Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL
Er steckte den Strahler in den Gürtel und lächelte.
»Man spricht also von mir«, erwiderte er. »Womöglich sollte ich mich geschmeichelt fühlen. Da du offenbar weißt, wer ich bin, bist du mir eindeutig einen Schritt voraus. Verrätst du mir auch deinen Namen?«
Endlich stand er sicher. Die Frau hatte sich die ganze Zeit in der anderen Hälfte des Raumes aufgehalten, wo offenbar normale Schwerkraftverhältnisse herrschten.
»Ich heiße Arlanda«, sagte sie nun.
»Das ist ein schöner Name«, sagte Atlan steif. »Aber er sagt mir alles und nichts. Was machst du hier? Gehörst du zu einer der SOLAG-Kasten?«
Wieder lächelte sie und deutete auf einen Sessel. Das Mobiliar des Raums schien aus dem Inventar verschiedener Kabinen zusammengestellt worden zu sein. Atlan setzte sich zögernd. Im Raum herrschte eine ungewöhnliche Ruhe. Langsam wagte er es, sich zu entspannen. Die Frau setzte sich ihm gegenüber.
»Man könnte mich als eine Art Anti-Pyrridin bezeichnen«, erklärte sie ihm dann. »Ich war früher bei den Brüdern und Schwestern der vierten Wertigkeit, aber ihre rohen Späße und ihre beschränkte Weltanschauung widerten mich irgendwann an. Außerdem ist die SOL schon seit Langem an keinem Planeten mehr vorbeigekommen, auf dessen Oberfläche Kommandos landen konnten. Also habe ich mich zurückgezogen.«
Atlan nickte nachdenklich.
»Damit hast du auch sämtliche Privilegien verloren.«
»Vielleicht. Aber ich habe Möglichkeiten, zurückgezogen und dennoch angenehm zu leben. Niemand sucht mich. Ich werde nicht belästigt. Ich habe alles, was ich brauche.«
»Auch Informationen?«
»Ich weiß, was ich weiß. Aber ich gehe mit meinem Wissen nicht hausieren.«
»Ich verstehe«, murmelte Atlan und sah sich um. In einem Regal standen Lesespulen. Ein Interkomanschluss war vorhanden, aber die Bildscheibe war grau. Von hier aus konnte man niemanden direkt anrufen, sondern war darauf angewiesen, selbst kontaktiert zu werden. Viele Teile der Einrichtung machten den Eindruck, als wären sie in Handarbeit hergestellt. Die Bilder an den Wänden waren holografische Aufnahmen einer Reihe fremder Planeten. Der Raum war angenehm warm, es duftete nach exotischen Blüten.
Arlanda trug die Uniform der Pyrriden ohne die metallgrauen Atomsymbole auf den Oberarmen. Ihr weißblondes Haar war nicht länger als ein paar Zentimeter. Mit ihren großen dunklen Augen sah sie Atlan mit unverhüllter Neugierde an. Ihre Hände mit den gepflegten Fingernägeln waren für eine Frau sehr kräftig. Atlan kam diese ganze Szene wie ein Traum vor.
»Bist du sicher, dass du wirklich verstehst?«, fragte Arlanda. Sie stand auf, ging zu einem Kühlschrank und holte eine Plastikflasche hervor. Sie öffnete sie und goss den Inhalt in zwei Becher, die den Aufdruck SZ-1 Feuerleitzentrale trugen.
»Danke!«, sagte Atlan. Er roch Fruchtsaft mit starkem Alkoholanteil. »Ich sehe, dass du bestens versorgt bist. Ich habe nicht gewusst, dass man an Bord der SOL derart luxuriös leben kann. Außerhalb des Dunstkreises der SOLAG, meine ich.«
»Das ist auch die Ausnahme«, sagte Arlanda. »Wenn Chart Deccon es jemals schaffen sollte, dieses Schiff wieder flottzumachen und der Besatzung eine neue Bestimmung zu geben, stelle ich mich der Allgemeinheit wieder zur Verfügung. Bis dahin ...« Sie ließ den Rest des Satzes offen.
»Ich bezweifle, dass so etwas allein zu schaffen ist. Schon gar nicht ohne SENECA.«
»Und was ist mit dir?«, wollte Arlanda wissen. »Bist du nicht der legendäre arkonidische Kristallprinz? Wer, wenn nicht du kann jetzt noch helfen?«
»Ich sehe im Augenblick weder aus wie der Retter der SOL, noch fühle ich mich so«, sagte Atlan, der nicht sicher war, ob die Frau ihre Frage ironisch gemeint hatte. »Ich sorge mich um das Schicksal dieses einst so stolzen Schiffes. Aber im Moment kann ich wenig tun. Chart Deccon, der High Sideryt, will zwar mit mir reden, aber offenbar nur unter seinen Bedingungen.«
Er lachte freudlos. Arlanda deutete auf die breite Liege.
»Hier kannst du jedenfalls eine Weile ausruhen. Ich habe heißes Wasser und ausreichend Nahrung.«
»Woher stammen die Vorräte?«
»Früchte ziehe ich da oben«, sagte sie und deutete auf die Falltür. »Hin und wieder tausche ich mit Ferraten und Buhrlos. Ich bin als Ärztin recht geschickt, und überdies habe ich einen kleinen Vorrat an Medikamenten.«
Sie wies auf eine der drei Metalltüren des Raums. Dahinter schien sich eine Krankenstation zu verbergen.
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