Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL
wirkte wie versteinert.
»Das ... das ist Meuterei ...«
»Nenn es, wie du willst«, empfahl Lynka voller Herablassung. »Wir haben jedenfalls keine Lust, tatenlos hier herumzusitzen und zu warten. Wenn dir nichts Besseres einfällt – bitte! Irgendwann werden Energie- und Sauerstoffreserven der Space-Jet zur Neige gehen. Spätestens dann, Lefton Hellst, wirst du dir wünschen, noch eine winzige Überlebenschance zu haben. Dann aber wird es zu spät sein!«
Makos spürte, wie die Angst in ihm heraufkroch. Die konkrete Vorstellung dessen, was die Buhrlofrau angedeutet hatte, raubte ihm den Atem und schnürte ihm die Kehle zu.
Der Kommandant dagegen ließ sich nicht beeindrucken. Nach der ersten Überraschung fand er seine Fassung schnell wieder. Wut und Zorn schien er abgelegt zu haben. Der leicht nach hinten geneigte Kopf deutete die grenzenlose Überlegenheit an, die er empfand.
»Es ist euch wohl klar, dass ihr dieses Schiff, wenn ihr es erst verlassen habt, nicht wieder betreten dürft«, sagte er ruhig. »Wie wird es euch ergehen, wenn ihr nach vierundzwanzig Stunden wieder Atemluft braucht? Du musst nicht antworten, denn es schert mich einen Dreck.«
Lynka zeigte keine äußerliche Reaktion.
»Deinen Hass auf die Buhrlos habe ich einkalkuliert. Wenn wir keinen Erfolg haben, werden wir sterben, darüber sind wir uns im Klaren. Aber es macht uns nichts aus, ob es früher geschieht, weil du uns die Rückkehr verwehrst – oder später, wenn die Reserven der Jet aufgebraucht sind und wir vielleicht noch einen Tag länger leben als du. Das Ergebnis ist immer das gleiche.«
Mit dieser Einstellung hatte Lefton nicht gerechnet. Seine Selbstherrlichkeit blätterte von ihm ab wie morsche Rinde von einem Baum.
»Ihr könnt gehen!«, rief er, wieder von Wut beherrscht. »Wenn die SOL uns abholt, werde ich daran denken, wie töricht ihr wart!«
Lynka lächelte, als sie und ihre Freunde sich abwandten. Es wirkte abgeklärt.
»Du bist ein Solaner«, sagte sie leise, »und kennst die Verhältnisse doch nicht. Dabei müsstest du es wissen. Niemand wird das Risiko auf sich nehmen und sich in die gleiche Gefahr begeben wie wir. Niemand wird kommen und uns abholen.«
Wie schmal er ist!, dachte Elzbieta Mjieçekóva, während sie den unruhig auf und ab schreitenden Chef der SOL-Arbeitsgemeinschaft beobachtete.
Cleton Weisel war ein hagerer, fast dürrer Mann. Seine Bewegungen wirkten schlaksig und ungelenk, und wenn er sprach, pflegte er seine Worte mit vielen weitschweifigen Gesten zu untermalen. Er hatte ein knochiges Gesicht mit eingefallener, runzliger Haut, und die Augen leuchteten wie blaue Murmeln aus tief liegenden Höhlen. Vom hohen Stirnansatz bis in den Nacken war sein schütteres Haar grau und spröde.
Wenn Elzbietas Informationen stimmten, zählte er etwa fünfzig bis sechzig Jahre. Auf den ersten Blick hätte sie ihn spontan für doppelt so alt gehalten.
Die Gefahr, diesen Mann wegen seines oft ungeschickt und täppisch anmutenden Auftretens zu unterschätzen, war groß. Der äußere Eindruck täuschte jedoch. Cleton Weisel besaß eine hohe Intelligenz und ausgeprägten Sachverstand. Er wusste, was er tat und wovon er sprach, und seine Fähigkeit, sachgerechte Entscheidungen zu treffen, hatte nicht zuletzt dazu beigetragen, dass er als Flugleiter weitgehend respektiert wurde. Seine Maßnahmen vertrat er kompromisslos; selbst Freunde und engste Mitarbeiter bezeichneten ihn als hart und unnachgiebig, mitunter auch als ungerecht und starrsinnig, aber sie störten sich nicht daran. Andere – wenige! – hielten seinen Führungsstil für machtbesessen und diktatorisch, aber ihre warnenden Stimmen fanden unter den Solanern kaum Gehör.
Dennoch war er immer weniger bereit, seine Feinde ungeschoren zu lassen. Er hielt sie für einen ständigen Unsicherheitsfaktor, den er ausschalten musste. Das war auch der Grund dafür, dass er Elzbieta Mjieçekóva zu einer Unterredung gebeten hatte.
»Ich mache mir Sorgen«, begann er, während er seine unruhige Wanderung beendete und sich ihr gegenüber in einen Sessel setzte. »Es gibt einige Leute auf der SOL, die sich in feindseliger Weise gegen mich stellen und den offenen Konflikt suchen.«
Die Leiterin der für den Zentralebereich zuständigen Sicherheitskräfte ahnte längst, worauf der Techniker hinauswollte.
»Gavro Yaal und Joscan Hellmut«, riet sie. »Die beiden meinst du doch?«
»Allerdings«, bestätigte Cleton. »Sie sind mir schon lange ein Dorn
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