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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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unsichtbaren Maschinenpistole, wobei er die rechte Seite des Mundes nach unten zog, damit er das passende Geräusch dazu machen konnte, eine Art äh-äh-äh tief aus der Kehle. »Lebend kriegst du mich nicht, Bulle! Mach sie fertig, Muggsy! Niemand lässt Rico im Stich! Ah, verdammt, mich hat’s erwischt! « S-J krallte die Hand in die Brust, wirbelte herum und fiel tot auf Mrs. Conlans Rasen.
    Diese wiederum, eine bärbeißige alte Hexe von etwa fünfundsiebzig Jahren, rief: »He, du da! Ja, dich meine ich! Runter da! Du machst mir die Blumen kaputt!«
    Dort, wo Sully-John hingefallen war, gab es in drei Meter Umkreis kein einziges Blumenbeet, aber er sprang sofort auf. »’tschuldigung, Mrs. Conlan.«
    Sie tat seine Entschuldigung wortlos ab, scheuchte ihn mit einer Handbewegung weg und ließ die Kinder nicht aus den Augen, als diese weitergingen.
    »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, erkundigte sich Bobby bei Carol. »Das mit Ted?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich glaub nicht. Aber … hast du schon mal gesehen, wie er die Straße beobachtet?«
    »Ja. Als ob er jemand suchen würde, stimmt’s?«
    »Oder nach jemand Ausschau halten würde«, erwiderte Carol.
    Sully-John fing wieder mit dem Bolo-Bouncer an. Ziemlich bald schwirrte die rote Gummikugel wieder hin und her. Sully hielt erst inne, als sie am Asher Empire vorbeikamen,
wo zwei Brigitte-Bardot-Streifen liefen - freigegeben ab 18, nur mit Führerschein oder Geburtsurkunde, keine Ausnahmen. Einer der Filme war neu; der andere war der altbewährte Und immer lockt das Weib, der wie ein böser Husten immer wieder ins Empire zurückkam. Auf den Plakaten trug Brigitte nicht mehr als ein Handtuch und ein Lächeln.
    »Meine Mutter sagt, die ist billig«, sagte Carol.
    »Wenn die billig ist, dann würd ich sie gern kaufen«, sagte S-J und wackelte wie Groucho mit den Augenbrauen.
    »Findest du , dass sie billig ist?«, wollte Bobby von Carol wissen.
    »Ich weiß nicht mal genau, was das heißen soll.«
    Als sie unter dem Vordach durchgingen (aus ihrem verglasten Kabäuschen neben den Türen beäugte Mrs. Godlow - von den Kindern in der Umgebung Mrs. Godzilla genannt - sie misstrauisch), schaute Carol zu Brigitte Bardot mit ihrem Handtuch zurück. Ihre Miene war schwer zu deuten. Neugier? Bobby wusste es nicht genau. »Aber sie ist hübsch, oder?«
    »Ja, glaub schon.«
    »Und man muss ganz schön mutig sein, wenn man sich nur mit einem Handtuch um den Leib von den Leuten anstarren lässt. Finde ich jedenfalls.«
    Sully-John interessierte sich nicht mehr für la femme Brigitte , nachdem sie nun hinter ihnen lag. »Wo kommt Ted her, Bobby?«
    »Keine Ahnung. Er spricht nie darüber.«
    Sully-John nickte, als hätte er diese Antwort erwartet, und setzte seinen Bolo-Bouncer wieder in Gang. Aufwärts und abwärts, um den Körper herum, wap-wap-wap.

     
    Im Mai begannen sich Bobbys Gedanken den Sommerferien zuzuwenden. Es gab wirklich nichts Schöneres auf der Welt als »die großen F«, wie Sully sie nannte. Er würde lange Stunden mit seinen Freunden herumhängen, auf der Broad Street und im Sterling House, dem Jugendzentrum auf der gegenüberliegenden Seite des Parks - im Sterling House gab es im Sommer jede Menge tolle Angebote, darunter auch Baseballspielen und wöchentliche Ausflüge nach Patagonia Beach in West Haven -, und überdies würde er massenhaft Zeit für sich selbst haben. Zeit zum Lesen natürlich, aber eigentlich hatte er vor, sich in diesen Wochen einen Teilzeitjob zu suchen. Er hatte etwas über sieben Dollar in einem Glas mit der Aufschrift FAHRRADGELD, und sieben Dollar waren immerhin schon ein Anfang … wenn auch nicht gerade ein toller Anfang. Wenn er in diesem Tempo weitermachte, wäre Nixon schon zwei Jahre Präsident, bevor er mit dem Rad zur Schule fuhr.
    An einem dieser Tage kurz vor den Sommerferien gab Ted ihm ein Taschenbuch. »Weißt du noch, dass ich dir mal erzählt habe, es gäbe Bücher mit einer guten Geschichte und einer guten Sprache?«, fragte er. »Das ist eins von dieser Sorte. Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk von einem neuen Freund. Ich hoffe zumindest, dass ich dein Freund bin.«
    »Das sind Sie. Vielen Dank!« Trotz der Begeisterung in seiner Stimme nahm Bobby das Buch ein wenig skeptisch entgegen. Er war Taschenbücher mit bunten, reißerischen Titelbildern und anzüglichen Sprüchen gewohnt (»Sie landete in der Gosse … und sank noch tiefer! «); dies hier hatte keines von beiden. Das Titelbild war überwiegend weiß.

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