Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
hatte ihre Mutter genüsslich darauf hingewiesen, was für eine Verliererin sie doch sei. Ihre Klassenkameradinnen in Medicine Creek hatten sie »Irre« oder »nichtsnutzige Tusse« gerufen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie viel es ihr bedeutete, etwas Wichtiges erreicht zu haben.
Da war es wieder, das Geräusch. Aber das war nicht das Bumsen eines Baumasts, der aufs Dach schlug, sondern ein leises, kratzendes Geräusch, das von irgendwo gar nicht weit entfernt von ihrem Zimmer kam, leise, ja verstohlen.
Corrie horchte. Vielleicht war es wieder der Wind, der einen Kiefernast hin und her und gegen das Haus schlug. Aber für einen vom Wind verursachten Laut klang es unheimlich regelmäßig.
Sie schlug die Decke zur Seite und stieg aus dem Bett. Sie knipste das Licht an, öffnete die Tür zur eigentlichen Villa, blieb stehen und horchte. Das Geräusch hatte aufgehört. Nein, da war es wieder. Es schien von der Schluchtseite des Hauses zu kommen, vielleicht vom Wohnzimmer.
Corrie ging forschen Schritts über den langen Flur, der mit Schattenstreifen versehen war und hallte, und schlich sich in den Security-Raum. Die diversen Geräte waren eingeschaltet, summten und klickten, aber der zentrale Überwachungsmonitor war ausgeschaltet. Sie schaltete ihn ein. Ein Bild erschien: Kamera eins, das Standardbild, das die vordere Zufahrt zeigte, die momentan leer war.
Sie drückte den Knopf, so dass sich der Bildschirm zu einem Schachbrett kleinerer Bilder auflöste, und betrachtete die Einspeisungen der verschiedenen Kameras. Zwei, vier, neun, sechzehn … und dort, im Fenster von Kamera neun, sah sie es: ein rotes B mit einem Kreis ringsherum.
B für Bewegung.
Rasch drückte sie den Knopf für Kamera neun. Jetzt füllte ihr Bild den Monitor aus: Es handelte sich um den Blick auf die rückwärtige Tür, die von der Küche auf die riesige Terrasse mit Blick auf die Schlucht führte. Inzwischen war das B viel größer geworden. Aber da war keine Bewegung, nichts, was sie sehen konnte. Mit zugekniffenen Augen spähte sie auf das gepixelte Bild. Nichts.
Was zum Teufel hatte Fine gesagt? Wenn eine der Überwachungskameras eine Bewegung registrierte, wurde die Videoeinspeisung auf Festplatte gespeichert, eine Minute vor der Entdeckung der Bewegung und eine weitere Minute, nachdem die Bewegung angehalten hatte.
Was also hatte Kamera neun ausgelöst?
Der Wind, der an den Bäumen rüttelte, konnte es nicht sein: Es waren keine Bäume zu sehen. Noch während Corrie zuschaute, verschwand das B vom Bildschirm. Jetzt sah sie nur die Rückseite des Hauses, Datums- und Zeitstempel liefen am unteren Bildrand.
Sie schaltete zurück zum Schachbrett der Kameras und betrachtete den Computer in der Hoffnung, ein Playback von Kamera neun zu bekommen. Der Rechner war eingeschaltet, aber als sie die Maus bewegte, öffnete sich ein Fenster, in dem nach einem Passwort gefragt wurde.
Scheiße.
Jetzt verfluchte sie sich, nicht mehr Fragen gestellt zu haben.
In Corries Augenwinkel blitzte irgendetwas Rotes auf. Schnell drehte sie sich zum Monitor um. Da war es, in Kamera acht: etwas Großes und Dunkles, das um das Haus schlich. Schwarze Rechtecke schwebten darum herum und zeichneten das Vorankommen auf. Wieder blinkte das B auf dem Bildschirm.
Vielleicht sollte sie die Polizei rufen. Aber sie hatte ihr Handy im Auto liegengelassen, außerdem hatte dieser Geizkragen Fine natürlich seinen Festnetzanschluss gesperrt.
Corrie sah genauer hin; ihr Herz begann zu klopfen. Der Bereich der hinteren Terrasse lag im Schatten, das Mondlicht war durch das Haus verdeckt, und sie konnte nicht genau erkennen, was sie da sah.
War es ein Tier? Ein Kojote vielleicht? Nein, für einen Kojoten war es zu groß. Irgendetwas an der verstohlenen, absichtsvollen Art, mit der es sich bewegte, jagte ihr einen Schauder über den Rücken.
Jetzt war es vom Schirm verschwunden. Die anderen Kameras gaben keine Alarmmeldungen von sich. Aber Corrie war überhaupt nicht beruhigt. Was immer sie da gesehen hatte, war um die Seite des Hauses herumgekommen. Ihre Seite des Hauses.
Abrupt drehte sie sich um. Was war das für ein Geräusch? Das Quieken einer Maus? Oder – vielleicht, nur vielleicht – das leise Quietschen eines Fensters, das aufgezogen wurde?
Während ihr das Herz bis zum Hals schlug, lief sie aus dem Security-Raum und über den Flur in das kleine Zimmer. Vor ihr gähnten die großen Fenster.
»Hau ab, du Arschloch!«, schrie sie die Fenster an. »Ich hab eine
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