Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
nichts Offizielles. Ich hätte Ihnen meinen Pass gezeigt, aber der liegt im Hotelsafe.«
Miss Pembrokes flatterndes Herz kam zur Ruhe. Sie hatte noch nie mit einer Strafsache zu tun gehabt. Schon bei der bloßen Möglichkeit empfand sie Abscheu.
»Nun gut, Mr. Pendergast, das ist beruhigend, ich stehe Ihnen also zu Diensten. Bitte sagen Sie mir, welche Immobilie Sie denn gern besuchen möchten.«
»Ein Cottage namens Covington Grange.«
»Covington Grange. Covington Grange.« Miss Pembroke sagte der Name nichts. Aber der Trust hatte Hunderte Immobilien in seiner Obhut – darunter einige der größten Anwesen Englands –, deshalb konnte man ja nicht erwarten, dass sie sich an alle erinnerte.
»Einen kleinen Moment bitte.« Sie drehte sich zu ihrem Computer um, klickte durch ein paar Menüs und trug den Namen in das vorgesehene Fenster ein. Mehrere Fotos und ein langer Texteintrag erschienen auf dem Bildschirm. Während sie den Eintrag las, kam ihr dann doch eine leise Erinnerung an das Gebäude. Kein Wunder, dass die Leute vom Besucherdienst dem Mann empfohlen hatten, mit dem Verwaltungschef zu sprechen.
Sie wandte sich wieder an diesen Pendergast. »Covington Grange«, sagte sie noch einmal. »Früher im Besitz von Leticia Wilkes, die 1980 verstarb und das Haus dem Staat vererbte.«
Der Mann namens Pendergast nickte.
»Es tut mir sehr leid, Ihnen sagen zu müssen, Mr. Pendergast, dass ein Besuch von Covington Grange nicht in Frage kommt.«
Als er dies hörte, huschte ein Ausdruck der Enttäuschung über sein Gesicht. Er rang um Fassung. »Es muss gar kein langer Besuch sein, Miss Pembroke.«
»Tut mir leid, das geht nicht. Der Akte zufolge ist das Cottage seit Jahrzehnten geschlossen, der Öffentlichkeit nicht zugänglich, solange der Trust darüber befindet, was er damit anfangen will.«
Der Arme wirkte derart verzweifelt, dass selbst Dorothea Pembrokes hartes und immer so korrektes Herz weich zu werden begann. »Dem Cottage haben die Elemente stark zugesetzt«, sagte sie zur Erklärung. »Es ist nicht sicher und muss umfangreich saniert werden, ehe wir irgendjemanden hineinlassen können. Und momentan sind unsere Mittel – wie Sie sich vorstellen können – begrenzt. Es gibt zahlreiche weitere Immobilien, wichtigere Immobilien, die ebenfalls unserer Aufmerksamkeit bedürfen. Und um ganz offen zu sprechen: Covington Grange ist von marginaler historischer Bedeutung.«
Mr. Pendergast senkte den Blick und rang die Hände. Schließlich sagte er: »Haben Sie vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mir die Situation zu erläutern. Ich habe vollstes Verständnis. Nur«, und hier schaute Mr. Pendergast auf und begegnete ihrem Blick, »ich bin der letzte lebende Nachkomme von Leticia Wilkes.«
Miss Pembroke blickte überrascht auf.
»Sie war meine Großmutter. Von der Familie bin nur noch ich übrig. Meine Mutter ist im vergangenen Jahr an Krebs gestorben, mein Vater bei einem Eisenbahnunglück ums Leben gekommen. Meine … Schwester hat erst vor drei Wochen ihr Leben verloren, durch einen Raubmord. Sie sehen also …« Mr. Pendergast hielt kurz inne, um sich zu sammeln. »Schauen Sie, Covington Grange ist alles, was wir noch besitzen. Dort habe ich als Junge die Sommer verbracht, bevor meine Mutter uns nach Amerika brachte. Das Haus birgt all die glücklichen Erinnerungen, die ich an meine Familie habe.«
»Oh, verstehe.« Das war in der Tat eine herzzerreißende Geschichte.
»Ich möchte das Haus nur noch ein letztes Mal sehen, nur einmal, bevor das Interieur ganz verfällt. Und … vor allem gibt es da ein altes Familienfotoalbum, ich erinnere mich, wie ich es als Junge durchgeblättert habe, verstaut in einem Küchenschrank, das ich gerne mitnehmen möchte … wenn Sie nichts dagegen haben. Ich besitze nichts,
nichts
mehr von der Familie. Wir haben alles zurückgelassen, als wir nach Amerika gingen.«
Während Miss Pembroke sich diese tragische Geschichte anhörte, wallte Mitgefühl in ihren Augen auf. Nach einem Moment räusperte sie sich. Aber Mitleid war eines,
Pflicht
etwas ganz anderes.
»Wie gesagt, es tut mir sehr leid«, sagte sie. »Aber aus all den von mir genannten Gründen kommt es einfach nicht in Frage. Und überhaupt gehört die gesamte Inneneinrichtung dem Trust, auch die Fotografien, die von historischem Interesse sein könnten.«
»Aber die modern doch nur vor sich hin! Es ist dreißig Jahre her, und nichts ist unternommen worden!« Pendergasts Stimme
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