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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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kehrte mit dem sicheren Wissen aus London zurück, dass es nicht nur keinen Menschenfresser-Wolf gab, sondern dass Sir Percival drei Menschen ermordet hatte. Blieb nur noch die Frage, wie ich ihn überführen sollte. Ich konnte ja schlecht die Wahrheit enthüllen – dass es keinen Wolf gab. Nein, ich musste Sir Percival dazu bringen, mich zu seinem nächsten Ziel zu machen und das, sozusagen, auf vertrautem Gelände zu erledigen. Daher meine dramatische Ankündigung, ich hätte den Fall gelöst – und meine nächtliche Abkürzung über offenes Gelände, die mich zwischen dem Moor und dem Waldrand vorbeiführte, dem Schauplatz seiner früheren Untaten. Sofern kein Fehler in meinen Berechnungen steckte, war ich überzeugt, dass Sir Percival die Gelegenheit ergreifen würde, mich zu seinem vierten Opfer zu machen.«
    »Aber Sie sind doch nur zu Fuß losgegangen, weil an Sir Percivals Kutsche eine Achse gebrochen war«, sagte ich. »Wie können Sie so eine Zufälligkeit vorhergesehen haben?«
    »Ich habe es nicht vorhergesehen, Watson. Ich habe es herbeigeführt.«
    »Sie meinen –?« Ich hielt inne.
    »Ja. Ich fürchte, ich habe einen Sabotageakt gegen Sir Percivals Brougham begangen. Vielleicht sollte ich einen Scheck zur Begleichung der Reparaturkosten schicken.«
    Ein schwaches Pfeifen echote über den Morgenhimmel. Kurz darauf kam der Schnellzug in Sicht. Minuten später bestiegen wir ihn. »Ich gestehe, ich bin verblüfft«, sagte ich, als wir unser Abteil betraten. »Sie sind wie der Künstler, der seine beste Arbeit noch übertrifft. Da ist nur noch ein Detail, das ich nicht verstehe.«
    »In dem Fall, mein lieber Watson, schütten Sie Ihr Herz aus.«
    »Es ist eines, Holmes, einen Mord wie das Werk eines Tiers aussehen zu lassen, aber etwas ganz anderes, tatsächlich Teile der Leiche zu verschlingen. Warum hat Sir Percival das getan – ja sogar in zunehmendem Maße?«
    »Die Antwort darauf ist ganz einfach«, erwiderte Holmes. »Wie es scheint, hat Sir Percival in seinem sich steigernden Wahnsinn allmählich, ähm, Geschmack an seiner Beute gefunden.«
     
    Das Thema des Wolfs von Hexham wurde nicht mehr angesprochen, bis ich ungefähr ein halbes Jahr später auf eine Notiz in der
Times
stieß, in der bekanntgegeben wurde, dass der neue Besitzer von Aspern Hall und seine Verlobte im folgenden Monat in St. Paul’s getraut werden würden. Wie es schien, wurden die Greueltaten des Vaters – nach Meinung der ortsansässigen Bevölkerung zumindest – mehr als aufgewogen durch die militärischen Erfolge des Sohnes und den Mut, den er bei der Jagd nach dem angeblichen Wolf an den Tag gelegt hatte. Was mich angeht, so hätte ich, unter angenehmeren Umständen, gewünscht, die Bekanntschaft mit einer der attraktivsten jungen Damen zu vertiefen, die mir je begegnet war: Miss Victoria Selkirk.
    Bei der einzigen Gelegenheit, bei der Holmes selbst später Bezug auf den Fall nahm, drückte er lediglich ein flüchtiges Bedauern darüber aus, dass sich während des Ausflugs keine Gelegenheit geboten hatte, seine Studien über
Sciurus vulgaris,
das rote Eichhörnchen, weiterzuführen.

48
    C orrie hatte die Geschichte zu Ende gelesen und schaute auf. Pendergasts Blick ruhte auf ihr. Sie merkte, dass sie die Luft angehalten hatte, und atmete aus. »Heilige Scheiße!«
    »Das könnte man so sagen.«
    »Diese Geschichte … ich begreife die überhaupt nicht.« Ihr kam ein Gedanke. »Aber warum haben Sie gewusst, dass sie den Schlüssel liefert?«
    »Zunächst habe ich es nicht gewusst. Jedenfalls nicht gleich. Aber überlegen Sie einmal: Doyle war Mediziner. Bevor er seine Praxis eröffnete, hat er als Arzt auf einem Walfangschiff sowie als Schiffschirurg auf einer Fahrt entlang der westafrikanischen Küste gearbeitet. Es handelte sich dabei um eine der schwierigsten Anstellungen, die ein Mediziner damals bekleiden konnte. Auf diesen Reisen hat er sicher sehr viel Unangenehmes gesehen, gelinde ausgedrückt. Eine Geschichte, die ihn an einem Dinner-Table vom Stuhl hätte fallen lassen, hätte sehr viel abstoßender sein müssen als die über einen Menschenfresser-Grizzly.«
    »Aber die verschollene Geschichte? Was im Besonderen hat Sie zu ihr geführt?«
    »Die Geschichte, die er von Wilde hörte, hat Doyle derart aus der Fassung gebracht, dass er tat, was viele Autoren tun, um ihre Dämonen auszutreiben: Er baute sie in seine Bücher ein. Fast augenblicklich nach dem Treffen im Hotel Langham schrieb er die

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