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Atme nicht

Atme nicht

Titel: Atme nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer R. Hubbard
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denn von mir? Was in der Garage passiert ist, hab ich dir doch schon erzählt.«
    »Du hast mir erzählt, was du getan hast, aber nicht, warum du es getan hast. Genau das will ich wissen.« Sie öffnete die Augen und sah mich unverwandt an. Ihre Pupillen waren wie schwarze Löcher, die mich einzusaugen drohten.
    Was sollte ich ihr erzählen? Dass ich über einige der Dinge, nach denen sie mich fragte, noch nicht mal mit Dr. Briggs gesprochen, geschweige denn sie mir selbst gegenüber eingestanden hatte? Dass ich manchmal nicht begriff, was zum Teufel mich dazu getrieben hatte, und manchmal wiederum meinte, dass die Gründe sonnenklar waren?
    »Was willst du denn wissen?«
    »Wie du dich gefühlt hast. Warst du wütend? Oder traurig? Hat dir irgendwas leidgetan?«
    Ich wollte Nicki nicht erzählen, wie es gewesen war. Sobald ich an das zurückdachte, was meine Mutter mir im Diner alles an den Kopf geworfen hatte, war ich fest davon überzeugt, dass ich mich nie so elend hätte fühlen dürfen. Außerdem wurde mir klar, dass ich Angst davor hatte, in diese Kammer meines Gehirns zurückzukehren. Vor allem Angst davor, sie nicht wieder verlassen zu können.
    Ich rieb mir den Schweiß von der Stirn. Ich hatte keine Ahnung, wie etwas von dem, das ich ihr erzählen konnte, ihr helfen sollte, doch nachdem ich miterlebt hatte, wie sie sich bei diesen Medien ins Zeug gelegt hatte, war ich zumindest bereit, es zu versuchen. Ich hatte es satt, dass sie überall, wo sie nach Antworten suchte, leer ausging. Ich wollte ihr wenigstens etwas geben.
    Vielleicht machte ich mir aber auch was vor; vielleicht war ich derjenige, der etwas wollte. Und vielleicht brauchte ich es sogar, dass sie Bescheid wusste.
    »Okay«, sagte ich und begann zu erzählen.
    Von der Glasscheibe, unserm Umzug und dem todschicken Haus, das perfekt hatte sein sollen, aber aus den Fugen ging, hatte ich ihr bereits berichtet.
    Jetzt erzählte ich ihr, wie ich die Kopfschmerztabletten gehortet hatte. Ich wusste, dass ich keine zehn Flaschen brauchte – dass eine ausreichen würde, um mich umzubringen, doch der Kauf der Flaschen gab mir ein gutes Gefühl. Sobald ich mich schlecht fühlte, kaufte ich mir eine weitere. Manchmal holte ich die Flaschen unter meinem Bett hervor, strich mit der Hand über die Verpackungen und weidete mich an meiner Sammlung, als wäre sie ein Goldschatz.
    Vom Sprechen war meine Kehle völlig ausgetrocknet. Nicki ging zum Truck und kam barfuß mit der Wasserflasche zurück. Ich trank einen Schluck. Der Schatten des Baumes wurde immer länger.
    »Ich hab mal gehört, dass Männer es lieber mit einer Waffe als mit Pillen machen«, sagte Nicki. Ich dachte sofort an ihren Vater, sie sicher auch, obwohl keiner von uns es aussprach.
    »Meine Eltern haben nie Waffen besessen. Ich hätte gar nicht gewusst, wo ich eine herbekommen soll – und selbst wenn ich eine gehabt hätte, hätte ich überhaupt nicht damit umgehen können.« Um mir eine Waffe zu besorgen, hätte ich mit fremden Leuten reden und Fragen stellen müssen – etwas, das immer unmöglicher wurde, weil die Glasscheibe sich mehr und mehr verdickte. Ich hätte ein Waffengeschäft ausfindig machen, mir möglicherweise sogar einen Waffenschein besorgen müssen. Dann hätte ich herausfinden müssen, was für Munition ich brauchte, und schließlich und endlich hätte ich jemanden finden müssen, der mir zeigte, wie man mit dem verdammten Ding schoss. Allein der Gedanke an all diese Schritte machte mich fertig. Es kostete mich ja schon genug Kraft, durch den Tag zu kommen. Doch bei den Kopfschmerztabletten brauchte ich nur die Flasche aus dem Regal des Drugstores zu nehmen, damit zur Kasse zu gehen und zu bezahlen. Ohne dass ich mit jemandem reden oder dumme Fragen stellen musste.
    »Nicht dass ich denke, du hättest dir eine Waffe besorgen sollen«, sagte Nicki. »So habe ich das überhaupt nicht gemeint.«
    »Ich weiß. Hab ich auch nicht so verstanden.«
    »Ryan, ich hoffe, du weißt, wie ich es meine, aber ich begreife immer noch nicht, warum du sterben wolltest.«
    Ich trank einen weiteren Schluck Wasser und nahm all meinen Mut zusammen.
    Dann erzählte ich ihr mit stockender Stimme von Amy Trillis. Wie sie durch mich hindurchgesehen hatte, bis mir heiß und kalt wurde. Wie sie mich ausgelacht hatte, sodass ich mir ganz klein vorkam.
    Nach und nach näherte ich mich dem pinkfarbenen Bündel in meinem Wandschrank. Nachdem ich noch mehr Wasser in mich hineingekippt hatte, machte

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