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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schon vom ersten Moment an nicht verstanden -, aber sie ist deine Mutter, und …«
    »Was ist los mit ihr?«, fragte Bobby. Er achtete darauf, die Stimme nicht zu erheben, aber er packte Ted am Arm und schüttelte ihn. »Sagen Sie’s mir! Sie wissen es, das weiß ich! Ist es Mr. Biderman? Hat es was mit Mr. Biderman zu tun?«
    Ted schaute aus dem Fenster. Seine Stirn war gefurcht, die Lippen waren zusammengepresst. Schließlich seufzte er,
holte seine Zigaretten heraus und zündete sich eine an. »Bobby«, sagte er, »Mr. Biderman ist kein netter Mensch. Deine Mutter weiß das, aber sie weiß auch, dass wir uns manchmal mit Leuten gut stellen müssen, die nicht nett sind. Sie denkt, sie muss sich mit ihnen gut stellen, um zurechtzukommen, und das hat sie getan. Sie hat im letzten Jahr Sachen gemacht, auf die sie nicht stolz ist, aber sie ist vorsichtig gewesen. In mancher Hinsicht musste sie genauso vorsichtig sein wie ich, und ob ich sie nun mag oder nicht, ich bewundere sie dafür.«
    »Was hat sie gemacht? Wozu hat er sie gezwungen?« Etwas Kaltes bewegte sich in Bobbys Brust. »Warum hat Mr. Biderman sie nach Providence mitgenommen?«
    »Wegen der Immobilienkonferenz.«
    »Ist das alles? Ist das alles? «
    »Ich weiß es nicht. Sie wusste es nicht. Oder vielleicht hat sie das, was sie weiß und fürchtet, mit ihren Hoffnungen übertüncht. Ich kann es nicht sagen. Manchmal kann ich es - manchmal weiß ich Dinge ganz unmittelbar und sehr klar. Als ich dich gesehen habe, wusste ich sofort, dass du ein Fahrrad haben wolltest, dass es dir sehr wichtig war, eins zu kriegen, und dass du dir in diesem Sommer nach Möglichkeit das Geld dafür verdienen wolltest. Ich habe deine Entschlossenheit bewundert.«
    »Sie haben mich absichtlich berührt, nicht wahr?«
    »Ja, tatsächlich. Beim ersten Mal jedenfalls. Ich hab’s getan, um dich ein bisschen kennenzulernen. Aber Freunde bespitzeln einander nicht; wahre Freundschaft heißt auch, dass man dem anderen seine Privatsphäre lässt. Außerdem, wenn ich jemanden anfasse, gebe ich eine Art - nun, eine Art Fenster weiter. Ich glaube, das weißt du. Als ich
dich zum zweiten Mal berührt habe … richtig berührt, dich in den Armen gehalten, du weißt schon, was ich meine … das war ein Fehler, aber kein sonderlich schlimmer; du wusstest für kurze Zeit mehr, als du wissen solltest, aber es hat sich wieder gelegt, nicht? Doch wenn ich weitergemacht hätte … wenn ich dich immer wieder berühren würde, wie Leute es tun, wenn sie einander nahestehen … dann käme ein Punkt, wo sich die Dinge ändern würden. Wo es sich nicht wieder legen würde.« Er hob seine fast aufgerauchte Zigarette und sah sie angewidert an. »So wie man eine zu viel von denen hier raucht und dann sein Leben lang davon abhängig ist.«
    »Geht es meiner Mutter jetzt gut?«, fragte Bobby, obwohl er wusste, dass Ted ihm das nicht sagen konnte; worin Teds Gabe auch bestehen mochte, so weit ging sie nicht.
    »Ich weiß es nicht. Ich …«
    Ted wurde plötzlich steif. Er schaute aus dem Fenster auf etwas vor ihnen. Er drückte seine Zigarette so heftig im Aschenbecher in der Armlehne aus, dass Funken über seinen Handrücken sprühten. Er schien sie nicht zu spüren. »O Gott«, sagte er. »O Gott, Bobby, jetzt sind wir dran.«
    Bobby beugte sich über seinen Schoß, um aus dem Fenster zu schauen. Im Hinterkopf dachte er immer noch darüber nach, was Ted gerade gesagt hatte - wenn ich dich immer wieder berühren würde, wie Leute es tun, wenn sie einander nahestehen -, während er die Asher Avenue entlangschaute.
    Vor ihnen lag eine Kreuzung, in die drei Straßen einmündeten. Die Asher Avenue, die Bridgeport Avenue und die Connecticut Pike trafen auf einem Platz namens Puritan Square zusammen. Straßenbahnschienen glänzten in der Nachmittagssonne
; Lieferwagen hupten ungeduldig, während sie darauf warteten, den Stau so schnell wie möglich hinter sich bringen zu können. Ein schwitzender Polizist mit einer Pfeife im Mund und weißen Handschuhen regelte den Verkehr. Links lag das William Penn Grille, ein berühmtes Restaurant, in dem es angeblich die besten Steaks in Connecticut gab (Mr. Biderman hatte die ganze Belegschaft dorthin eingeladen, nachdem das Büro das Waverley-Anwesen verkauft hatte, und Bobbys Mutter war mit einem runden Dutzend William-Penn-Streichholzheftchen nach Hause gekommen). Es war vor allem deshalb berühmt, hatte seine Mutter einmal erzählt, weil die Bar diesseits der

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