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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nicht politisch, erklärte der Polizeichef.
    In unserer eigenen kleinen Welt gab es ein Sit-In im östlichen Anbau, wo Coleman Chemicals Vorstellungsgespräche durchführte. Coleman produzierte Napalm, genauso wie Dow. Coleman produzierte auch Agent Orange, Botulinpräparate und Anthrax, wie sich herausstellte, obwohl das niemand wusste, bis das Unternehmen 1980 bankrott ging. Im Campus aus Maine war ein kleines Foto abgebildet, wie die Demonstranten abgeführt wurden. Ein größeres Foto zeigte einen Demonstranten, der von einem Universitätspolizisten aus dem Eingang des östlichen Anbaus gezerrt wurde, während ein anderer Cop danebenstand und die Krücken des Demonstranten hielt. Besagter Demonstrant war natürlich Stoke Jones, der seinen Dufflecoat mit der Spatzenspur auf dem Rücken trug. Die Cops sprangen bestimmt einigermaßen freundlich mit ihm um - zu diesem Zeitpunkt waren Antikriegsdemonstranten noch eher ein Novum als ein Ärgernis -, aber die Kombination des massigen Cops und des taumelnden Jungen verlieh dem Bild irgendwie etwas Gruseliges. Zwischen 1968 und 1971, in jenen Jahren, als »das Spiel härter wurde«, um mit Bob Dylan zu sprechen, dachte ich ziemlich oft daran. Das größte Foto in dieser Ausgabe, das einzige, das über die Falzung
hinausging, zeigte uniformierte ROTC-Typen, die unter den Augen einer gewaltigen Menschenmenge auf dem sonnenbeschienenen Football-Platz marschierten. ÜBUNGEN ZIEHEN REKORDMENGE an lautete die Schlagzeile.
    Noch näher am Zentrum des Geschehens bekam ein gewisser Peter Riley ein D in seiner Geologieprüfung und zwei Tage später ein D plus in der Soziologieprüfung. Am Freitag bekam ich den eine Seite langen argumentativen Essay zurück, den ich unmittelbar vor dem Einführungskurs Englisch (Schreiben) am Montagvormittag hingekritzelt hatte. Das Thema war, ob Männer in Restaurants Krawatten tragen sollten - ja oder nein. Ich hatte mich für »nein« entschieden. Unter dieser kleinen Argumentationsübung stand ein großes rotes C, mein erstes C in Englisch, seit ich mit meinen As aus der Highschool und meinen 740 Punkten bei den mündlichen Zulassungstests an die Uni gekommen war. Dieser rote Haken schockte mich weit mehr als die Ds in den Prüfungen und ärgerte mich auch. Oben drüber hatte Mr. Babcock geschrieben: »Ihre übliche Klarheit ist vorhanden, zeigt in diesem Fall jedoch nur, was für eine fleischlose Mahlzeit Sie da auftischen. Ihr - wenn auch leichtverständlicher - Humor ist alles andere als geistreich. Das C ist eigentlich schon ein Geschenk. Schlampige Arbeit.«
    Ich erwog, ihn nach dem Kurs darauf anzusprechen, verwarf die Idee aber dann. Mr. Babcock, der immer eine Fliege und eine große Hornbrille trug, hatte in den ersten vier Wochen bereits hinreichend klargemacht, dass er Leute, die um bessere Noten bettelten, für die niedrigste Form des akademischen Lebens hielt. Außerdem war es Mittag. Wenn ich mir im Palast in der Prärie rasch etwas hinter die Kiemen schob, konnte ich um eins wieder auf Chamberlain
Zwei sein. Um drei Uhr an diesem Nachmittag würden alle Tische im Aufenthaltsraum (und alle vier Ecken des Zimmers) wieder besetzt sein, aber um eins würde ich noch einen Platz finden. Ich war inzwischen fast zwanzig Dollar im Plus und hatte vor, ein profitables Oktoberwochenende zu verbringen und diesen Betrag noch ordentlich zu erhöhen. Außerdem wollte ich zu der Tanzveranstaltung am Samstagabend in der Sporthalle von Lengyll. Carol hatte zugesagt, dass sie mitkommen würde. Die Cumberlands spielten, eine beliebte Campus-Band. Irgendwann am Abend würden sie ihre Version von »96 Tears« bringen (und zwar aller Voraussicht nach nicht nur einmal, sondern öfter).
    Die Stimme des Gewissens, die schon wie Nate Hoppenstand klang, ermahnte mich, dass ich gut daran täte, zumindest einen Teil des Wochenendes über den Büchern zu verbringen. Ich musste zwei Kapitel Geologie, zwei Kapitel Soziologie sowie vierzig Seiten Geschichte lesen (das ganze Mittelalter auf einen Streich) und eine Reihe von Fragen über Handelswege beantworten.
    Das mache ich schon noch, keine Sorge, das mache ich schon noch, erklärte ich dieser Stimme. Sonntag ist mein Studientag. Ganz bestimmt, du kannst dich drauf verlassen. Und am Sonntag las ich tatsächlich eine Weile über In-Groups, Out-Groups und Gruppensanktionen - zwischen den Kartenspielen, versteht sich. Dann wurde es interessant, und mein Soziologiebuch landete auf dem Boden unter dem Sofa. Als ich

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