Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
Brackfaust gähnte vernehmlich.
»Leg dich ruhig hin.« Atlan streckte seine Hand aus. »Aber lass mir Piex. Ich bleibe wach.« Er lehnte sich an die Wand. Piex hing ruhig über seiner linken Schulter.
Atlan schloss für einen Moment die Augen. Er war jetzt zwölf Tage an Bord der SOL. Dabei hatte er völlig unerwartete und chaotische Verhältnisse angetroffen. Der Auftrag, den ihm die Kosmokraten gegeben hatten, war damit zunächst einmal undurchführbar.
Hinzu kam die Gefahr durch den Zugstrahl, der sie immer tiefer ins Mausefalle-System hineinzwang. Und ein SENECA, der ihn zwar erkannte, ihm aber nicht gehorchen wollte oder konnte. Über diesen trübseligen Gedanken nickte er ein.
Eine Berührung an der Schulter ließ ihn zusammenzucken. Schlagartig war er wach.
Seine rechte Hand fasste nach Piex, der über seine Schulter von der Wand gepurzelt und in seinem Schoß gelandet war. Das Tier hatte sämtliche Stacheln steil aufgerichtet ...
Auch der High Sideryt fand in dieser Nacht keine Ruhe.
Er hatte sich gerade in die von seiner Klause abgeteilten Kabinen zurückgezogen, um ein paar Stunden zu schlafen, als ihn ein Alarmsignal aufschreckte. Nach einer kurzen Erfrischung in der Hygienekammer eilte er zu einem der Kontrollpulte. Automatisch flammte die volle Beleuchtung auf.
Der Anruf kam aus der Kommandozentrale des Mittelteils. Die Signallampen wiesen darauf hin, dass es sich um eine dringende Nachricht handelte. Absender war einer der Magniden.
Deccon akzeptierte die Verbindung. Auf einem Bildschirm erschien der Kopf des schwarzhäutigen Palo Bow, der zu den ältesten und erfahrensten Brüdern der ersten Wertigkeit zählte. Er kam ohne Umschweife zur Sache. Dazu blendete er Bilder der Raumbeobachtung ein.
»Wir rasen auf eine neue Gefahrenquelle zu, High Sideryt. Die Ortung und die optische Beobachtung haben diesen gewaltigen Brocken, einen Asteroiden oder etwas Ähnliches, entdeckt.«
Ein unregelmäßig geformter Körper erschien auf dem Bildschirm. Das schwache Licht der weit entfernten Mausefalle-Sonne strich über seine Ränder und erzeugte bizarre Schatten.
»Der Asteroid wird ebenfalls von dem Zugstrahl erfasst«, erklärte Palo Bow weiter. »Nach allem, was wir bislang ausmessen und feststellen konnten, handelt es sich um einen toten Gesteinsbrocken. Seine Masse ist allerdings gewaltig, und sie liegt genau in unserer Flugrichtung. Trotz der wechselnden Geschwindigkeit der SOL in Bezug auf Mausefalle-Sonne, nähern wir uns diesem Brocken mittelfristig an. Seine Geschwindigkeit liegt durchschnittlich 63 Prozent unter unserer Eigengeschwindigkeit. Daraus ergibt sich, dass wir in etwa vier bis fünf Stunden an diesem Asteroiden zerschellen werden.«
Der High Sideryt runzelte die Stirn.
»Wo kommt der Brocken her?«, fragte er.
»Unbekannt. Er war jedenfalls früher hier als die SOL.«
»Was ist mit einem Ausweichmanöver?«
»Die Reparaturarbeiten an den Kraftwerken und am Antrieb sind weitgehend abgeschlossen. Die SOL wäre manövrierfähig. Das Problem liegt woanders. Unsere Optionen sind durch die 3000 Kilometer durchmessende Raumkugel, die uns zur Verfügung steht, eingeschränkt. Aus dem Zugstrahl kommen wir bekanntlich nicht heraus, und der Asteroid ist so groß, dass wir ihn unter diesen Vorgaben nicht einfach umfliegen können.«
Deccon fällte einen schnellen Entschluss. »Na schön. Nutzen wir die Zeit, die wir noch haben. Ich will, dass sofort einige Buhrlos und Ferraten aussteigen, um vom Raum aus genaue Beobachtungen und Messungen anzustellen. Über alle Veränderungen bin ich laufend zu informieren. Ihr stellt inzwischen Berechnungen für alle denkbaren Ausweichmanöver an. Wenn die SOL sich auf mehr als 5000 Kilometer an den Asteroiden annähern sollte, wird schiffsweiter Alarm ausgelöst. Außerdem sind ab sofort alle Transform- und Desintegratorgeschütze zu besetzen.«
»Du willst notfalls einen gewaltsamen Durchbruch versuchen, Bruder ohne Wertigkeit?«, fragte der Magnide.
»Was soll die dämliche Frage? Wenn du eine bessere Idee hast, dann verrate sie mir. Wenn nicht, verschwende nicht meine Zeit, sondern führe meine Befehle aus.« Chart Deccon unterbrach die Verbindung.
Der einsame Mann wusste genau, dass ein neuerliches und garantiert riskantes Manöver nicht nur die SOL gefährden würde. Die gerade wieder eingekehrte Ruhe wäre ebenfalls schnell verflogen.
Der High Sideryt war unzufrieden. Seit er das Amt des Kommandanten innehatte, war es sein Bestreben
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