Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
Vom Netzwerk:
Constable Frazier der nominelle Amtsinhaber – traten herbei, gerade als Holmes seine Untersuchung abgeschlossen hatte. Er sagte nichts von etwaigen Entdeckungen, die er gemacht hatte, sondern stand nur mitten im Riedgras, tief in Gedanken versunken, während der Doktor, der Friedensrichter und ich die Leiche einhüllten und zum Kutschwagen trugen. Als das Gefährt in Richtung Stadt davonrollte, kehrte ich zu der Stelle zurück, wo Holmes immer noch regungslos stand, offenbar ohne dass er von seiner durchweichten Hose und den vollgesogenen Stiefeln auch nur Notiz nahm.
    »Ist Ihnen noch etwas von Interesse aufgefallen?«, fragte ich ihn.
    Nach einem Augenblick schaute er mich an. Statt etwas zu erwidern, zog er eine Bruyèrepfeife aus der Tasche, zündete sie an und antwortete mit einer Gegenfrage. »Finden Sie das nicht auch sonderbar, Watson?«
    »Die ganze Geschichte ist rätselhaft«, entgegnete ich, »zumindest insoweit es diesen vermaledeiten, schwer fassbaren Wolf betrifft.«
    »Ich spreche nicht von dem Wolf. Ich spreche von der von Zuneigung geprägten Beziehung zwischen Sir Percival und seinem Sohn.«
    Dieses
non sequitur
ließ mich erstarren. »Ich fürchte, ich begreife nicht, worauf Sie hinauswollen, Holmes. Mir erscheint die Beziehung alles andere als liebevoll – zumindest was das gefühllose Desinteresse des Vaters an Leben und Wohlergehen des Sohnes angeht.«
    Holmes zog an seiner Pfeife. »Ja«, entgegnete er. »Das ist ja das Geheimnisvolle daran.«
    Da wir näher an Aspern Hall als an Hexham waren und der Friedensrichter unser Transportmittel beschlagnahmt hatte, spazierten wir auf die Straße zum Herrenhaus, wo wir nach knapp einer Stunde ankamen. Wir wurden von Sir Percival und seinem Sohn empfangen, die gerade ihr Frühstück beendeten. Die Nachricht von dem neuesten Angriff hatte sie noch nicht erreicht, und fast augenblicklich wurde das Anwesen von Aufruhr erfasst. Der junge Edwin tat seine Absicht kund, sofort aufzubrechen, um die Bestie aufzuspüren, doch Holmes riet ihm davon ab: Nach dem letzten Beutezug habe das Tier sich zweifellos in seine Höhle verkrochen.
    Dann fragte Holmes Sir Percival, ob er ihm seinen Brougham zur Verfügung stellen könne; er habe die Absicht, ohne Verzögerung nach Hexham zu fahren, um den ersten Zug nach London zu erreichen.
    Sir Percival verlieh seinem Erstaunen Ausdruck, willigte aber ein. Während die Kutsche geholt wurde, warf Holmes einen Blick in meine Richtung und schlug einen kurzen Spaziergang durch den Garten vor.
    »Ich denke, Sie sollten mit mir nach Hexham fahren, Watson«, sagte er. »Holen Sie Ihre Sachen aus dem Gasthof und kehren Sie dann nach Aspern Hall zurück, um hier zu übernachten.«
    »Warum um alles Welt?«, rief ich aus.
    »Wenn ich nicht sehr irre, kehre ich vermutlich bereits morgen aus London zurück«, sagte er. »Und in dem Fall werde ich die Bestätigung mitbringen, die mir noch fehlt, um das Rätsel dieser reißenden Bestie zu lösen.«
    »Aber Holmes!«, rief ich aus.
    »Doch bis dahin, Watson, bleibt Ihr Leben in großer Gefahr. Sie müssen mir versprechen, dass Sie das Herrenhaus erst verlassen, wenn ich zurückkehre – nicht einmal ein kurzer Spaziergang durch die Parkanlagen ist erlaubt.«
    »Ich muss schon sagen, Holmes –«
    »Ich bestehe darauf. In dieser Angelegenheit werde ich nicht nachgeben. Verlassen Sie den Haupttrakt nicht, besonders nicht nach Einbruch der Dunkelheit.«
    Obgleich dieses Ansinnen in höchstem Grade exzentrisch zu sein schien – insbesondere angesichts des Umstands, dass dem weit aggressiveren Edwin Aspern laut Holmes keine Gefahr drohte –, gab ich nach. »Ich muss schon sagen, ich erkenne nicht, wieso Sie so sicher sind, den Fall lösen zu können«, erklärte ich. »Der Wolf ist hier in Hexham – nicht in London. Sofern Sie nicht vorhaben, mit einem Paar schwerkalibriger Gewehre zurückzukehren, muss ich gestehen, dass ich in diesem Fall wirklich nicht sehe, was das bringen soll.«
    »Ganz im Gegenteil – gesehen haben Sie alles«, entgegnete Holmes. »Sie müssen kühner werden im Ziehen von Schlussfolgerungen, Watson.« Doch im selben Augenblick hörte man das Getrappel von Pferdehufen auf dem Kiesweg. Die vierrädrige Kutsche fuhr vor, Holmes schwang sich hinein und winkte mit seinem Hut. Mit einem letzten »Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe, seien Sie so gut!« bedeutete er dem Kutscher, er könne losfahren.
    Ich verbrachte einen trostlosen Tag in Aspern Hall.

Weitere Kostenlose Bücher