Attentat auf Georgia
umherlungerte, teilte mir gütigst mit, sie sei schon den ganzen Tag
weg. Sie sei ihren Bruder besuchen gegangen und würde nicht vor sechs zurück
sein, weil sie nie vor sechs zurück sei. Sagte der Knabe.
Ich erwiderte, daß das nicht
die geringste Rolle spiele, vielmehr völlig egal sei.
Der Knabe schob die Hände in
die Hosentaschen und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Wer sind Sie denn
überhaupt?« fragte er mit gesundem Mißtrauen.
»Ich heiße Wheeler.«
»Hm. Sind Sie vielleicht ein
Schulinspektor, der wo Schulschwänzer jagt?«
»In gewisser Hinsicht ja,
junger Mann«, erwiderte ich. »Eigentlich interessiere ich mich nicht für Mrs.
O’Shea, sondern für Rita Tango.«
»Da haben Sie Pech gehabt,
Herr. Sie ist schon wieder verduftet.«
Ich zündete mir eine Zigarette
an.
»Da habe ich allerdings Pech
gehabt«, sagte ich. »Hast du sie gut gekannt?«
»Na, und ob — sie war immerzu
da — , hat nur selten was getan.«
»Und wenn sie was getan hat,
was tat sie dann?«
»Filmen, Behauptet sie ...«
Er zuckte verächtlich die Schultern. »Ich habe sie noch nie in einem Film
gesehen. Große Nummer!«
»Weißt du, ob sie einen Agenten
hat?«
»Sicher. Jede Woche hat sie ihn
aufgesucht. Ich habe sie gefragt, wie es denn kommt, daß der Kerl nicht einmal
in Hollywood sitzt, wenn er ein so großer Agent ist, und da hat sie gesagt, daß
das nur eine Filiale ist.«
»Du kannst dich nicht an den
Namen erinnern?«
Plötzlich wurden seine Äuglein
klein und schlau. »Wieviel schuldet sie Ihrer Firma, Herr?«
»Zehn Piepen«, erwiderte ich.
»Ach was! Wegen zehn schäbigen
Piepen würden Sie sich nicht die Mühe machen, ihr nachzulaufen.«
»Du bist mir viel zu gerissen.
Was soll es kosten?«
Er holte tief Atem. »Fünf
Dollar?« sagte er dann zögernd.
»Abgemacht.«
Ich stellte mich neben ihn auf
die Stufen, blickte mit eisiger Miene auf ihn hinab und öffnete dann ein wenig
das Jackett, so daß er meine Pistole sehen konnte. Er riß die Augen auf.
»Hast du noch nie von Kent
Fargo gehört, mein Junge?« flüsterte ich mit schiefem Mund.
»Ja — s-s-sicher, Herr«,
stotterte er.
»Fargo ist hinter ihr her, mein
Sohn. Sieh zu, daß du mich nicht anlügst, ha! Du bist noch ein bißchen zu jung,
um schon ins Gras zu beißen. Wo hier noch nicht mal welches wächst.«
»Ich sage nur, was wahr ist,
Herr!« beteuerte er mit ernster Miene. »Der Mann heißt Chuck Finley — sein Büro
liegt in der Mortlake Street — die Hausnummer weiß ich nicht.«
»Okay«, sagte ich.
Das Schlucken schien ihm schwerzufallen.
»Und das mit den fünf Piepen war nur ein Spaß, Herr.«
Ich nahm einen
Fünf-Dollar-Schein aus der Brieftasche und gab ihn meinem sommersprossigen
Gewährsmann. »Abgemacht ist abgemacht, mein Sohn.«
Es war halb drei, als ich in
Finleys Büro erschien. Die Empfangsdame hatte gebleichte Haare und sah so aus,
als ob sie schon vor etlichen Jährchen gestorben wäre, ohne daß sich jemand
darum gekümmert hätte.
»Name?« fragte sie.
»Wheeler... Ich — «
Sie fiel mir ins Wort. »Das
können Sie sich sparen. Er hat ja doch nichts zu tun. Gehen Sie man rein.«
Ich öffnete die Tür zu Mr.
Finleys privatem Arbeitsraum und trat ein. Er saß hinter einem Schreibtisch,
der mit Fotos und den Überbleibseln seines Lunchs bedeckt war. Er war fett,
glatzköpfig und abstoßend.
»Mein Name ist Wheeler«, begann
ich. »Ich...«
Er hob die Hand. »Sie brauchen
mir nichts zu erzählen, lieber Freund — ich werde Ihnen erzählen, was
los ist.« Sorgfältig musterte er mich von oben bis unten, dann schüttelte er
den Kopf. »Nein. Ich muß Ihnen sagen, lieber Freund, Ihnen fehlt das gewisse
Gewisse.«
»So? Woher wissen Sie das?«
»Mit Ihrem Aussehen kommen Sie
nicht mal zur Tür rein... Eine Charakterrolle?« Wieder schüttelte er den Kopf.
»Ich sehe es auf den ersten Blick, lieber Freund — dazu fehlt Ihnen der
Charakter! Statisten findet man in Hollywood in Hülle und Fülle und braucht
ihnen nicht erst die Busfahrt von Pine City zu zahlen. Bitte, beim Hinausgehen
der Empfangsdame das Honorar zu entrichten. Bedaure sehr.«
»Honorar?«
»Fünf Dollar für die Konsultation.
Sie wollten wissen, ob Sie beim Film Chancen haben, nicht wahr? Deshalb sind
Sie zu mir gekommen, nicht wahr? Sie haben meine Zeit, mein fachmännisches
Wissen beansprucht. Fachmann wird man nicht über Nacht.«
»Fachmann — worin?«
Jetzt kniff er die Augen
zusammen. »Wer sind Sie denn eigentlich?«
Ich
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