Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL
Pfiff.
10.
Nur zögernd setzten die Wahrnehmung und das Denken wieder ein. Makos' Blick war unscharf; Bildschirme und Bedienungselemente verschwammen vor seinen Augen, als erwache er aus einem langen, aber wenig erholsamen Schlaf. Sein Schädel dröhnte, und durch das Rauschen in den Ohren drangen unverständliche Stimmen. Noch wirbelten seine Gedanken zusammenhanglos durcheinander. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
Er schloss die Lider und spürte das Verlangen, diesen Schlaf fortzusetzen. Aber er unterdrückte das Bedürfnis, weil er aus Erfahrung wusste, dass er sich danach nicht wohler fühlen würde. Als er die Augen wieder öffnete, erkannte er die Umgebung bereits klarer. Die Stimmen der anderen wurden deutlicher, und plötzlich durchzuckte ihn der Gedanke, dass er sich eigentlich glücklich schätzen müsse, überhaupt noch zu leben.
Das brachte ihn vollends in die Wirklichkeit zurück. Er erinnerte sich, dass er nicht eingeschlafen, sondern bewusstlos geworden war – und er begriff, dass er sich nicht an einem Ort befand, der es gestattete, beliebig viel Zeit darauf zu verwenden, allmählich zu sich zu kommen.
Ruckartig richtete er sich auf. Nach wie vor saß er in seinem Kontursessel, von kreuzartig über seinen Oberkörper führenden Gurten gehalten. Auch den Raumanzug trug er noch, lediglich den Helm hatte jemand zurückgeklappt. Eine Weile hörte er den leisen Diskussionen zu, die hinter ihm geführt wurden. Anscheinend war er der Letzte, der sich wieder erholte.
Er atmete tief durch, dann stieß er sich so ab, dass der Sessel sich um 180 Grad drehte.
Das Bild, das sich ihm bot, war nicht annähernd so schlimm, wie er es sich vorgestellt hatte. Irgendwie musste es dem Piloten gelungen sein, die Space-Jet so geschickt zu manövrieren, dass sie auf dem Meteoriten aufsetzte, ohne dabei in Stücke zu zerbrechen. Von einigen unwesentlichen Beschädigungen abgesehen, hatte sich zumindest hier in der Zentrale nichts verändert.
Die Mitglieder der Besatzung waren ebenfalls wohlauf, soweit er das beurteilen konnte. Zumindest war niemand ernsthaft verwundet worden, lediglich Lefton Hellst trug einen dicken Verband am linken Unterarm. Ein Medoroboter bewegte sich emsig umher und behandelte ansonsten hauptsächlich zahlreiche Kratzer, Schrammen und leicht blutende Verletzungen.
»Wir haben einfach unverschämtes Glück gehabt«, sagte Lynka Woortz soeben zu einem ihrer Buhrlofreunde. »Genauso gut hätte es uns alle erwischen können.«
»Natürlich«, gab der Angesprochene zurück. »Trotzdem bin ich nicht bereit, Lefton die Hauptschuld an der Katastrophe anzurechnen. Es war schließlich unser Ziel, auf dem Meteoriten zu landen, und wir alle wussten, dass es nicht ungefährlich ist.«
»Er hätte vorsichtiger operieren müssen«, entgegnete Lynka heftig. Mit dem ausgestreckten Arm deutete sie anklagend auf den Kommandanten. »Er allein trägt die Verantwortung, weil er eigensinnig und unüberlegt vorgegangen ist!«
Makos verfolgte verständnislos den Wortwechsel. Offensichtlich gab es unter den Buhrlos verschiedene Meinungen darüber, ob sich der Absturz bei einem anderslautenden Befehl hätte vermeiden lassen. Angesichts ihrer Lage empfand er die Diskussion als müßig.
Lefton Hellst indes kümmerte sich nicht um die Anschuldigungen, die Lynka gegen ihn vorbrachte. Er stand über eine Konsole gebeugt und war konzentriert damit beschäftigt, eine Reihe von Funktionsanzeigen zu studieren.
»Das sieht schlimm aus«, murmelte er.
Der Pilot nickte verdrossen und wechselte einen bedauernden Blick mit dem Strahlenspezialisten.
»Die punktförmige Energiequelle, die du ausgemessen hast«, kommentierte er, »ist für unsere Verhältnisse etwas zu schnell entstanden.«
»Niemand konnte das voraussehen«, sagte Lefton leise und legte dem Piloten eine Hand auf die Schulter. »Immerhin leben wir noch, und in erster Linie haben wir das wohl dir zu verdanken. Deine Landung war ein Meisterstück!«
»Eine Landung ist etwas anderes«, gab der Pilot zurück.
»Was mich viel mehr interessiert«, mischte sich Makos ein, »ist, ob wir wieder starten können.«
Der Pilot lachte trocken auf.
»Lass dich nicht vom Zustand der Zentrale täuschen«, riet er. »Sie ist der einzige Raum, in dem es noch halbwegs zivil aussieht. Der Rest des Schiffs gleicht einem Trümmerfeld.«
Die Auskunft versetzte Makos einen Stich. Insgeheim hatte er tatsächlich gehofft, die Space-Jet könnte noch manövrierfähig
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