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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Wolfskrieger zähnefletschend und mit gezückten Schwertern über die hohe Reling gestürmt kamen. Die Piraten leisteten nur halbherzigen Widerstand, zur nicht geringen Enttäuschung der Wolfskrieger. Wie schon die Besatzung der
Draco
, zogen auch sie es vor, sich in die dunklen, stillen Fluten der Ägäis zu retten – und das, obwohl sie alle nicht schwimmen konnten, wie die meisten Seeleute, die in dieser Fertigkeit abergläubisch eine Art Versuchung des Schicksals sehen. Wer sich nicht rasch genug zum Sprung entschließen konnte, wurde von gotischen Schwerthieben sang- und klanglos niedergemacht und landete als lebloser Körper ebenfalls in der schäumenden Gischt.
    Aus dem Hintergrund war ein eigenartiges Geräusch zu vernehmen, dem Gurgeln eines Abflusskanals bei heftigem Regen nicht unähnlich, viel mächtiger und lauter jedoch. Das Grollen einer gewaltigen, namenlosen Meereskreatur vielleicht. Es war die
Cygnus
, die jetzt endgültig unterging und dabei die
Draco
mit in die Tiefe riss, in die sie unverändert mit ihrem Rammsporn verkeilt war. Die Masten der beiden Schiffe sanken einander entgegen wie ermattete Liebende, Balken knarrten, die Decks wurden von der See überspült. Verzweifeltes Geschrei drang aus dem Rumpf der
Draco
: Die Piraten hatten sich nicht damit aufgehalten, ihre Rudersklaven loszuketten. Bis sich unter das Jammern und Wehklagen auf einmal Freudenschreie mischten, als würden die Unglücklichen unter Deck plötzlich Hoffnung schöpfen.
    Aëtius sah sich suchend um. Thorismund war verschwunden.
    Die Sklaven der
Cygnus
drängten unterdessen hinter den gotischen Kriegern her, um sich an Bord der von den Piraten aufgegebenen
Haifisch
in Sicherheit zu bringen. Danach kamen die Seeleute, dann Aëtius und Theoderich und ganz zum Schluss der Schiffsführer, der sich noch einmal, nach alter Sitte, hinkniete und das Deck seines untergehenden Schiffs küsste, ehe er es dem Meer überließ.
    Rudersklaven tauchten nach und nach an Deck der halb versunkenen
Draco
auf und sprangen in die Fluten. Theoderich behielt das Geschehen angespannt im Auge.
    «Wie war das, du und dein Bruder, ihr könnt beide nicht schwimmen?», fragte Aëtius.
    Theoderich brachte kein Wort heraus.
    «Heute wird er es wohl lernen müssen.»
    Die Seeleute zogen die letzte Enterplanke an Bord, und der kleine Libyer schwang sich beherzt über die Reling und hielt sich mit nur einer Hand daran fest, während er mit einem langen Messer in der anderen das Seil am Enterhaken kappte, das sie noch mit den untergehenden Schiffen verband.
    Aëtius nickte anerkennend. «Dafür würde ich dich glatt zur Beförderung vorschlagen, aber du bist ja leider nur ein einfacher Seemann.»
    Der Seemann lächelte strahlend. «Ein Goldsolidus tut’s stattdessen auch, Herr.»
    Aëtius musterte ihn versonnen. Dann griff er in seinen Mantel und brachte eine Goldmünze zum Vorschein, die er kurz betrachtete. Das Münzmotiv zeigte Valentinian selbst, den kriegerischen Kaiser, der einen Barbaren am Schopf über den Boden schleifte. In den Rand waren die Worte «Unbesiegtes ewiges Rom, Heil der Welt» eingeprägt. Er schnippte die Münze lässig in die Luft, und der Libyer fing sie geschickt auf.
    «Glaub aber nicht alles, was du darauf liest», murmelte Aëtius.
    Vom Bug ihres neuen Schiffs drang Wehgeschrei herüber. Es war Nicias, der den Verlust der Kisten mit seinen alchemistischen Materialien bejammerte.
    «Wirklich zu schade», brummte Aëtius.
    Und da kämpfte sich als Letzter noch Prinz Thorismund durch die Fluten, der kühne Retter der Sklaven, japsend zwar und unbeholfen paddelnd wie ein Welpe, doch er hielt sich über Wasser, nur darauf kam es an. Theoderich warf ihm ein Seil zu und zog ihn an Bord. In seinem Gefolge kletterten auch noch die Sklaven der
Draco
an Bord der
Haifisch
, die ohnehin bereits schwer geladen hatte.
    Aëtius sah es mit Missfallen. «Was sollen wir mit denen. Unnützer Ballast, der uns bloß aufhält.»
    «Wir verkaufen sie im nächsten Hafen», sagte Thorismund mit einem aufgeregten Glitzern in den Augen. Er schüttelte sich das Salzwasser aus den Haaren, mächtig stolz darauf, seine Wasserscheu bezwungen und das Meer aus eigener Kraft durchschwommen zu haben.
    «Und der Erlös geht dann für Mädchen und Wein drauf, nehme ich an?»
    Die Brüder lachten nur.
    Sie sahen zu, wie die beiden Schiffe langsam und mit dumpfem Gluckern im Meer versanken. Etwas abseits paddelten die erschöpften Piraten im Kreis herum oder

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