gleichmäßigen Atemzüge zu hören.
Valara
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