Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
ein Fitnessraum, eine Bowlingbahn mit zwei Bahnen, ein Geräteraum, ein Swimmingpool mit Gegenstromanlage – leer – sowie mehrere Speicherräume. Es war fast obszön, dass ein Haus so groß war – und so leer.
Schließlich gelangte sie ans Ende des Flurs. Die Tür führte in ihre eigene kleine Wohnung. Sie trat ein, schloss die Tür hinter sich und stellte den kleinen Heizlüfter in dem Zimmer an, das sie sich ausgesucht hatte. Sie zog zwei tiefe Teller aus dem Schrank und stellte dem Hund Wasser und ein improvisiertes Abendessen aus Crackern und Müsli hin – morgen, wenn sie den Besitzer nicht finden konnte, würde sie ein bisschen Trockenfutter einkaufen.
Sie sah dem kleinen braun-weißen Hund zu, wie er gierig fraß. Das arme Ding war völlig ausgehungert. Es war ein Köter, aber ein lieber, mit einem großen ungebärdigen Haarschopf, der ihm in die Augen fiel. Der Hund erinnerte sie an Jack Corbett, den sie in der siebten Klasse gekannt hatte, damals in Medicine Creek. Ihm waren die Haare auf genau dieselbe Art ins Gesicht gefallen.
»Ich nenne dich Jack«, sagte sie zu dem Hündchen, als es schwanzwedelnd zu ihr aufblickte.
Einen Moment lang überlegte sie, ob sie sich einen Becher Kräutertee machen sollte, fühlte sich aber zu müde dafür und wusch stattdessen ab, zog rasch ihr Nachtzeug an und schlüpfte schließlich unter die kühle Bettdecke. Sie hörte das Klicken von Klauen, als der Hund ins Zimmer kam und sich am Fußende des Betts hinlegte.
Allmählich dämpften ihre Körperwärme und der kleine Heizlüfter – auf die höchste Stufe gestellt – die schlimmste Kälte. Corrie entschied sich dagegen, noch zu lesen, und nutzte den Strom lieber für Wärme als für Licht. Sie wollte den Stromverbrauch allmählich erhöhen und abwarten, ob Fine sich beschwerte.
Ihre Gedanken schweiften zurück zu ihrem Date mit Ted. Er war ernst und lustig und nett, ein bisschen linkisch, aber Skiprofis waren ja bekanntermaßen linkisch. Gutaussehend und linkisch und sorglos. Er war jedoch kein Leichtgewicht – er hatte Prinzipien, war idealistisch. Sie bewunderte seine Unabhängigkeit – dass er aus dem großen Haus der Eltern ausgezogen war und sich eine kleine Wohnung in der Stadt genommen hatte.
Sie drehte sich um im Bett. Allmählich wurde sie müde. Ted war ein heißer Typ und dazu noch nett, aber sie wollte ihn etwas besser kennenlernen, bevor …
… Irgendwo in den fernen Räumen des Hauses über ihr ertönte ein lautes
Bumm.
Sofort hellwach, setzte sie sich auf. Was zum Teufel war das?
Regungslos blieb sie liegen. Das einzige Licht im Zimmer spendeten die hellroten Spiralen des Heizlüfters. Während sie angestrengt lauschte, hörte sie das leise Klagen des Windes, der durch das Tal strömte.
Da war nichts anderes. Es musste ein toter Ast gewesen sein, der im Wind abgebrochen war und gegen das Dach schlug.
Langsam legte sie sich im Bett zurück. Im Dunkeln liegend, nahm sie den Wind bewusst wahr und lauschte seinem leisen Murmeln und Rauschen. Während die Minuten verstrichen, kehrte die Schläfrigkeit allmählich zurück. Ihre Gedanken schweiften zu ihren Plänen für den morgigen Tag. Die Analyse des Bowdree-Skeletts war so gut wie fertig, aber wenn sie Fortschritte mit ihrer Theorie erzielen wollte, musste sie die Genehmigung bekommen, einige der anderen Überreste zu untersuchen. Natürlich hatte Pendergast angeboten, genau das zu tun, und sie kannte seine Einmischungen gut genug, um zu glauben, dass er genau das tun würde.
Wenn sie’s recht bedachte, wieso verursachte der bloße Gedanke an Pendergast – zum ersten Mal überhaupt, seit sie ihn kannte – einen Hauch von Verärgerung? Schließlich hatte der Mann sie vor einer zehnjährigen Gefängnisstrafe bewahrt. Er hatte ihre Karriere gerettet, hatte ihr die Ausbildung bezahlt, im Grunde ihr Leben zurück auf die Spur gebracht.
Wenn sie ehrlich mit sich war, musste sie zugeben, dass es nichts mit Pendergast zu tun hatte – und alles mit ihr selbst. Dieses Geheimlager von Skeletten stellte ein großes Projekt und eine unglaubliche Chance dar. Sie scheute den Gedanken, dass sich jemand anders einmischte und ein wenig von ihrem Rampenlicht stahl. Und Pendergast war unabsichtlich imstande, genau das zu tun. Wenn auch nur ein kleines bisschen davon durchsickerte, dass er ihr geholfen hatte, würden alle annehmen, dass
er
die echte Arbeit getan hatte, und ihren eigenen Beitrag als gering einschätzen.
Immer und immer wieder
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