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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aufsteigenden Spiralen. In Wahrheit, vermutete Bobby, taten das die Flocken. Die schwarzen Flocken. Sie waren lebendig …
    Und sie waren hungrig.
    »Lassen wir den Jungen entscheiden«, sagte der Anführer der niederen Männer schließlich. Sein lebender Zweig von einem Finger streichelte erneut Bobbys Nacken. »Er liebt dich ja so innig, Ted. Du bist sein te-ka. Nicht wahr? Das heißt ›Schicksalsfreund‹, Bobby-O. Ist er das nicht für
dich, dieser alte, nach Rauch riechende Teddybär? Dein Schicksalsfreund?«
    Bobby sagte nichts, sondern drückte nur sein kaltes, pulsierendes Gesicht an Teds Hemd. Er bereute es jetzt von ganzem Herzen, dass er hergekommen war - wenn er die Wahrheit über die niederen Männer gekannt hätte, wäre er zu Hause geblieben und hätte sich unter seinem Bett versteckt -, aber ja, er nahm an, dass Ted sein te-ka war. Er wusste nichts über solche Dinge wie das Schicksal, er war nur ein Kind, aber Ted war sein Freund. Leute wie wir, dachte Bobby elend. Leute wie wir.
    »Also, was meinst du, jetzt, wo du uns siehst?«, fragte der niedere Mann. »Möchtest du mit uns kommen, damit du dem guten alten Ted nahe sein kannst? Um ihn vielleicht hin und wieder mal am Wochenende zu sehen? Und mit deinem treuen alten te-ka über Literatur zu diskutieren? Und zu lernen, das zu essen, was wir essen, und das zu trinken, was wir trinken?« Wieder die schrecklichen streichelnden Finger. Das Summen in Bobbys Kopf wurde stärker. Die schwarzen Flocken wurden dicker, und jetzt sahen sie wie Finger aus - wie lockende Finger. »Wir mögen unser Essen scharf, Bobby«, sagte der niedere Mann leise, »und unsere Getränke heiß. Scharf, heiß … und süß. Scharf, heiß … und süß.«
    »Hör auf«, fauchte Ted.
    »Oder möchtest du lieber bei deiner Mutter bleiben?«, fuhr die leise, summende Stimme fort, ohne Ted zu beachten. »Bestimmt nicht. Ein Junge mit deinen Prinzipien doch nicht. Ein Junge, der die Freuden der Freundschaft und der Literatur entdeckt hat. Du bleibst bestimmt bei diesem kurzatmigen alten ka-mai , hab ich recht? Oder nicht? Entscheide
dich, Bobby. Und zwar jetzt gleich. Und sei dir darüber im Klaren, dass deine Entscheidung gilt. Ein für alle Mal.«
    Bobby hatte wie im Fieberwahn eine Erinnerung an die Karten mit der krebsroten Rückseite, die unter McQuowns langen weißen Fingern verschwammen: Erst in Eile, dann mit Weile, still sodann. Jetzt kommt’s drauf an.
    Ich kann es nicht, dachte Bobby. Ich versage.
    »Lassen Sie mich gehen, Mister«, sagte er mit erbärmlicher Stimme. »Bitte nehmen Sie mich nicht mit.«
    »Selbst wenn das heißt, dass dein te-ka ohne deine wunderbare und erquickliche Gesellschaft weiterleben muss?« In der Stimme war ein Lächeln, aber Bobby konnte die wissende Verachtung unter der fröhlichen Oberfläche beinahe schmecken, und er erschauerte. Voller Erleichterung, weil er begriff, dass er nun wahrscheinlich doch freigelassen werden würde, und voller Scham, weil er wusste, was er da tat - er kroch zu Kreuze, er zog den Schwanz ein, er kniff. Er tat all das, was die Guten in den Filmen und Büchern, die er liebte, niemals taten. Aber die Guten in den Filmen und Büchern standen auch nie solchen Kreaturen wie den niederen Männern mit den gelben Mänteln oder dem Horror der schwarzen Flecken gegenüber. Und was Bobby hier draußen vor dem Corner Pocket davon sah, war noch nicht einmal das Schlimmste. Was, wenn er den Rest sah? Wenn die schwarzen Flocken ihn in eine Welt zogen, wo er die Männer mit den gelben Mänteln so sah, wie sie wirklich waren? Wenn er die Gestalten innerhalb der Hülle sah, die sie in dieser Welt zur Schau trugen?
    »Ja«, sagte er und begann zu weinen.
    »Ja was?«

    »Selbst wenn er ohne mich gehen muss.«
    »Aha. Und selbst wenn es bedeutet, dass du zu deiner Mutter zurückmusst?«
    »Ja.«
    »Vielleicht verstehst du dein Miststück von einer Mutter jetzt ein bisschen besser, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Bobby zum dritten Mal. Mittlerweile stöhnte er beinahe. »Ich glaub schon.«
    »Das reicht«, sagte Ted. »Hör auf!«
    Aber die Stimme hörte nicht auf. Noch nicht. »Du hast gelernt, ein Feigling zu sein, Bobby … nicht wahr?«
    »Ja!«, schrie er, immer noch mit dem Gesicht an Teds Hemd. »Ein Baby, ein kleiner Schisshase von einem Baby, ja ja ja! Es ist mir egal! Ich will nur nach Hause!« Er holte tief Luft, ein langer, unregelmäßiger Atemzug, und stieß sie in einem Schrei wieder aus. »ICH WILL ZU MEINER MUTTER!« Es

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