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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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oder nicht? Und als Zugabe noch die Comics mit Blondie oder Dick Tracy ? Seine Mutter oder Mr. Biderman von Home Town
Real Estate würden das vielleicht glauben, aber Bobby nicht.
    Ted rieb sich immer noch die Augen. Seine Hand hing wie eine Spinne über seiner schmalen Nase.
    »Was noch?«, fragte Bobby. Seine Stimme war seltsam klanglos, wie die seiner Mutter, wenn er ihr versprach, sein Zimmer aufzuräumen, und sie am Ende des Tages hereinkam und sah, dass es noch genauso unordentlich war wie zuvor. »Was ist der eigentliche Job?«
    »Ich möchte, dass du die Augen offen hältst, das ist alles«, sagte Ted.
    »Und wonach soll ich Ausschau halten?«
    »Nach niederen Männern in gelben Mänteln.« Teds Finger bearbeiteten weiterhin seine Augenwinkel. Bobby wünschte, er würde damit aufhören; es hatte etwas Unheimliches an sich. Spürte er irgendwas hinter ihnen, rieb und knetete er deshalb in einem fort an ihnen herum? Etwas, was ihn ablenkte, was sein sonst vernünftiges und geordnetes Denken störte?
    »Nach kleinen Männern in gelben Mänteln?«, fragte er verblüfft. Vor seinem geistigen Auge tauchten lauter gelb gewandete Zwerge auf. Das ergab zwar keinen Sinn, aber es war alles, was ihm dazu einfiel.
    Ted lachte, ein sonniges, echtes Lachen, bei dem Bobby bewusst wurde, wie unbehaglich ihm zumute gewesen war.
    »Nein, niedere Männer , im Dickensschen Sinn«, sagte er. »Damit sind Kerle gemeint, die ziemlich dumm aussehen … und auch ziemlich gefährlich. Zum Beispiel die Art Männer, die in einer Seitengasse würfeln und während des Spiels eine Flasche Schnaps in einer Papiertüte kreisen
lassen. Männer, die an Telefonmasten lehnen und Frauen nachpfeifen, die auf der anderen Straßenseite vorbeigehen, während sie sich den Nacken mit Taschentüchern wischen, die nie ganz sauber sind. Männer, die Hüte mit Federn in der Krempe schick finden. Männer, die aussehen, als wüssten sie alle richtigen Antworten auf alle dummen Fragen des Lebens. Ich drücke mich nicht sonderlich klar aus, hm? Kommt das irgendwie bei dir an, klingelt da vielleicht was?«
    Ja, allerdings. In gewisser Weise erinnerte es ihn an die Charakterisierung der Zeit als alte, kahlköpfige Betrügerin: das Gefühl, dass ein Wort oder eine Formulierung genau passte, obwohl man einfach nicht sagen konnte, warum. Es erinnerte ihn daran, dass Mr. Biderman immer unrasiert wirkte, selbst wenn man noch das auf seinen Wangen trocknende Rasierwasser roch, so wie man irgendwie rein instinktiv wusste, dass Mr. Biderman in der Nase bohrte, wenn er allein in seinem Wagen saß, oder in den Auswurfschacht jedes Münztelefons schaute, an dem er vorbeikam.
    »Ich versteh Sie schon«, sagte er.
    »Gut. Ich würde dich nie im Leben darum bitten, mit solchen Männern zu sprechen oder dich ihnen auch nur zu nähern. Aber ich möchte dich bitten, die Augen offen zu halten, einmal am Tag eine Runde um den Block zu drehen - Broad Street, Commonwealth Street, Colony Street, Asher Avenue, dann wieder hierher zurück, zur Nummer 149 - und einfach zu sehen, was du siehst.«
    Für Bobby begannen sich die Dinge zusammenzufügen. An seinem Geburtstag - der auch Teds erster Tag in Nr. 149 gewesen war -, hatte Ted ihn gefragt, ob er jeden in der Straße kenne, ob er

    (Gäste, die Gesichter von Unbekannten)
    Fremde erkennen würde, falls irgendwelche Fremden auftauchten. Keine drei Wochen später hatte Carol Gerber ihre Bemerkung fallen lassen, dass sie sich manchmal frage, ob Ted vor irgendetwas auf der Flucht sei.
    »Wie viele Kerle sind es?«, fragte er.
    »Drei, fünf, mittlerweile vielleicht auch mehr.« Ted zuckte die Achseln. »Du erkennst sie an ihren langen, gelben Mänteln und ihrer olivbraunen Haut … obwohl diese dunkle Haut nur eine Verkleidung ist.«
    »Was … Sie meinen, so eine Art Bräunungscreme? So was wie Man-Tan?«
    »Ich glaube, ja. Wenn sie Auto fahren, erkennst du sie an ihren Wagen.«
    »Welche Marken? Welche Modelle?« Bobby kam sich wie Darren McGavin in Mike Hammer vor und ermahnte sich, es nicht zu übertreiben. Dies war kein Fernsehfilm. Trotzdem, aufregend war es schon.
    Ted schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Aber du wirst es trotzdem merken, weil ihre Wagen so sind wie ihre gelben Mäntel und spitzen Schuhe und das schmierige, parfümierte Zeug, mit dem sie sich die Haare nach hinten klatschen: laut und vulgär.«
    »Nieder«, sagte Bobby - es war eigentlich keine Frage.
    »Nieder«, wiederholte Ted und nickte nachdrücklich.

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