Atlan TH 0006 – Stadt der Freien
machtlos gegen die Projektionen.«
»Der Bezirk der Geister gilt als unbewohnt«, erklärte Bjo Breiskoll. »Falls der Herr in den Kuppeln überhaupt so etwas wie moralische Bedenken hegt, hätte er sie in diesem Fall womöglich ignoriert und mit aller Macht zurückgeschlagen.«
»Das ist sogar sehr wahrscheinlich«, sagte Kuno.
»Wer hat überhaupt diese Projektionen aktiviert?«, warf Joscan Hellmut ein. »Jemand, der den Bezirk der Geister – aus welchem Grund auch immer – von den Kastenrobotern frei halten will?«
»Kaum«, erwiderte der Arkonide nachdenklich. »Der Bezirk ist groß. Die Roboter müssen mehrere Stunden durch ihn hindurchmarschiert sein. Die Schemen hätten sie schon in den Randbezirken aufhalten können.«
»Du meinst, der Unbekannte wollte lediglich uns vor den Robotern schützen?«, fragte Bjo Breiskoll.
»Nicht nur das«, erklärte Atlan. »Wir sollten vor allem sehen , dass er uns beschützen will und kann. Anders ist es nicht zu erklären, dass er mit seinem Eingreifen so lange gewartet hat. Er hat seine Show praktisch direkt vor unseren Augen abgezogen.«
Der Arkonide zögerte kurz. »War es nicht so?«, wandte er sich dann an Kuno. »War es dieser geheimnisvolle Y'Man, der uns die Geister geschickt hat?«
Der kleine Roboter stand nur da und antwortete nicht.
»Du stellst dich also wieder einmal taub«, fuhr der Unsterbliche fort. »Aber ich denke, dass du viel mehr weißt, als du bisher zuzugeben bereit warst. Wie bist du beispielsweise aus diesem Haus verschwunden? Wohin bist du gegangen? Mit wem hast du gesprochen? Antworte!«
Irgendwo in Kunos Eingeweiden klickte etwas. Er gab ein Quietschen von sich, blieb aber weiterhin stumm.
»Soll ich ihm die Augenzellen rausreißen?«, fragte Gavro Yaal erbost.
»Halt den Mund!«, fuhr Atlan ihn an. »Für das, was er bisher für uns getan hat, müssen wir ihm dankbar sein, auch wenn er uns gegenüber offenbar nicht ganz ehrlich ist.« Er warf Yaal einen mahnenden Blick zu, um seinen Worten etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. »Ich denke, ich sehe einmal nach unseren Sorgenkindern«, sagte er dann.
Der Arkonide verließ das Zimmer, ging durch den Flur und die Treppe hinauf. Die Beleuchtung im oberen Flur war relativ schwach, deshalb wäre er beinahe über etwas gestolpert, was vor der Tür zum Zimmer der Buhrlos lag.
Er bückte sich und sah, dass es sich um ein in eine Plastikplane eingeschlagenes Päckchen handelte. Hastig öffnete er es. Seine Augen weiteten sich, als er vor sich alles das liegen sah, was er und die drei Schläfer in und an ihren Raumanzügen mitgeführt hatten – in erster Linie Nahrungskonzentrate, aber auch die vier flachen Medoboxen mit ihren winzigen Diagnosecomputern sowie Tablettenblister und Injektionspflaster. Auch vier kleine Sprühdosen mit Heilplasma waren dabei.
Erleichtert richtete sich der Arkonide auf. Endlich hatten sie etwas, womit sie den Buhrlos helfen konnten.
17.
»Allgemeine physische und psychische Erschöpfung und Nosophobie«, las Atlan vom Sichtfeld der Medobox ab, die ihre hauchdünnen Sensoren in Gersing Haybos Nacken geschoben hatte.
»Was ist Nosophobie?«, erkundigte sich Studia St. Felix.
»Platt gesagt die Angst vor Krankheiten, auch Hypochondrische Störung genannt«, erklärte der Arkonide. »In diesem Fall wohl die Angst davor, dass die Hornschicht auf der Haut zu dick wird, bevor er eine Möglichkeit bekommt, sich im Weltraum aufzuhalten.«
Die Buhrlos redeten plötzlich alle durcheinander, bis Studia St. Felix energisch Einhalt gebot.
»Diese Angst haben wir alle, Atlan«, sagte sie. »Wenn wir nicht innerhalb von dreizehn Tagen in den Weltraum gelangen, werden unsere Hornschichten zu einem Panzer werden, der die Hautatmung und die Ausscheidung giftiger Stoffwechselprodukte verhindert. Dann müssen wir sterben.«
»Dreizehn Tage sind eine lange Zeit«, meinte Bjo Breiskoll tröstend.
»Vielleicht bleiben uns nicht einmal diese dreizehn Tage«, warf Pal Greene, einer der männlichen Buhrlos, ein. »Unter normalen Umständen, auf der SOL, beträgt die maximale Wartezeit zwischen zwei Weltraumaufenthalten achtzehn Tage – wohlgemerkt die maximale Wartezeit. Hier, auf diesem Planeten mit seiner hohen Schwerkraft und der Ungewissheit, was aus uns und aus der SOL werden soll, sind wir Buhrlos psychisch und physisch deutlich höher belastet. Unser Metabolismus reagiert darauf mit einer Beschleunigung des Stoffwechsels. Ich fühle, dass meine Buhrlohaut sich schneller
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