Atlantis
Arme unter ihren kleinen, spitzen Brüsten und schaute weiterhin aus Bobbys Fenster. »Er hat mir erzählt, dass er in Hartford im öffentlichen Dienst beschäftigt war, aber jetzt pensioniert ist. Hat er dir das auch erzählt?«
»So was Ähnliches.« In Wahrheit hatte Ted Bobby nie etwas über sein Arbeitsleben erzählt, und es war Bobby noch nie in den Sinn gekommen, ihn danach zu fragen.
»Was für einen Job hat er da gemacht? In welchem Bereich? Gesundheit und Wohlfahrt? Verkehr? Innenrevision?«
Bobby schüttelte den Kopf. Was zum Teufel war eine Innenrevision?
»Ich wette, im Bildungsbereich«, sagte sie nachdenklich. »Er redet wie jemand, der mal Lehrer war. Oder nicht?«
»Irgendwie schon, ja.«
»Hat er Hobbys?«
»Weiß ich nicht.« Außer Lesen natürlich; zwei der drei Tüten, die seine Mutter so gestört hatten, waren voller Taschenbücher, und die meisten davon sahen sehr schwierig aus.
Dass Bobby nichts darüber wusste, womit sich der neue Mieter die Zeit vertrieb, schien sie aus irgendeinem Grund zu beruhigen. Sie zuckte die Achseln, und als sie wieder etwas sagte, schien sie eher mit sich selbst als mit Bobby zu sprechen. »Ach, Scheibenkleister, ist ja bloß ein Buch. Und dazu noch ein Taschenbuch.«
»Er hat gesagt, er hätte vielleicht einen Job für mich, aber bis jetzt hat er mir noch nichts angeboten.«
Sie drehte sich rasch um. »Wenn er dir irgendeinen Job anbietet oder dir irgendwelche Hausarbeiten übertragen will, sprichst du vorher mit mir darüber. Kapiert?«
»Sicher, kapiert.« Ihre Heftigkeit überraschte ihn und verunsicherte ihn ein bisschen.
»Versprich’s mir.«
»Ich versprech’s.«
» Großes Ehrenwort, Bobby.«
Er legte gehorsam die Hand aufs Herz und sagte: »Ich verspreche es meiner Mutter im Namen Gottes.«
Damit war die Sache normalerweise erledigt, aber diesmal schien sie noch nicht zufrieden zu sein.
»Hat er jemals … Macht er manchmal …« Dann hielt sie inne. Sie wirkte auf ganz untypische Weise nervös. Seine Schulkameraden sahen manchmal so aus, wenn Mrs. Bramwell sie an die Tafel schickte, damit sie die Substantive und Verben in einem Satz bestimmten, und sie es nicht konnten.
»Hat er jemals was, Mama?«
»Ach, egal!«, sagte sie verärgert. »Mach, dass du hier rauskommst, Bobby, geh in den Park oder ins Sterling House - ich mag dich nicht mehr hier sehen.«
Warum bist du dann reingekommen?, dachte er (sagte es aber natürlich nicht). Ich hab dich nicht gestört, Mama. Ich hab dich nicht gestört.
Bobby steckte sich Herr der Fliegen in die Gesäßtasche und ging zur Tür. Dort drehte er sich um. Sie stand noch immer am Fenster, aber jetzt sah sie ihn wieder an. Er hatte sie in solchen Momenten noch nie dabei überrascht, dass sie ihn liebevoll ansah; bestenfalls mit einer manchmal (aber nicht immer) zärtlichen Nachdenklichkeit.
»He, Mama?« Er dachte daran, sie um fünfzig Cent zu bitten - einen halben Stein, wie Sully zu sagen pflegte. Damit konnte er sich im Colony Diner eine Limonade und zwei Hotdogs kaufen. Er liebte die Hotdogs im Colony; die wurden mit getoasteten Brötchen gemacht, und es gab Kartoffelchips und in Scheibchen geschnittene Pickles dazu.
Ihr Mund machte die Schnürnummer, und er wusste, dass es heute keine Hotdogs geben würde. »Frag nicht, Bobby, denk nicht mal dran.« Denk nicht mal dran - einer ihrer ständigen Lieblingssprüche. »Ich muss diese Woche eine Tonne Rechnungen bezahlen, also wisch dir die Dollarzeichen aus den Augen.«
Die Sache war nur, dass sie keine Tonne Rechnungen bezahlen musste. Diese Woche jedenfalls nicht. Bobby hatte letzten Mittwoch sowohl die Stromrechnung als auch den Scheck für die Miete in dem Kuvert mit der Aufschrift Mr. Monteleone gesehen. Und sie konnte nicht behaupten, dass er demnächst was zum Anziehen brauchen würde,
denn das Schuljahr fing nicht gerade an, sondern es ging zu Ende. Die einzige Kohle, um die er in letzter Zeit gebeten hatte, waren die fünf Dollar fürs Sterling House gewesen - der Quartalsbeitrag -, und selbst da hatte sie sich angestellt, obwohl sie wusste, dass damit das Schwimmen und das Baseballspielen inklusive Versicherung abgedeckt waren. Bei jemand anders als seiner Mutter hätte er das für knickerig gehalten. Darüber konnte er jedoch nicht mit ihr reden; wenn man mit ihr über Geld sprach, gab es fast immer Streit, und jede Diskussion über ihre Meinung zu Geldangelegenheiten - selbst wenn es nur um die winzigsten Nebensächlichkeiten ging -
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