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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Zierde als tatsächlich Waffe, pflügte durchs gischtende Wasser wie eine schreckliche Seeschlange. Aus dem Ruderraum drang das Gebrüll des Schiffsführers herauf, das Sausen der Peitsche. Nur noch fünfzig Meter, dreißig, zwanzig – das Piratenschiff taumelte und schaukelte heftig, als sie es mit einem grässlich splitternden Krachen mittschiffs rammten. Der Rammdorn durchschlug mühelos das Schanzkleid der überrumpelten
Draco
, in die augenblicklich Meerwasser zu strömen begann.
    Es lief auf gegenseitige Vernichtung hinaus. Die Piraten fingen umgehend an, wutentbrannt schwere Geschosse aus Stein und Blei über die hohen Seitenwände der verwundeten
Draco
zu wuchten und auf die Decks der dreisten Beute hinunterfallen zu lassen. Ein Steinbrocken durchschlug die Planken aus Eiche und krachte in den Ruderraum, aber der Schiffsführer hatte gemäß Aëtius’ Anordnung die Rudersklaven bereits von ihren Bänken zerren lassen, und niemand wurde verletzt. Die beschädigten Holzwände dieser beengten Welt begannen jedoch einzustürzen, und das dunkle Wasser flutete herein.
    Thorismund sah das Schiff kurz als armseliges Floß vor sich, das über einer bodenlosen, tödlichen schwarzen Tiefe schwebte. In der es von unbekannten Lebewesen nur so wimmelte, mondlichtbleichen Ungeheuern aus schwärzester Nacht. Und dieses Floß wurde jetzt gerade unter ihnen zu Kleinholz zerschmettert. Es war Wahnsinn. Sie würden alle umkommen. Aber Aëtius hatte gesagt, sie sollten ihm vertrauen. Na schön. Er zog sein Schwert. Krieg ist keine Hexerei, und Schlachten gewinnt man nur durch Tapferkeit. So lautete, wie der Prinz allmählich begriff, Aëtius’ Devise. Eine Devise, ebenso altmodisch und überholt wie sein Haarschnitt – und seine unerschütterliche Treue zu Rom.
    Die
Haifisch
kam jetzt von hinten heran, offenbar entschlossen, den Schaden zu rächen, der ihrem Schwesterschiff zugefügt worden war.
    «Loyalität unter Piraten», spottete Aëtius. «Es gibt noch Zeichen und Wunder! Werft den Enterhaken aus!»
    Die große, hakenbewehrte Klaue klirrte dumpf gegen die Außenwand der
Haifisch
und platschte ins Wasser. Sofort holten die Seeleute sie wieder ein, um es ein weiteres Mal zu versuchen. Überraschte Piraten schossen Pfeile auf sie ab, und Theoderich ließ den Seeleuten von seinen Kriegern Feuerschutz geben, einem halben Dutzend Bogenschützen, die den Beschuss so aggressiv erwiderten, dass die Piraten sich schutzsuchend hinter ihre Armierungen duckten, ebenso überrumpelt von dieser unerwarteten Gegenwehr wie ihre Spießgesellen auf der
Draco
. Sonst fielen sie immer über wehrlose Beute her – jetzt drehte die Beute den Spieß auf einmal um.
    Der Enterhaken wirbelte erneut durch die Luft und glitt an der Verschalung herunter, bis eine der Klauen über die Unterkante einer Ruderdolle rutschte und sich dort verhakte. Perfekt. Zu weit unten, als dass sich ein Pirat mit dem Schwert in der Hand hätte hinabrecken und das Seil durchhauen können. Die visigotischen Pfeile hätten ihn durchlöchert. Allmählich gerieten die Piraten ins Grübeln, ob es tatsächlich so klug gewesen war, ihrem Schwesterschiff zu Hilfe zu eilen. Auf diesem gegnerischen Schiff befanden sich bloß eine Handvoll Bogenschützen sowie dieser schroff blickende römische Befehlshaber mit dem roten Umhang, der ein schönes Lösegeld einbringen würde, wenn er ihnen lebend in die Hand fiel. Trotzdem war den Piraten nicht ganz wohl zumute. Einer von ihnen war bereits von einem weiß gefiederten Pfeil am Arm verwundet worden. Irgendetwas stimmte da heute nicht.
    Ein Pirat richtete sich auf und schleuderte einen Speer auf einen der Seeleute, aber der Mann, ein Libyer, sprang leichtfüßig beiseite, und der Speer bohrte sich zitternd ins Holz des Decks. Der Libyer riss ihn heraus und schleuderte ihn zurück. Kein gezielter Wurf, aber der Pirat duckte sich trotzdem und fluchte.
    «Holt ein!», brüllte Aëtius.
    Die Seeleute stemmten die schwieligen Füße gegen die Deckplanken der
Cygnus
und zogen aus Leibeskräften an dem Seil des Enterhakens. Langsam, ganz langsam geriet die
Haifisch
in Bewegung und trieb breitseits heran. Von oben erscholl ein wütender Ruf, ein Befehl oder eine Warnung ihres Kapitäns. Aber es war zu spät.
    Wieder drang ein fürchterliches Krachen vom Vorschiff herüber. Ein weiteres Loch klaffte im bereits zersplitterten Deck der
Cygnus
, und der Hauptmast neigte sich langsam nach vorn. Immer mehr Wasser strömte unter Deck herein, wo

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