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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Sie war groß und dunkel, fast schwarz. Mit Entsetzen beobachtete ich, wie sie auf allen vieren geradewegs auf Holmes zusprang. Von seiner Position auf der anderen Seite der kleinen Bodenerhebung konnte mein Freund die Kreatur noch nicht entdeckt haben. Ich packte meinen Webley fester. Es gab keinen Zweifel: Das war der furchterregende Wolf selbst – und er hatte es darauf abgesehen, sein viertes Opfer zur Strecke zu bringen.
    Ich sah, wie er sich näherte, und hielt den Revolver bereit für den Fall, dass die Bestie Holmes zu nahe kommen sollte. Doch dann – das Tier war kaum noch hundert Meter von meinem Freund entfernt und kam gerade in seine Sichtweite – geschah etwas höchst Merkwürdiges. Die Bestie blieb stehen und kroch dann mit grässlicher Bedrohlichkeit vorwärts.
    »Guten Abend, Sir Percival«, sagte Holmes sachlich.
    Die Bestie reagierte mit einem bösartigen Bellen auf diese Begrüßung. Ich hatte mittlerweile meine Deckung verlassen und näherte mich dem Wolf von hinten. Abrupt stieg der Wolf auf die Hinterbeine. Als ich näher schlich und mein Bestes gab, kein Geräusch zu machen, sah ich zu meinem Erstaunen, dass es sich bei der Kreatur tatsächlich um einen Menschen handelte: Sir Percival in etwas, das ein schwerer Bärenfellmantel zu sein schien. Die Sohlen seiner Lederstiefel waren mit behelfsmäßigen Klauen ausgerüstet, und von seinen Handschuhen baumelten mit großen Knöpfen befestigte Wolfstatzen herab. In der einen Hand hielt er anscheinend eine Pistole, in der anderen eine große, krallenartige Gerätschaft mit schwerem Griff und langen, üblen Zinken. Sein helles, sich lichtendes Haar schimmerte in blassem, unnatürlichem Weiß im Licht des aufgehenden Mondes. Ich war wie gelähmt von dieser bizarren und völlig unerwarteten Wendung der Dinge.
    Wieder lachte Sir Percival – das Lachen eines Wahnsinnigen. »Guten Abend, Mr. Holmes«, sagte er. »Sie werden ein ausgezeichnetes Mahl abgeben.« Und mit einem rasenden Wortschwall, dem ich auch nicht annäherungsweise folgen konnte, entsicherte er seine Pistole und richtete sie auf Holmes.
    Diese extreme Notlage befreite mich aus meiner Lähmung. »Stellen Sie das Feuer ein, Sir Percival«, rief ich von seiner Flanke aus, meinen Revolver erhoben. »Ich habe Sie im Visier.«
    Überrumpelt wirbelte Sir Percival zu mir herum und zielte in meine Richtung. Währenddessen gab ich einen Schuss ab und traf den Mann am Arm. Mit einem Schmerzensschrei umklammerte er seine Schulter und fiel auf die Knie. Im Nu war Holmes an seiner Seite. Er nahm Sir Percival die Waffe und das groteske Gerät ab – welches er zweifellos benutzt hatte, um die Kratzwunden von Wolfskrallen zu simulieren – und wandte sich an mich.
    »Ich wäre froh, Watson, wenn Sie sich so schnell wie möglich in die Stadt begeben könnten«, sagte er ruhig. »Kommen Sie mit einem Fuhrwerk und mehreren kräftigen Männern wieder her. Ich bleibe so lange bei Sir Percival.«
    Die übrigen Einzelheiten lassen sich schnell zusammenfassen. Nachdem Sir Percival von den Behörden in Gewahrsam genommen und an das Polizeigericht überstellt worden war, kehrten wir nach Aspern Hall zurück. Holmes sprach nacheinander kurz mit dem Friedensrichter, dem jungen Edwin Aspern und Miss Selkirk und ließ sich anschließend nicht davon abbringen, mit dem nächsten Zug nach London zurückzufahren.
    »Ich muss gestehen, Holmes«, sagte ich, als unser Wagen bei Anbruch der Morgendämmerung über die Straße zurück nach Hexham rollte, »ich habe ja schon bei früheren Fällen öfter im Dunkeln getappt, aber das war Ihre bislang größte Überraschung. Zweifellos wird sich der Fall als Ihr
coup de maître
erweisen. Wie um alles in der Welt konnten Sie wissen, dass ein Mensch und kein Wolf hinter diesen Greueltaten gesteckt hat – und woher wussten Sie, dass es ausgerechnet Sir Percival war, wenn Sie es denn überhaupt wussten?«
    »Mein lieber Watson, Sie erweisen mir einen schlechten Dienst«, erwiderte Holmes. »Selbstverständlich wusste ich, dass es Sir Percival war.«
    »Erklären Sie das bitte etwas genauer.«
    »Es gab verschiedene Hinweise, klar erkennbar für jeden, der genügend Urteilskraft besitzt, um das Wichtige von bloßen Zufällen zu unterscheiden. Zunächst einmal war da der Irre – das erste Opfer. Wenn man es mit mehr als einem Mord zu tun hat, Watson, muss man der ersten Tat stets besondere Aufmerksamkeit zollen. Oft beruht das Motiv, und damit der ganze Fall, auf diesem

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