Atme - wenn du kannst!
abgerutscht und mit dem Kopf auf die Reling geschlagen. Ich war nicht weit von dir entfernt, aber zu weit, um dir helfen zu können. Ich habe versucht, in deine Nähe zu kommen. Doch du bist einfach in einer Welle verschwunden. Dann herrschte nur noch Chaos. Ich sah dich noch einmal von Weitem. Aber dann hab ich dich leider aus den Augen verloren.“ Er schüttelte den Kopf. „Und du, Emily? Bist du allein hier?“
„Ja, abgesehen von diesen Schurken, die ich belauscht habe. Ich bin ihnen ausgewichen, genau, wie du es getan hast. Das sind die Raubtaucher, die auf uns geballert haben, wusstest du das?“
„Echt? Nein, ich hatte keine Ahnung. Ich habe Männerstimmen gehört und mich vorsichtshalber erst mal versteckt, als ich ihre Waffen gesehen habe. Ich dachte mir, dass diese Typen wohl kaum harmlose Touristen sein werden. Hast du die Tätowierungen von dem einen Kerl gesehen? Das sind Gang-Tattoos, wie man sie bei den Banden von Miami sieht. Und mit solchen Leuten legt man sich besser nicht an. Jedenfalls bin ich um ihren Lagerplatz herumgeschlichen und konnte es kaum glauben, als ich dich gesehen hab. Na ja, den Rest kennst du ja.“
„Wir sind hier auf einer Insel, so viel steht fest. Das habe ich schon herausfinden können. Das Eiland hat keinen Namen und ist nicht bewohnt, soweit ich weiß. Die Motorjacht der Raubfischer soll irgendwo im Schutz einer Landzunge ankern. Jedenfalls haben sie darüber gesprochen. Wir könnten das Boot klauen und damit entkommen, aber leider kann ich nicht mit der Maschine umgehen.“
„Aber ich. Mein Grandpa hatte eine kleine Motorjacht, mit der er öfter zum Hochseefischen rausgefahren ist. Deshalb liebe ich auch das Meer, obwohl ich ja in Minnesota aufgewachsen bin. Doch die Familie meiner Mutter stammt aus North Carolina. Wenn mein Großvater geangelt hat, musste ich das Boot steuern und auch navigieren. Es ist zwar schon ein paar Jahre her seit dem letzten Trip, aber so was verlernt man nicht. Jedenfalls käme es auf einen Versuch an.“
Emily schöpfte neue Hoffnung. Sie war bereits überglücklich, weil sie Andy wiedergefunden hatte und ihm offenbar nichts fehlte. Wenn ihr mit ihm gemeinsam die Flucht gelang, wäre das natürlich noch viel besser.
„Weißt du, wo die Jacht der Raubtaucher liegt, Andy? Hast du die Landzunge gesehen?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, aber wenn wir am Strand entlanggehen, werden wir das Boot wohl früher oder später finden. Ich musste eben meine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht mitten zwischen die Verbrecher zu springen und ihnen ihr Spanferkel zu klauen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal was gegessen hab.“
Emily schaute ihren Freund mitleidig an. Sie erinnerte sich, wie hungrig sie selbst noch vor Kurzem gewesen war. In der Aufregung des Wiedersehens hatte sie völlig vergessen, Andy etwas Essbares anzubieten.
„Mit Spanferkel kann ich nicht dienen“, sagte sie schnell. „Aber falls du Corned Beef magst, bist du herzlich eingeladen. Ich habe nämlich das Wrack eines Fischerboots gefunden, und dort lagert reichlich Büchsenfleisch. Und Cola gibt es auch noch. Ich könnte mir vorstellen, dass du auch sehr durstig bist.“
„Ja, und deine Einladung finde ich super. Ich nehme an, da hast du dir auch diese Hose und dieses Shirt ausgeliehen? Jedenfalls ist das eine tolle Idee von dir. Da sage ich nicht Nein, Emily. Mit vollem Magen kann ich den Motor der Raubtaucher-Jacht bestimmt doppelt so gut bedienen.“
Hand in Hand entfernten sie sich immer weiter vom Lagerplatz der Kriminellen. Emily hatte sich auf dem Hinweg an drei besonders dicht beieinanderstehenden Palmen orientiert. So war es kein Problem, direkt auf das Wrack der Esperanza zuzulaufen.
„Hast du noch andere Überlebende gesehen, Emily?“
Ihre Miene verdüsterte sich, bevor sie antwortete.
„Allerdings. Ich habe den Kapitän getroffen, bevor die Strömung uns wieder getrennt hat. Und du wirst niemals erraten, was er mir gestanden hat.“
„Hat er dir etwa eine Liebeserklärung gemacht? Habe ich Grund zur Eifersucht?“, fragte Andy mit einem halb amüsierten, halb ernsten Gesichtsausdruck. Und das war auch gut so. Emily spürte, dass Andy in sie verliebt war. Aber seine Gefühle waren anders als die von ihrem Ex. Jim hatte Emily mit Haut und Haaren für sich vereinnahmen wollen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Andy sich so verhalten würde.
„Eifersucht? Liebeserklärung? Nein, das nicht gerade.“
Emily schüttelte heftig
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