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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Büchse auf einen Tisch stellte und ihren Deckel abhob. Mit einer gläsernen Pinzette nahm er den strahlenden Kristall heraus.
    „Das ist die Substanz, Mr. Clayton”, fuhr er erklärend fort. „Fühlen Sie nur, wie warm das Blei schon wieder auf dem Wege bis hierher geworden ist. Hüten Sie sich, den Kristall zu berühren. Er teilt empfindliche elektrische Schläge aus... ”
    „Also eine Sorte Zitteraal”, versuchte Clayton zu scherzen.
    „Wesentlich stärker, Herr Direktor. Es ist nicht gut, dem Stoff zu nahe zu kommen. Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir damit hinter den Vorhang gehen. In der Dunkelheit können Sie ihn leuchten sehen.”
    Als Melton den Kristall nach geraumer Zeit wieder in die Büchse tat, war Clayton von dem Erfolg des Professors restlos überzeugt.
    „Ganz vorzüglich, mein lieber Professor. Einfach verbluffend”, sagte er beim Abschied zu ihm. „Übrigens ist Ihre Entdeckung Doktor Wandel schwer auf die Nerven gefallen. In seinem Ärger über Ihren Erfolg hat er uns die Freundschaft gekündigt. Er wird uns verlassen.”
    Professor Melton quittierte diese Nachricht mit einem schiefen Lächeln und konnte es sich nicht versagen, sie nach der Rückkehr in sein Laboratorium Phil Wilkin mitzuteilen. Auch der war außerstande, die Neuigkeit für sich zu behalten, und benutzte die Gelegenheit, sie seinem Schützling White zuzuflüstern.
    „Oh, Doktor Wandel will die United Chemical verlassen?” Tom White sagte es in gleichmütigem Tonfall, während er bei sich die Folgen überschlug, die sich für seine eigene Stellung daraus ergeben könnten. Wohin würde der Doktor gehen, wenn er Detroit verließ? White wußte von den früheren vergeblichen Bemühungen der Dupont Company um den Doktor. Natürlich würde man es jetzt erneut versuchen, ihn für den Konzern zu gewinnen, und nach menschlichem Ermessen blieb Dr. Wandel auch kaum etwas anderes übrig, als nach Salisbury zu gehen.
    Hatte es dann noch Zweck, daß er selber hier in Detroit blieb? Die Entscheidung darüber lag bei Mr. Spinner. Vielleicht rief ihn der schon in den nächsten Tagen zurück. Unter irgendeinem Vorwand würde er dann kündigen und aus Detroit verschwinden. Jedenfalls aber war es gut, wenn er dann nicht mit leeren Händen nach Salisbury zurückkehrte. Fast zwangsläufig kam Tom White zu dem Entschluß, zu dem seine Überlegungen so oft führten: vor dem Verschwinden hier noch auskundschaften und mitnehmen, was sich irgendwie lohnte. Und kaum war dieser Entschluß gefaßt, als er ihn auch schon in die Tat umzusetzen begann.
    Wo steckte der Doktor augenblicklich? Für einen Mann von Whites Qualitäten war es eine Kleinigkeit, das sehr schnell herauszubekommen. Schon fünf Minuten später wußte er, daß Dr. Wandel vor kurzem das Werk verlassen hatte und mit einem Auto in die Stadt gefahren war. Nach abermals fünf Minuten stand er in dessen Räumen. Sorgfältig durchsuchte er sie und mußte dabei zu seinem Leidwesen feststellen, daß er um weniges zu spät gekommen war.
    In dem Wandtresor steckte der Schlüssel. White konnte den Safe mit Leichtigkeit öffnen, aber er war leer. Die Aschenreste in dem Laboratorium nebenan sagten ihm, wo die Papiere geblieben waren, nach denen er suchte. Leer und sauber ausgewaschen waren auch die Mensuren, in denen bei seinem letzten Versuch noch die chemischen Verbindungen des neuen Stoffes in den mannigfachsten Farben schimmerten. Dr. Wandel hatte vor seinem Fortgang gründlich aufgeräumt. Ein einziges Stück nur noch zeugte von seiner früheren Tätigkeit hier. Der schwere Bleibehälter mit der radioaktiven Substanz. Der stand in einem Spülbecken und wurde von einem ständig laufenden Wasserstrahl überbraust.
    Nachdenklich blieb Tom White vor dem Becken stehen. Er erinnerte sich der Schwierigkeiten, die ihm selbst schon der Transport eines kleinen Kristalles dieser strahlenden Materie bereitet hatte. Ein Vielfaches davon mußte ja in diesem großen Bleibehälter hier vorhanden sein. Wie wollte der Doktor das fortbringen — wenn er überhaupt die Absieht hatte, es mitzunehmen?
    White sah keine Möglichkeit dafür, aber eine andere Idee kam ihm, während er vor dem Becken stand. Er sah für sich eine Gelegenheit, noch einmal handelnd in die Komödie Melton-Wilkin einzugreifen und sie zur Groteske zu machen. Der Gedanke belustigte ihn so, daß er laut auflachen mußte. Wenn das so glückte, wie er's sich jetzt ausmalte, dann standen ihm in Detroit noch einige vergnügte Tage bevor.
    Tom

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