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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Partei ergriffen, aber der Doktor wollte es ihm nicht nachtragen. Er wünschte in Frieden und Freundschaft von dem Manne zu scheiden, dem er sich trotz alledem zu manchem Dank verpflichtet fühlte.
    Auch Clayton war heute in einer versöhnlicheren Stimmung als am vergangenen Tage.
    „Es tut mir leid, Herr Doktor, daß Sie uns verlassen wollen”, sagte er bei Beginn der Unterhaltung. „Es wäre mir lieber, wenn Sie Ihre Arbeiten hier bei uns zu einem guten Ende brächten. Der Erfolg von Professor Melton — er kam uns allen unerwartet — hat die Lage zu Ihren Ungtmsten verschoben. Trotzdem möchte ich Ihnen vorschlagen, Herr Doktor Wandel, daß Sie sich die Sache noch einmal überlegen. Ich habe Ihren Entschluß dem Präsidenten noch nicht mitgeteilt. Noch könnten Sie bei uns bleiben und neben Professor Melton weiterarbeiten. Ich könnte veranlassen, daß der Autoklav Ihnen an bestimmten Tagen zur Verfügung steht.” Clayton mußte einige Zeit auf eine Antwort warten. Dr. Wandel saß da, den Kopf gesenkt, den Blick auf den Teppich gerichtet, und er blieb in dieser Haltung, während die Worte langsam von seinen Lippen kamen.
    „Mit dem alten Autoklav wäre es nicht getan, Mr. Clayton. Ein neuer, viel schwererer und stärkerer müßte beschafft werden, wenn wir wirklich das Ziel erreichen wollen, das mir vorschwebt.”
    Clayton fuhr auf. „Ich verstehe Sie nicht. Sie haben mit dem Apparat ja noch gar nicht gearbeitet und verlangen schon einen anderen?”
    „Sie irren sich, Herr Direktor. Ich habe mit dem Autoklav gearbeitet, bevor Professor Melton ihn für sich mit Beschlag belegte. Ich weiß genau, was sich mit ihm erreichen läßt und habe es auch erreicht.”
    Clayton sah ihn verwundert an. „Davon höre ich jetzt zum erstenmal, Herr Doktor. Ich will Ihren Worten glauben, aber Sie haben nichts darüber berichtet. Jetzt steht Professor Melton in der Öffentlichkeit als der Entdecker da. Das haben Sie sich selber zuzuschreiben. Wie kann ich Ihnen jetzt noch helfen? Präsident Chelmesford ist natürlieh von den Erfolgen des Professors begeistert. Für die Beschaffung neuer kostspieliger Apparaturen wird er im Augenblick nicht zu haben sein.”
    Dr. Wandel hob den Kopf wieder empor. Er warf Clayton einen eigentümlichen Blick zu, während er sagte:
    „Über die Erfolge von Professor Melton habe ich meine eigene Ansicht.”
    Clayton zuckte die Schultern.
    „Die Erfolge sind da, Herr Doktor. Nur ein Blinder oder ein Narr kann sie leugnen.”
    Ohne den Einwand zu beachten, fuhr Dr. Wandel fort: „Von heute auf morgen werde ich kaum eine andere Stellung annehmen. Ich möchte Ihnen meine Adresse hierlassen.”
    Die Haltung Claytons wurde abweisend. „Ich kann den Zweck nicht recht einsehen, Herr Doktor, wenn Sie doch entschlossen sind, uns zu verlassen.”
    „Ich möchte sie Ihnen für den Fall hierlassen, Mr. Clayton, daß Sie den Wunsch haben, mich wiederzuholen.”
    Der Doktor zog eine Besuchskarte hervor, schrieb unter seinen Namen die Adresse Schillingers am Saint-Clair-See und schob das Blatt Clayton hin. Der sah es unschlüssig an, als das Telephon auf seinem Tisch sich meldete. Er nahm den Hörer ab. Dr. Wandel hörte ihn sprechen.
    „Was sagen Sie, Herr Professor? Der heutige Versuch hat wieder dasselbe Ergebnis gehabt?... Noch ein besseres sogar?... Zehn Gramm radioaktive Substanz... Es ist recht, Herr Professor. Im Augenblick bin ich noch besetzt. Kommen Sie bitte in fünf Minuten zu mir.”
    Er legte den Hörer wieder auf und sah Dr. Wandel schweigend an. Der erhob sich und reichte ihm die Rechte. „Leben Sie wohl, Mr. Clayton. Für heute will ich mich von Ihnen verabschieden.”
    Clayton ergriff lässig die dargebotene Hand. Seine Gedanken waren bei dem neuen Erfolg Meltons. „Leben Sie wohl, Herr Doktor”, sagte er zerstreut, „und hier, vergessen Sie Ihre Karte nicht.”
    Dr. Wandel schob sie ihm wieder hin. „Behalten Sie sie, Herr Direktor, Sie werden sie noch brauchen.”
    Kopfschüttelnd sah ihm Clayton nach, als er den Raum verließ. Dann zerriß er die Besuchskarte und warf sie in den Papierkorb.
    „Kommen Sie mit in den Garten, Doktor”, begrüßte Joe Schillinger seinen Freund, „das Wetter ist heute prachtvoll. Wir wollen draußen zusammen Kaffee trinken.”
    Das Landhaus Schillingers lag neben dem Werk am Saint-Clair-See, und der Garten dahinter erstreckte sich bis an das Seeufer.
    Es war ein lauschiges Plätzchen, zu dem er den Doktor führte. Nach Norden hin hatten sie einen

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